Kirchen

Diakonie warnt vor Gefahren der Sommerhitze für Wohnungslose

Hannover (epd). Die Diakonie in Hannover hat vor den Gefahren der hohen Sommertemperaturen für wohnungslose Menschen gewarnt. Obdachlose hätten kaum Möglichkeiten, sich vor der Hitze zu schützen, und ihr gesundheitlicher Zustand sei oft schlecht, sagte die Leiterin der Zentralen Beratungsstelle für Wohnungslose, Anne Wolter, am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). In der Stadt leben nach Schätzungen bis zu 4.000 Wohnungslose. Etwa 500 von ihnen schlafen regelmäßig unter freiem Himmel.

Streetworker verteilten in Hannovers Innenstadt Wasser, Sonnenschutzmittel und Kopfbedeckungen, sagte Wolter weiter. Zudem bekämen Wohnungslose in der Marktkirche kostenlos Trinkwasser. Schutz böten auch die Beratungsstellen und Tagesaufenthalte der Diakonie. Wolter bat Bürgerinnen und Bürger, in der Stadt darauf zu achten, wer womöglich Hilfe brauche. Auch für original verschlossene Trinkwasserflaschen seien Menschen ohne Wohnsitz oft dankbar.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) in Berlin indes forderte von den Kommunen größere Anstrengungen, um Wohnungslose vor der Hitze zu schützen. Trinkwasserbrunnen, kostenlose öffentliche Toiletten und Duschen gebe es in Deutschlands Städten viel zu wenige, sagte die BAGW-Geschäftsführerin Werena Rosenke dem epd. „Das gehört zum Bereich der Daseinsvorsorge und müsste Teil eines Hitzeschutzplans sein.“

Evangelische Jugend: Etatkürzungen bedrohen Freiwilligendienste

Berlin, Hannover (epd). Die Diakonie Deutschland und die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend (aej) fürchten tiefe finanzielle Einschnitte bei Freiwilligendiensten in den kommenden beiden Jahren. Die beiden Organisationen teilten am Dienstag gemeinsam in Berlin und Hannover mit, der Haushaltsentwurf für 2024 und die weiteren Planungen für 2025 sähen bei der Förderung von Freiwilligem Sozialen Jahr (FSJ) und Bundesfreiwilligendienst (BFD) Kürzungen um einen dreistelligen Millionenbetrag vor.

„Bei Umsetzung der geplanten Kürzungen von insgesamt 113 Millionen Euro stünden viele Plätze in den Freiwilligendiensten vor dem Aus“, warnten Diakonie und aej. Diakonie-Vorständin Maria Loheide sprach von jeder vierten Freiwilligenstelle, die wegzufallen drohe.

Die Planungen der Bundesregierung bedeuteten einen Rückgang der Mittel um mehr als ein Drittel (35 Prozent) vor. Für 2024 sei eine Kürzung um 78 Millionen Euro vorgesehen und für 2025 um 35 Millionen Euro. Diakonie und evangelische Jugend appellierten an die Bundestagsabgeordneten, den Haushalt „dringend nachzubessern“.

Sollten die Kürzungen so kommen wie geplant, werde damit „ein wichtiges Instrument zur Gewinnung junger Menschen für soziale Berufe und gesellschaftliches Engagement massiv beschnitten“, hieß es weiter. „Gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fordern und gleichzeitig ein dafür wichtiges Instrument kaputt zu sparen, passt für uns politisch nicht zusammen“, bemängelte aej-Generalsekretär Michael Peters.

Weihbischof Hans-Jochen Jaschke verstorben

Hamburg/Osnabrück (epd). Der katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke aus Hamburg ist tot. Er starb am Dienstag (11. Juli) im Alter von 81 Jahren in Hamburg, wie das Erzbistum Hamburg mitteilte. In einer ersten Würdigung bezeichnete Erzbischof Stefan Heße den Verstorbenen als einen herausragenden Priester, der sich außerordentlich um die katholische Kirche in Norddeutschland verdient gemacht habe. Jaschke hatte zahlreiche persönliche und berufliche Wurzeln im Bistum Osnabrück, das bis 1995 auch Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg umfasste.

