Faeser: Russische Journalisten sollen leichter Aufnahme finden

Berlin (epd). Journalistenorganisationen haben die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßt, russischen Journalisten den Aufenthalt in Deutschland zu erleichtern. Der Geschäftsführer der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, bezeichnete den Schritt als „längst überfällig“ und mahnte Tempo an: „Der Ankündigung müssen nun aber auch Taten folgen und die Behörden schleunigst liefern“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag in Berlin.

Der Verein setze sich bereits seit Wochen für eine Lösung für Medienschaffende ein, „die in ihrer Heimat bedroht und schikaniert werden“, erklärte Mihr. Er sprach sich gegen eine Obergrenze für die Zahl der russischen Exiljournalisten aus, die Deutschland möglicherweise aufnimmt.

Auch machte er auf Grenzen eines Fachkräfteeinwanderungsgesetzes für russische Journalisten aufmerksam: Nur eine kleine Gruppe russischer Medienschaffender sei in der Lage, die „hohen Hürden für eine Anerkennung als Fachkraft in Deutschland zu überwinden“ oder könne etwa deutsche Arbeitsverträge oder konkrete Absichtserklärungen von Verlagen vorlegen, sagte Mihr. „Fachkräftezuwanderung darf nicht als Ersatz für humanitäre Aufnahme von akut gefährdeten Medienschaffenden funktionieren.“

Angesichts der Repressalien gegen die Medien in Russland hatte Innenministerin Faeser angekündigt, russischen Journalisten den Aufenthalt in Deutschland nach Ablauf des Touristenvisums zu ermöglichen. Die Bundesregierung arbeite an einem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, sagte sie in einem „Spiegel“-Videointerview. Auch ein Aufnahmeprogramm sei eine Möglichkeit.

Derzeit erfolge eine Abstimmung unter den Parteien der Ampel-Koalition, sagte die Ministerin in dem am Mittwochabend veröffentlichen Interview. Die Bundesregierung wolle noch vor der Sommerpause die Lage für russische Medienschaffende in Deutschland verbessern.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Frank Überall, sagte zu den Plänen für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz für russische Exiljournalisten: „Nicht nur IT-Experten oder Maschinenbauer sind Fachkräfte, sondern auch Journalistinnen und Journalisten.“

Überall kritisierte, dass die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie der Europäischen Union (EU) nicht für geflüchtete Russen, sondern ausschließlich für ukrainische Staatsbürger gilt. „Beide Gruppen fliehen vor Krieg und Unterdrückung. Da sollten wir in Deutschland keinen Unterschied machen“, sagte er. Die EU-Massenzustrom-Richtlinie, die nach Beginn des Ukraine-Kriegs eingesetzt wurde, gewährt allen ukrainischen Staatsbürgern sofort und EU-weit einen Aufenthaltstitel.

Wie viele russische Journalistinnen und Journalisten seit dem Angriff auf die Ukraine aus ihrer Heimat geflohen sind, ist laut DJV nicht bekannt.

pav/kfr

Schertz: Verfassungsgericht traf politischen Beschluss zu Böhmermann

Berlin (epd). Der Medienanwalt Christian Schertz wirft dem Bundesverfassungsgericht vor, im Fall von Jan Böhmermanns Erdogan-Schmähgedicht auch aus politischen Motiven gehandelt zu haben. Indem es die Beschwerde des Satirikers nicht zur Entscheidung annahm, habe sich das höchste deutsche Gericht „schlicht weggeduckt“, sagte Schertz dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. „Insofern gehe ich davon aus, dass das auch eine politische Entscheidung war“, fügte Böhmermanns Prozessbevollmächtigter hinzu, der sich bislang nicht zu dem Beschluss geäußert hatte.

Das Schmähgedicht über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan sei in einem Kontext gesendet worden, „in einer satirisch überhöhten Rechtsvorlesung“, sagte Schertz. Dass das Hanseatische Oberlandesgericht einzelne Zitate verbot und argumentierte, die Kunstfreiheit sei nicht einschlägig, sei „schlicht verfassungsrechtlich höchst bedenklich“ gewesen.

„Umso bedauerlicher ist, dass das Bundesverfassungsgericht unter der Leitung des Präsidenten, der ja aus der Politik kommt und sehr nah bei der Kanzlerin war, hier keine Entscheidung getroffen hat - und zwar egal, wie sie ausgegangen wäre“, kritisierte Schertz. „Auffällig ist hierbei, dass die Verfassungsrichter im Vorfeld ihrer Ablehnung Beteiligte, Äußerungsberechtigte, Verfassungsorgane und sachkundige Dritte um Stellungnahme gebeten hatten.“ Dies sei nur üblich, wenn das Gericht einen Fall zur Entscheidung annehme, so der 56 Jahre alte Jurist.

Böhmermann war mit seiner Verfassungsbeschwerde in dem sechs Jahre schwelenden Rechtsstreit um sein Schmähgedicht im vergangenen Februar erfolglos geblieben. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Beschwerde in einem unanfechtbaren Beschluss nicht zur Entscheidung an, weil sie keine Aussicht auf Erfolg habe. Der Antrag des TV-Moderators richtete sich gegen das Teilverbot des Gedichts (AZ: 1 BvR 2026/19).

Unter dem Titel „Schmähkritik“ hatte Böhmermann am 31. März 2016 in seiner ZDFneo-Sendung „Neo Magazin Royale“ Beschimpfungen gegen Erdogan vorgetragen und ihm unter anderem Sex mit Tieren unterstellt. Zur Begründung stellte der Satiriker seinem Auftritt voran, er wolle den Unterschied zwischen erlaubter Satire und in Deutschland verbotener Schmähkritik erklären. Die Show zog eine Staatsaffäre nach sich.

