Buhrow: Reform von ARD und ZDF kommt wohl erst 2023

Köln (epd). Aufgrund zahlreicher Eingaben zur geplanten Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland rechnet WDR-Intendant Tom Buhrow mit einer späteren Umsetzung der Änderungen. Bisher war geplant, die Novelle des Medienstaatsvertrags bereits im Sommer auf den Weg zu bringen.

Buhrow erklärte am Mittwoch im WDR-Rundfunkrat in Köln, es sei erst für Oktober damit zu rechnen, dass die Novelle den Landtagen vorgelegt werden kann. Das Inkrafttreten des geänderten Staatsvertrags sei deshalb nicht vor 2023 zu erwarten. Bei der Online-Beteiligung zu dem von der Rundfunkkommission der Länder vorgelegten Entwurf waren mehr als 2.600 Eingaben eingegangen.

Die 16 Bundesländer hatten sich im Oktober 2021 auf den Entwurf für eine Novelle des Medienstaatsvertrags geeinigt und damit die Grundlage für eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gelegt. Von Mitte November 2021 bis Mitte Januar 2022 konnte die Öffentlichkeit zu den Überlegungen Stellung nehmen. In der bisherigen ersten Phase der angestrebten Reform geht es unter anderem um den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Flexibilisierung des Programmangebots und die Fortschreibung des Online-Auftrags. Fragen der Finanzierung sind nicht Gegenstand der jetzigen Vorschläge, sondern sollen in einem zweiten Reformschritt behandelt werden.

Als „geradezu grotesk“ bezeichnete es Buhrow am Mittwoch, dass die ARD durch die Umsetzung europäischen Steuerrechts ab 2023 für die von der Medienpolitik ausdrücklich geforderte Sender-Kooperation mit erheblichen Millionenabgaben belegt werden könnte. Weil eine bisher geltende Ausnahmeregelung ausläuft, müssten die ARD-Sender ab dem 1. Januar 2023 bei Kooperationen im Bereich Technik Umsatzsteuer bezahlen. Nach Angaben von WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau würde dies für die gesamte ARD jährlich eine zusätzliche Abgabe von 200 Millionen Euro bedeuten.

Die ARD hofft nun laut Buhrow auf einen Erlass aus dem Bundesfinanzministerium, der für das öffentliche-rechtliche System eine Sonderregelung zur Befreiung von der Umsatzsteuer auf technische Kooperationen formuliert. Für Programm-Kooperationen war bereits im Jahr 2017 eine solche Ausnahme erreicht worden.

tgr/mih

BR-Intendantin Wildermuth: Qualitätsmedien wichtiger denn je

München (epd). Hochwertiger Journalismus ist nach Überzeugung der Intendantin des Bayerischen Rundfunks (BR), Katja Wildermuth, notwendiger denn je. Qualitätsmedien müssten Standards hochhalten, verantwortungsbewusst sein, Fehler eingestehen, dialogbereit sein und die Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort kennen, sagte sie am Dienstag in ihrer Gedächtnisvorlesung zum Gedenken an die NS-Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ laut Redemanuskript in München. Ihre Rede wurde am Dienstagabend auf ARD Alpha ausgestrahlt.

Im Journalismus sei es nie nur um die reine Erstellung von Inhalten gegangen, „sondern immer um publizistische Verantwortung und Ethos“, sagte Wildermuth weiter. Guter Journalismus hinterfrage kritisch, zeige alle Seiten auf und trenne Tatsachen und Meinung klar voneinander. Aufgaben, die in der digitalen Welt immer wichtiger würden: Denn nun seien Informationen, Bilder und Videos jederzeit und überall verfügbar, jeder könne sie ganz einfach selbst produzieren. Ein Informationsmonopol der „klassischen Medien“ gebe es nicht mehr, sagte die BR-Intendantin.