„Meinungsstark, mit einer klaren Haltung und ohne Berührungsängste hat Weihbischof Jaschke der Kirche in der Öffentlichkeit ein Gesicht gegeben, und das weit über Norddeutschland hinaus“, sagte Heße. Er hob besonders Jaschkes Engagement für die Ökumene und den interreligiösen Dialog hervor.

Jaschke wurde 1941 im oberschlesischen Beuthen geboren und wuchs in Bückeburg auf, das damals zum Bistum Osnabrück gehörte. Nach dem Theologiestudium in Frankfurt am Main und Münster wurde er 1967 in Osnabrück zum Priester geweiht und arbeitete danach als Seelsorger in Bremen. Ein Promotionsstudium bei Professor Joseph Ratzinger in Regensburg schloss er 1974 mit einer Arbeit über den Kirchenvater Irenäus von Lyon ab.

Anschließend leitete er bis 1983 das Niels-Stensen-Kolleg, das Studienhaus des Bistums Osnabrück in Münster, und war danach Pfarrer in Quakenbrück bei Osnabrück. 1989 empfing er in Osnabrück die Bischofsweihe und war im Anschluss Weihbischof des Bistums Osnabrück in Hamburg und Schleswig-Holstein. 1995 wurde er Weihbischof im damals neu errichteten Erzbistum Hamburg, das aus dem Bistum Osnabrück herausgelöst wurde. 2016 wurde er emeritiert.

Gesellschaft

Landgericht startet Prozess gegen 14-Jährigen wegen Mordanklage

Hannover/Wunstorf (epd). Vor dem Landgericht Hannover hat am Montag der Prozess gegen einen 14-jährigen Jugendlichen aus Wunstorf bei Hannover begonnen, der einen gleichaltrigen Mitschüler getötet haben soll. Er ist vor einer Jugendkammer des Gerichts wegen Mordes aus Heimtücke und versuchter Erpressung in zwölf Fällen angeklagt. Weil der mutmaßliche Täter noch minderjährig ist, findet das Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, wie Gerichtssprecherin Christine Rosner dem Evangelischen Pressedienst (epd) mitteilte (Az.: 31 KLs 8/23).

Der Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft in der Jugendanstalt Hameln. Er hat die Tat eingeräumt, das Motiv ist allerdings unklar. Sein Anwalt kündigte an, er wolle sich im Laufe des Verfahrens im Namen seines Mandanten zu den Vorwürfen äußern. Bisher hatte dieser dazu geschwiegen. Angesetzt sind sieben Verhandlungstage bis zum 28. August.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Jugendlichen vor, den Mitschüler gefesselt und mit Steinen erschlagen zu haben. Zudem habe er vor der Tat Erpresserbriefe in die Briefkästen von Nachbarn geworfen und die Empfänger dazu aufgefordert, Geld zu deponieren. Dabei habe er gedroht, die Häuser der Empfänger zu sprengen oder ihnen und ihren Kindern etwas anzutun, wenn sie der Forderung nicht nachkämen. Nach dem Jugendstrafrecht droht ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

Der Leichnam des getöteten Mitschülers war Ende Januar nach einer großangelegten Suche auf dem Brachgelände einer alten Gärtnerei am Rande eines Dorfes bei Wunstorf gefunden worden. Der Junge war am Abend zuvor nicht von einer Verabredung mit dem Schulkameraden zurückgekehrt und als vermisst gemeldet worden. Beide besuchten die Evangelische Integrierte Gesamtschule in Wunstorf, gehörten aber unterschiedlichen Schulklassen an.