Erdogan klagte auf Unterlassung gegen den Moderator. Das Landgericht Hamburg und schließlich das Hanseatische Oberlandesgericht verboten in dem zivilrechtlichen Streit weite Teile des Gedichts und gaben damit Erdogans Klage weitgehend statt. Böhmermann bleibt es untersagt, 18 von 24 Zeilen der „Schmähkritik“ zu wiederholen.

Präsident des Bundesverfassungsgerichts ist seit Juni 2020 Stephan Harbarth. Er war von 2009 bis 2018 Mitglied des Deutschen Bundestags und von 2016 bis 2018 stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion. Harbarth gilt als Vertrauter der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Der Böhmermann-Beschluss wurde von der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts getroffen, der Harbarth nicht selbst angehört. Er ist Vorsitzender des Ersten Senats.

nbl/rid

Werbemarkt 2021: Erstmals wieder Umsatzsteigerung bei Tageszeitungen

Berlin (epd). Deutsche Medien haben im Jahr 2021 mehr Netto-Werbeeinnahmen verbucht. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Einnahmen um 8,8 Prozent auf knapp 25,9 Milliarden Euro (2020: 23,8 Milliarden Euro), wie der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) am Donnerstag in Berlin mitteilte.

Die Printwerbung erwirtschaftete dem Verband zufolge „entgegen vieler Befürchtungen“ insgesamt einen Netto-Werbeumsatz von rund 7,7 Milliarden Euro und somit 5,8 Prozent mehr als im Vorjahr (2020: 7,3 Milliarden Euro).

Zum nach Verbandsangaben ersten Mal seit 14 Jahren erzielten die gedruckten Tageszeitungen wieder positive Werbeerlöse. Ihr Anteil stieg im Jahr 2021 demnach um 6,4 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro (2020: 1,7 Milliarden Euro). Die Netto-Werbeeinnahmen der Wochen- und Sonntagszeitungen stiegen um drei Prozent auf 114 Millionen Euro (2020: 111 Millionen Euro), die der gedruckten Fachzeitschriften sanken hingegen um 0,5 Prozent auf knapp 1,4 Milliarden Euro.

Zu den größten Gewinnern auf dem deutschen Werbemarkt gehörten im vergangenen Jahr die digitalen Medien und das Fernsehen: Im Internet stiegen die Netto-Werbeumsätze demnach um 16,4 Prozent auf 11,6 Milliarden Euro (2020: 9,8 Milliarden Euro), gefolgt vom Fernsehen, wo die Netto-Werbeumsätze um 12,1 Prozent auf fast 5,5 Milliarden Euro stiegen (2020: 4,9 Milliarden Euro). Im Radio stiegen die Netto-Werbeumsätze um 1,6 Prozent auf rund 791 Millionen Euro (2020: 778 Millionen Euro).

Der ZAW gab außerdem bekannt, dass Präsident Andreas Schubert den Vorsitz der Dachorganisation auch in der kommenden Amtsperiode beibehalten wird. Er sei von den Delegierten der 43 Mitgliederorganisationen einstimmig wiedergewählt worden, teilte der Verband mit.

pav

Mandy Best wird Co-Geschäftsführerin der mecom

Hamburg (epd). Mandy Best leitet als neue Co-Geschäftsführerin ab Juni die Medien-Communikations-Gesellschaft mecom. Das teilte die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Donnerstag in Hamburg mit. Die mecom ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Nachrichtenagenturen dpa, dpa-AFX, AFP, epd und KNA. Mit ihr an der Doppelspitze bleibt Alexander Feldmann (53), die bisherige Geschäftsführerin Barbara Bliefert (64) geht in den Ruhestand.

Best (46) wechselt den Angaben zufolge von der A. Stein`schen Mediengruppe in Werl zur dpa, wo sie zuletzt das Produkt- und Projektmanagement verantwortete. Von 2007 bis 2016 arbeitete Best für die Verlagsgruppe Axel Springer in Berlin und Hamburg. Mit Best habe die dpa „die ideale Besetzung für die mecom gefunden“, sagte Peter Kropsch, Vorsitzender der dpa-Geschäftsführung. Gemeinsam mit Feldmann werde sie „den erfolgreichen Wachstumskurs fortsetzen“.

Die 1989 gegründete mecom kümmert sich technisch um die Übertragung von Medieninhalten an die angeschlossenen Redaktionen. An dem Unternehmen sind die Nachrichtenagenturen dpa, dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten, Agence France-Presse (AFP), die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) und das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) beteiligt. Die dpa hält als größter Gesellschafter 50 Prozent der Anteile.

pav

Thomas Hinderer wird Vorsitzender des Deutschen Werberates

Berlin (epd). Der Unternehmer Thomas Hinderer wird Vorsitzender des Deutschen Werberates. Er folgt damit auf Hans-Henning Wiegmann, der über 15 Jahre an der Spitze des Selbstkontrollgremiums der Werbebranche stand, wie der Deutsche Werberat am Donnerstag in Berlin mitteilte. Hinderer war bis 2020 Vorstandsvorsitzender des Saftherstellers Eckes, zuletzt aber als selbstständiger Unternehmer tätig.

Zum Werberat gehören den Angaben zufolge 15 ehrenamtliche Expertinnen und Experten aus den Kernbereichen der Werbewirtschaft - werbende Wirtschaft, Medien, Agenturen, Werbeberufe und Marktforschung. Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) trägt den Werberat.

pav