Das liege vor allem an den sozialen Medien. Die Frage sei aber, wie kompetent User zwischen journalistischen Inhalten und Fake News unterscheiden könnten. Außerdem neigten die neuen Kommunikationsformen zu Verkürzung. „Simple Botschaften werden verschärft und verbreiten sich in Windeseile millionenfach“, kritisierte Wildermuth. Meist setze sich der Aufreger durch und komplexe Botschaften blieben auf der Strecke: „Schwarz oder Weiß sind die Muster, ein 'gefällt mir' zählt mitunter mehr als ein 'stimmt'.“

Für die Demokratie bedeute es nichts Gutes, wenn Verengung und Emotionalisierung größere Öffentlichkeiten erreichten als differenzierte Nachrichten, kritisierte Wildermuth. Oder wenn relevante Themen zunehmend durch gutvernetzte, aber ohne publizistische Standards arbeitende Digital-Profis gesetzt werden. Die großen Plattformen müssten daher reguliert werden, um Fairness und Meinungsvielfalt insbesondere auch im digitalen Raum sicherzustellen. Gerade investigativer Journalismus finde nicht bei Google, Facebook und Co. statt.

lbm

Zeit Verlagsgruppe meldet Umsatzwachstum um 17 Prozent

Hamburg (epd). Die Zeit Verlagsgruppe hat ihren Gesamtumsatz im vergangenen Jahr um 17 Prozent auf 275 Millionen Euro gesteigert. Grund für den Rekordwert sei ein deutliches Wachstum im Vertriebs- und Anzeigengeschäft, teilte die Verlagsgruppe am Mittwoch in Hamburg mit. Die Vertriebserlöse der Wochenzeitung „Die Zeit“ (Print und Digital) stiegen auf 124 Millionen Euro, das war ein Zuwachs von 15,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Zweijahresvergleich lag das Vertriebsplus sogar bei 40 Prozent.

Die Auflage der „Zeit“ habe gegen den allgemeinen Branchentrend in den vergangenen sieben Quartalen laut Auflagenkontrolle IVW Höchstwerte erzielt, erklärte die Verlagsgruppe. Im vierten Quartal 2021 habe die Gesamtauflage 600.683 Exemplaren betragen. Insbesondere die Abonnements der Magazine wie „Zeit Verbrechen“, „Zeit Geschichte“ und „Zeit Leo“ hätten sich positiv entwickelt.

Das größte Auflagenplus bei der „Zeit“ entfiel nach Angaben des Verlags auf das Digital-Abo (plus 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Insgesamt habe das Digitalgeschäft neben einer starken Entwicklung im Vertriebsmarkt mit steigenden Anzeigenerlösen auf „Zeit Online“ (plus 31 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) sowie mit den Podcasts und Newslettern einen wachsenden Anteil an der Gesamtumsatzentwicklung.

mih

Zwei neue stellvertretende Chefredakteure bei "Heise Online"

Hannover (epd). Die Nachrichten-Website „Heise Online“ erweitert ihre Führungsriege und benennt zwei stellvertretende Chefredakteure. Zum 1. April übernimmt Tobias Knaack die Stelle des stellvertretenden Chefredakteur Nachrichten, wie das Unternehmen am Mittwoch in Hannover mitteilte. Er folgt auf den langjährigen Newsroom-Chef Jürgen Kuri, der nach mehr als 20 Jahren Ende 2022 in den Ruhestand geht. Martin Fischer, bisheriger leitender Redakteur bei „Heise Online“, wurde bereits am 1. Januar zum stellvertretenden Chefredakteur mit Fokus auf das Abogeschäft Heise+ und langlebige Inhalte ernannt. Mit Hannah Monderkamp als Managing Editor New Media komplettiere Heise-Online-Chef Volker Zota sein Team an der Spitze.

Der 37 Jahre alte Kultur- und Sportwissenschaftler Knaack kommt den Angaben zufolge von der „Südwest Presse“, wo er unter anderem als Leiter der Online-Redaktion und Redakteur in der Landespolitik arbeitete. Zuletzt steuerte er das SEO- und Nachrichtenteam bei der Neuen Pressegesellschaft mbH, die Inhalte für die Portale der „Südwest Presse“, „Märkischen Oderzeitung“ und „Lausitzer Rundschau“ produziert.

Der studierte Medien- und Politikwissenschaftler Fischer (39) ist seit 2008 im Heise-Verlag tätig und bringt Erfahrungen aus den Redaktionen „c’t“ und „Heise Online“ mit, wie es weiter hieß. Monderkamp verantworte auf der neu geschaffenen Stelle Managing Editor New Media den Reichweitenausbau auf externen Plattformen und die Ansprache neuer Zielgruppen, erklärte das Unternehmen. Die 29-Jährige kommt von der „Rheinischen Post“, wo sie als Leiterin Audience Development tätig war.