Schulleiterin Elke Helma Rothämel sagte Ende Mai in einem epd-Gespräch, die Tat sei für die gesamte Schulgemeinschaft „an Unfassbarkeit nicht zu übertreffen“. Die Jungen hätten sich schon seit Kindergarten-Zeiten gekannt. Es habe keinerlei Hinweise auf Mobbing gegeben: „Bis jetzt ist die Frage nach dem Warum für mich und uns als Schulgemeinschaft offen, können wir uns überhaupt nicht vorstellen, weshalb der mutmaßliche Täter so einen Entschluss gefasst hat.“

Rothämel schilderte den mutmaßlichen Täter als klugen, aber in sich zurückgezogenen Jungen. „In der letzten Zeit ist er zunehmend unordentlich geworden, aber es gab für uns keine Hinweise, die auch nur annähernd auf das hingedeutet hätten, was er dann mutmaßlich getan hat.“ Den getöteten Jugendlichen beschrieb sie als jemanden, der „freudig und offen“ auf andere Menschen zuging. An seinem Lieblingsort in der Bibliothek habe die Schule einen Gedenkort mit einem Tisch und seinem Bild eingerichtet.

Seine Eltern wollten „verstehen, ohne dass sie es verstehen können“, sagte Rothämel. Sie machten „sichtbar deutlich“, dass sie die Eltern des anderen Jungen nicht verurteilten. „Das ist ein ganz großartiges Zeichen. Denn in unserer Stadt gab es unschöne Kampagnen und unfreundliche Briefe, auch an mich.“ Über die Eltern des mutmaßlichen Täters sagte sie: „Auch sie haben ihren Sohn verloren, wie sie ihn vorher kannten.“

Bei einer Trauerfeier hatten im Februar Hunderte von Trauergästen von dem getöteten Jugendlichen Abschied genommen. Der katholische Pfarrer Andreas Körner sagte in der Ansprache über den Verstorbenen, der zu den Pfadfindern und den Messdienern gehörte: „Er erkannte in keinem Menschen etwas Böses. Seine Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit werden uns in Erinnerung bleiben.“

Infokasten: Gewalttaten durch Kinder und Jugendliche

Hannover (epd). In den vergangenen Monaten sorgten bundesweit mehrere Gewalttaten und Tötungsdelikte unter Kindern und Jugendlichen für Schlagzeilen.

In Salzgitter wurde im Juni 2022 die 15-jährige Schülerin Anastasia tot aufgefunden. Das Landgericht Braunschweig verurteilte einen Mitschüler, der zum Tatzeitpunkt 14 Jahre alt war, nach dem Jugendstrafrecht wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren. Er soll die Schülerin gemeinsam mit einem 13-Jährigen in einen Hinterhalt gelockt und dort erstickt haben. Die drei kannten sich von der Schule. Der 13-Jährige ist aufgrund seines Alters nicht strafmündig. Er wurde in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Sein verurteilter Schulkamerad hat Revision beantragt.

In Wunstorf bei Hannover wurde im Januar nach einer großangelegten Suche auf einem Brachgelände der Leichnam eines 14-jährigen Jungen gefunden. Ein gleichaltriger Schulkamerad gab zu, ihn getötet zu haben. Der mutmaßliche Täter sitzt in Untersuchungshaft. Am Montag begann der Prozess gegen den Jugendlichen vor dem Landgericht Hannover. Angeklagt ist er wegen Mordes aus Heimtücke: Laut Staatsanwaltschaft soll er sein Opfer gefesselt und mit Steinen erschlagen haben.

Im schleswig-holsteinischen Heide wurde im Februar ein 13-jähriges Mädchen über Stunden geschlagen, gequält und gedemütigt. Das Amtsgericht Meldorf sprach im Juni wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung eine Verwarnung gegen vier Mädchen im Alter von 14 bis 17 Jahren aus. Sie müssen jeweils 50 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und ein Anti-Gewalt-Training absolvieren. Die Mädchen hatten die Tat mit dem Smartphone gefilmt. Unter anderem hatten sie die Haare der 13-Jährigen angezündet und eine Zigarette in ihrem Gesicht ausgedrückt. Sie gaben die Taten zu.

In der Nähe des südwestfälischen Freudenberg bei Siegen wurde im März der Leichnam der zwölfjährigen Luise entdeckt. Zwei gleichaltrige Mädchen, zwölf und 13 Jahre alt, gestanden die Tat. Sie sollen die Zwölfjährige mit mehr als 70 Messerstichen getötet haben. Weil sie nicht strafmündig sind, können sie strafrechtlich nicht belangt werden.

Tag der Weltbevölkerung: Stiftung beklagt mangelnde Gleichstellung

Hannover (epd). Zum Tag der Weltbevölkerung am Dienstag (11. Juli) hat die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung eine anhaltende Benachteiligung von Frauen angeprangert. Aktuell lebten geschätzt 8,047 Milliarden Menschen auf der Welt, davon fast vier Milliarden Frauen, sagte die stellvertretende Geschäftsführerin der Stiftung, Angela Bähr, in Hannover. Nach wie vor kämpften die Frauen für eine volle Anerkennung und Gleichstellung. Durch die Covid-19-Pandemie und durch nationale Gesetzgebungen habe es sogar „alarmierende Rückschritte“ gegeben.

Weltweit leidet nach Angaben der Stiftung weiterhin ein Viertel aller Frauen und Mädchen unter Fremdbestimmung und geschlechtsspezifischer Gewalt. Eines von fünf Mädchen werde verheiratet, bevor es das 18. Lebensjahr vollendet habe (Stand 2021). In Afrika südlich der Sahara erreiche dieser Wert den weltweit höchsten Stand.

Der Anteil der Teenager-Schwangerschaften liege in Süd- und Ostafrika nach UN-Angaben immer noch bei 100 Geburten auf 1.000 Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren (Stand 2020). Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation stürben weltweit täglich fast 800 Frauen an Komplikationen während der Schwangerschaft und Geburt, fast 90 Prozent davon im Globalen Süden.

„Geschlechtergerechtigkeit über das Kindesalter hinaus ist auch ein wesentlicher Schritt zur Armutsbekämpfung“, sagte Bähr. So bedeuteten Teenager-Schwangerschaften für Mädchen meist das Ende ihrer Schulausbildung. Zwar seien Sexualaufklärung, Bildung und eine stärkere politische Teilhabe von Frauen Kernelemente der von der Ampelkoalition proklamierten feministischen Entwicklungspolitik. Nötig sei dafür aber eine entsprechende Finanzierung. Bähr kritisierte in diesem Zusammenhang geplante Kürzungen im Etat des Bundesentwicklungsministeriums.

Forscher: Ständige Live-Posts aus dem Urlaub beeinträchtigen Erholung

epd-Gespräch: Karen Miether

Braunschweig (epd). Der Hirnforscher Martin Korte rät davon ab, mit ständigen und sofortigen Posts in den sozialen Medien andere unmittelbar an den eigenen Urlaubserfahrungen teilhaben zu lassen. Für die Erholung in den Ferien sei es besser, die Erfahrungen erst einmal achtsam in sich aufzunehmen, sagte der Professor für Neurobiologie an der Technischen Universität Braunschweig dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Wenn ich den Urlaub unmittelbar an mich herankommen lassen und unmittelbar erleben will, muss ich mir klarmachen, dass ich ihn nicht durch einen Bildschirm hindurch erleben sollte.“

Wer die Akropolis in Athen oder das Kolosseum in Rom besichtige und als Erstes ein Selfie verschicke, verändere nicht nur die Wahrnehmung des Momentes, erläuterte Korte: „Es verändern sich sogar die Erinnerungen, weil man sich dann immer nur an das erinnert, was man auch gepostet hat - möglicherweise mit einem selbst darüber gelegtem Filter à la Instagram, mit einer aufgehübscht veränderten Umwelt.“

Es sei durchaus in Ordnung, im Kontakt mit Freunden oder der Familie zu bleiben, sagte der Wissenschaftler. Aber es reiche aus, nur einmal am Tag Bilder zu verschicken. Ständig zu senden oder auf Empfang zu sein, sorge für Stress in einer Zeit, in der es eigentlich wichtig sei, den Stresspegel herunterzufahren. Es bestehe die Gefahr eines Ungleichgewichtes: „In der Folge wird die Stressreaktion auch bei kleineren Ereignissen nicht mehr gestoppt“, sagte Korte. „Man hat ständig einen hohen Level an Stresshormonen im Blut und damit auch im Gehirn. Das kann bis zur Depression führen.“