Die Website „Heise Online“ bietet deutschsprachige Hightech-Nachrichten. Tagesaktuelle Informationen auf „heise.de“ werden ergänzt durch Hintergrundberichte und Fachartikel der Heise-Medien „c't“, „iX“, „Mac & i“, „c't Fotografie“, „Make und Technology Review“ sowie des Online-Magazins „Telepolis“.

mih

Trotz Buchmessen-Absage: Das Blaue Sofa kommt nach Leipzig

Leipzig (epd). Trotz Absage der Buchmesse werden Bertelsmann, das ZDF, Deutschlandfunk Kultur und 3sat ihr Blaues Sofa am 17. und 18. März nach Leipzig schicken. Das gemeinsame Autorenforum finde nicht wie sonst in der Messehalle, sondern in der Leipziger Kongresshalle am Zoo statt, wie Bertelsmann am Mittwoch mitteilte.

Angekündigt sind 45 Autorinnen und Autoren aus Großbritannien, Luxemburg, Österreich, Portugal und Deutschland, die auf dem Blauen Sofa ihre neuesten Werke vorstellen, darunter Literatur-Nobelpreisträger Abdulrazak Gurnah und Karl-Markus Gauß, der am 16. März mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet wird.

Alle Gespräche sollen mit Publikum nach der 2G-plus-Regel stattfinden und zugleich per Livestream auf „www.das-blaue-sofa.de“ übertragen werdeb. Die erneute Absage der Leipziger Buchmesse im dritten Jahr in Folge aus Corona-Gründen war auf Bedauern, aber teils auch auf Kritik gestoßen. Mehr als 50 Verlage planen deshalb vom 18. bis 20. März eine alternative Popup-Buchmesse im Leipziger Kulturzentrum „Werk 2“.

lob

Ugandischer Autor Rukirabashaija findet Zuflucht in Deutschland

Darmstadt (epd). Der in Uganda verfolgte Autor und Regierungskritiker Kakwenza Rukirabashaija hat in Deutschland Zuflucht gefunden. Er sei am Mittwoch in Deutschland angekommen, teilte das PEN-Zentrum Deutschland, dessen Ehrenmitglied der ugandische Autor ist, in Darmstadt mit. Rukirabashaija müsse nun medizinisch versorgt werden und werde als Stipendiat in das Writers-in-Exile-Programm der Schriftstellervereinigung aufgenommen.

Ende Dezember war der 33-jährige Schriftsteller in Uganda wegen Kommentaren auf Twitter festgenommen worden. Nach seiner Freilassung Ende Januar wurde er vorübergehend abermals verschleppt. Nach Angaben der Schriftstellervereinigung PEN und seines Anwalts wurde Rukirabashaija während der Haft schwer gefoltert.

Man habe sich in den vergangenen Wochen intensiv um die Freilassung Rukirabashaijas bemüht, erklärte das PEN-Zentrum Deutschland. Wenn autoritäre Regime Kritiker verfolgen, gehe es immer um die Einschüchterung ganzer Gesellschaften, sagte dessen Präsident, Deniz Yücel. Rukirabashaija wird nach Angaben von PEN an einen sicheren Ort gebracht. Sobald er sich von den Folgen der Folter erholt habe, werde er sich öffentlich äußern.

Den ugandischen Behörden zufolge beleidigte der Schriftsteller in seinen Posts den Präsidenten Yoweri Museveni und dessen Sohn Muhoozi Kainerugaba, der auch Generalmajor der Armee ist. Museveni regiert Uganda seit der Unabhängigkeit 1986. Ihm wird ein brutales Vorgehen gegen die Opposition vorgeworfen.

Rukirabashaija wurde in der Vergangenheit mehrfach bedroht und festgenommen. In seinem jüngsten Werk „Banana Republic“ verarbeitet er die Folter, die er während seiner Inhaftierung im Jahr 2020 erlitt. Bekannt wurde er mit dem satirischen Roman „The Greedy Barbarian“ (2020) über Korruption in einem fiktiven Land. Im vergangenen Jahr zeichnete ihn die internationale Schriftstellervereinigung PEN aus, PEN Deutschland ernannte ihn im Januar zum Ehrenmitglied.

moe