Auch Langeweile im Urlaub sollte ruhig einmal zugelassen werden, erläuterte Korte. Insbesondere junge Erwachsene und Jugendliche hätten sich angewöhnt, viele TikTok-Videos oder Ähnliches anzuschauen, um Leerlauf zu vermeiden. „Es ist aber nicht unbedingt gut, jeden freien Moment mit immer neuen Videos oder Instagram-Posts von anderen zu füllen“, sagte der Hirnforscher. „Ich kann nur empfehlen, die Zeit zu nutzen, um die Gedanken mal schweifen zu lassen. Vielleicht auch mal so etwas Schreckliches wie Langeweile auszuhalten. Denn häufig kommt man dann auf die besten Ideen, rafft sich auch auf, einmal etwas Anderes auszuprobieren.“

Nicht immer auf Empfang: Hirnforscher rät zu Digital Detox im Urlaub

epd-Gespräch: Karen Miether

Braunschweig (epd). Der Braunschweiger Hirnforscher Martin Korte rät dazu, im Urlaub das Smartphone täglich auch einmal zur Seite zu legen. Immer erreichbar zu sein oder von TikTok-Videos und Instagram-Posts abgelenkt zu werden, sorge für Stress und schade langfristig der Gesundheit. Phasen der Langeweile könnten dagegen guttun und Kreativität freisetzen, sagt der Professor für Neurobiologie an der Technischen Universität Braunschweig im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

epd: Herr Professor Korte, inwieweit stört die Allgegenwart des Smartphones die Urlaubserholung?

Martin Korte: Das kommt natürlich darauf an, was man auf seinem Smartphone macht und wie viel man parallel macht. Oft schauen sich Menschen im Urlaub etwas Tolles an, sind aber gleichzeitig mit der Nutzung ihres Smartphones beschäftigt, weil Nachrichten eingehen oder weil sie Nachrichten verschicken. Es ist aber für die Erholung viel besser, das Erlebte erst einmal achtsam in sich aufzunehmen, bevor ich darüber nachdenke, wie ich es der Welt mitteile.

Gerade im Urlaub sollte ich also das sogenannte Multitasking verhindern. Ich sollte eben nicht abends beim Grillen sitzen und nebenher irgendwelche Nachrichten checken oder Videos schauen. Ich sollte überlegen, ob ich nicht paar Stunden digitales Detox am Tag aushalte. Seien wir ehrlich, die meisten benötigen im Urlaub über einen Großteil des Tages das Smartphone nicht dringend.

epd: Es können ja nicht nur Nachrichten aus dem Freundeskreis aufploppen, sondern auch Dienstliches. Was bewirkt das?

Korte: Nachrichten von Freunden sind zumeist harmlos. Bei Arbeitsnachrichten muss ich abwägen: Muss ich wirklich erreichbar sein? Es ist besser, wenn die Gedanken nicht immer in die Arbeitswelt zurückgehen, die ja oft auch stressbehaftet sein kann. Selbst wenn wir gar nicht unmittelbar reagieren, sondern uns aufgrund der eingehenden Nachrichten nur vornehmen, etwas zu erledigen, wenn wir zurückgekommen sind, belegt das „Rechenkapazität“ im Gehirn.

epd: Was passiert denn im Gehirn, wenn die Arbeit mich per Smartphone im Urlaub begleitet?

Korte: Im Stirnlappen wird verhandelt, worauf sich unser Gehirn gerade konzentriert. Das ist das sogenannte Arbeitsgedächtnis. Den Begriff kennt man auch aus der Computerwelt. Er steht dafür, dass all die Programme, die man gerade geöffnet hat, leichter und schneller verfügbar sind. Ähnlich ist es auch in unserem Arbeitsgedächtnis. Wenn wir mit Menschen reden, dann verarbeiten wir erst einmal, was sie gesagt haben oder was wir sagen möchten. Aber im Arbeitsgedächtnis läuft zeitgleich auch ein Prozess ab, wenn wir parallel einen Blick auf unser Smartphone werfen. Und das führt dann zu einer Stressreaktion.

So ist es auch mit Nachrichten, die uns aus der Arbeitswelt erreichen und die uns daran erinnern, was wir zu erledigen haben oder wie viel wir zu erledigen haben. In unserer von Informationen überfluteten Arbeitswelt geraten wir oft für viele Wochen und Monate in eine Stresssituation, hetzen von einer Deadline zur nächsten. Auch wenn das soziale Verhältnis am Arbeitsplatz angespannt ist, belastet uns das. Da ist es wichtig, aus der Stressfalle herauszukommen, und dafür sollte der Urlaub da sein. Denn chronischer Stress kann das Immunsystem, das Gehirn und auch das Herz schädigen.

Im Urlaub kann ich zwei, drei Wochen lang die Stress-Achse des Körpers wieder herunterregulieren. Das ist extrem wichtig, denn wenn die ständig hochreguliert ist, dann kommt sie völlig aus dem Takt. In der Folge wird die Stressreaktion auch bei kleineren Ereignissen nicht mehr gestoppt. Man hat ständig einen hohen Level an Stresshormonen im Blut und damit auch im Gehirn. Das kann bis zur Depression führen.

epd: Aber ich kann doch das Smartphone nutzen, etwa um den Weg zu finden oder ein passendes Restaurant?

Korte: Es ist extrem praktisch, wenn ich das Handy zur Suche oder für Hintergrund-Informationen benutzen kann. Ich finde es auch völlig in Ordnung, mit der Heimat in Kontakt zu bleiben, ob das die Kinder, die Eltern oder Freunde sind. Aber auch hier kann ich nur zum Maßhalten raten. Es reicht, einmal am Tag Bilder zu schicken. Man muss nicht an jedem Moment live mit der Welt in Kontakt treten.

epd: Wenn ich andere live daran teilhaben lasse, verändert sich dann meine eigene Wahrnehmung, etwa wenn ich die Akropolis in Athen besichtige?

Korte: Ja, sie verändert sich. Es verändern sich sogar die Erinnerungen, weil man sich dann immer nur an das erinnert, was man auch gepostet hat - möglicherweise mit einem selbst darüber gelegtem Filter à la Instagram, mit einer aufgehübscht veränderten Umwelt. Wenn ich den Urlaub unmittelbar an mich herankommen lassen und unmittelbar erleben will, muss ich mir klarmachen, dass ich ihn nicht durch einen Bildschirm hindurch erleben sollte.

epd: Was raten Sie denn?

Korte: Sich vorher genau zu überlegen, wann und wie benötige ich mein Handy? Was mache ich damit? Insbesondere junge Erwachsene und Jugendliche haben sich angewöhnt, viele TikTok-Videos oder Ähnliches anzuschauen. Es ist aber nicht unbedingt gut, jeden freien Moment mit immer neuen Videos oder Instagram-Posts von anderen zu füllen. Ich kann nur empfehlen, die Zeit zu nutzen, um die Gedanken mal schweifen zu lassen. Vielleicht auch mal so etwas Schreckliches wie Langeweile auszuhalten. Denn häufig kommt man dann auf die besten Ideen, rafft sich auch auf, einmal etwas Anderes auszuprobieren.

Wenn ich schon mein Handy mitnehme, sollte ich alle Klingeltöne und den Vibrationsalarm ausstellen. In der Familie gilt es, entsprechende Absprachen zu treffen. Kinder werden schon Zeiten für Spiele einfordern, und das ist auch in Ordnung. Aber sie müssen nicht bei einer Safari auf die Handys starren, anstatt nach den Löwen Ausschau zu halten. Wichtig ist es, das vorher miteinander zu besprechen, damit das kein ständiger Streitherd ist.

epd: Hat denn Langeweile sogar einen gesundheitsfördernden Aspekt?

Korte: Sie macht uns zumindest kreativer. Weil wir in Zeiten der Langeweile Dinge neu vernetzen, auf neue Ideen kommen und andere Gedanken, die wir immer wegdrängen, auch mal verhandelt werden. Insofern hat sie eine entspannende Wirkung. Das gilt, wenn die Langeweile nicht zum Beispiel aus zwei Stunden Warten in der Arztpraxis besteht. So eine Wartezeit wiederum kann in Stress ausarten. Aber wenn ich einmal eine Zeit lang aufs Meer schaue oder im Urlaub im Restaurant einmal fünf Minuten länger auf die Speise warte, kann Langeweile gesundheitsförderlich sein, weil sich dann der Stresslevel reduziert.

Krankenhausreform: Kliniken in Niedersachsen fordern Investitionen

Hannover (epd). Die Einigung von Bund und Ländern auf die Eckpunkte der geplanten Krankenhausreform ist in Niedersachsen auf Lob und Kritik gestoßen. Grundsätzlich sei die Reform nötig, hieß es am Dienstag aus der Politik und von den Kliniken. Allerdings pochen Kliniken wie Kommunen darauf, dass es zuvor ein Investitionsprogramm des Bundes geben müsse. Forderungen der Länder nach einer solchen Finanzspritze für die Kliniken noch vor der Reform hatten sich nicht durchgesetzt.

Die geplante Reform sieht vor, das jetzige Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern. Das soll die Krankenhäuser von dem finanziellen Druck befreien, immer mehr Fälle übernehmen zu müssen. Die Kliniken sollen stattdessen einen großen Anteil der Vergütung allein für das Vorhalten von Personal, Technik, Notaufnahmen und anderen Leistungsangeboten bekommen. Auch sollen nicht mehr alle Krankenhäuser alle Behandlungen anbieten.

Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft betonte, die Reform sei wichtig, doch brauche es dafür eine solide Ausgangsbasis. Eine nur unverbindliche Prüfung finanzieller Hilfen reiche nicht aus, sagte Verbandsdirektor Helge Engelke. „Eine Reform, die im Kern lediglich auf die Schließung von Krankenhäusern zielt und die keinerlei zusätzliche Investitionen vorsieht, wird nur eines erreichen: eine schlechtere Versorgung der Patientinnen und Patienten und eine höhere Belastung der Mitarbeitenden.“

Der Verband vertritt alle 164 Krankenhäuser in Niedersachsen. Der Strukturwandel in der Krankenhauslandschaft werde absehbar einen Neu- und Umbau sowie in Teilen den Abbau von Krankenhäusern nach sich ziehen, sagte Engelke. Auch dafür brauche es Investitionen.

Der Niedersächsische Städtetag erklärte, ohne ein Vorschaltgesetz, das die dringend benötigte Liquidität der Krankenhäuser sichere, werde es zu einem „kalten Strukturwandel“ kommen. Es gehe um das derzeitige Überleben der Krankenhäuser, sagte Städtetagspräsident Frank Klingebiel (CDU) aus Salzgitter. „Zum wiederholten Male weisen wir darauf hin, dass die Städte kein Ausfallbürgen für Bund und Länder sind.“ Der Vizepräsident und Oldenburger Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) ergänzte, die Krankenhäuser würden angesichts stark gestiegener Betriebskosten in Stich gelassen. Damit sei eine flächendeckende stationäre Versorgung in Niedersachsen gefährdet.

Auch die Ärztegewerkschaft Marburger Bund in Niedersachsen verwies auf den Investitionsbedarf, unter anderem mit Blick auf Tarifsteigerungen und die Inflation. „Die Länder haben dafür gesorgt, dass sie weiterhin höchste Verantwortung für die Krankenhauslandschaft ihres Bundeslandes tragen“, sagte der Vorsitzende Hans Martin Wollenberg. „Entsprechend werden sie voll in die Pflicht zu nehmen sein, wenn es um die Finanzierung der Krankenhausreform geht.“

Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) hatte am Montag nach den Verhandlungen von tragfähigen Kompromissen zum Wohl der Patienten gesprochen. Gut sei, dass die Länder auch künftig an der Ausarbeitung der Reformen beteiligt seien. Er bedauere allerdings, dass der Bund über die kürzlich beschlossenen Ausgleichszahlungen für Energiekosten und Inflation in Höhe von 2,5 Milliarden Euro hinaus keine weiteren Mittel für notleidende Krankenhäuser geben wolle, sagte Philippi. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wolle aber zumindest prüfen, ob es ab 2025 weitere Gelder geben könne.

Ministerien halten trotz Kritik an Begriff "Clankriminalität" fest

Hannover/Berlin (epd). Trotz Rassismus-Vorwürfen vonseiten des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma wollen die niedersächsischen Ministerien für Justiz und Inneres am Begriff der „Clankriminalität“ festhalten. Diese Art der Kriminalität sei „ein Teil der gesellschaftlichen Realität“, sagte ein Sprecher des Justizministeriums am Dienstag auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Dass die polizeiliche Definition der Clankriminalität auch die ethnische Herkunft berücksichtige, beruhe „auf langjährigen ermittlungstaktischen und soziologischen Erkenntnissen“.

Ende Juni hatten die beiden SPD-geführten Ministerien in Hannover das „Lagebild von Polizei und Justiz zur Clankriminalität 2022“ vorgestellt. In ihrer Präsentation zum Lagebild verweisen sie auch auf Delikte durch eine „Großfamilie aus der Ethnie der Roma“. Der Zentralratsvorsitzende Romani Rose kritisierte den Bericht daraufhin scharf. „Dadurch werden deutsche Sinti und Roma ausgegrenzt, stigmatisiert und kriminalisiert und in den Fokus von Clankriminalität gerückt“, sagte er am Freitag in Heidelberg. Der Bericht sei eine „Fortsetzung der rassistischen und antiziganistischen Erfassung“.

Ähnlich hatte sich kurz zuvor die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus in Berlin geäußert. Hinter dem Begriff der Clankriminalität verberge sich ein „gefährlicher, rechtspopulistischer Diskurs“, erklärte sie. Das Lagebild erzeuge den falschen Eindruck, dass organisierte Kriminalität überwiegend von Familien mit Migrationsbiografie verübt werde.

Aus Sicht des Landesjustizministeriums fasst der Begriff ein kriminologisches Phänomen, das eine besondere Herausforderung für den Rechtsstaat darstelle. Hierfür hätten sich Polizei und Justiz auf eine Definition abgestimmt. Kriminellen Clanstrukturen liegen demnach überwiegend verwandtschaftliche Beziehungen und eine gemeinsame ethnische Herkunft zugrunde. Weitere Indikatoren seien eine rechtsfeindliche Gesinnung, ein hohes Maß an Gewaltbereitschaft und ein stark überhöhter familiärer Ehrbegriff.

Thüringen fördert Deutschen Wandertag

Heiligenstadt/Duderstadt (epd). Das Land Thüringen unterstützt den Deutschen Wandertag im kommenden Jahr im Eichsfeld mit 145.000 Euro. Mit den Mitteln solle vor allem die Ausstattung des 98 Kilometer langen Naturparkwegs Leine-Werra zwischen Heiligenstadt und Creuzburg im Wartburgkreis verbessert werden, teilte Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) am Montag in Heiligenstadt mit. So sei beabsichtigt, Aussichtspunkte mit Panoramabildern und Erläuterungstafeln auszustatten.

Unter dem Motto „Sagenhaft grenzenlos“ stehen bei der 122. Auflage des Deutschen Wandertags vor allem Wanderrouten an der sogenannten Deutschen Märchenstraße im Dreiländereck von Thüringen, Niedersachsen und Hessen im Mittelpunkt. Allein an den vier Wandertagen werden Mitte September 2024 mehr als 30.000 Gäste in der Region erwartet.

Neu angelegt werden nach Angaben des Ministeriums mehrere Wanderparkplätze. Auch die Barrierefreiheit werde berücksichtigt. Ein dreidimensionales Stadtrelief von Heiligenstadt soll es auch blinden und sehbehinderten Menschen ermöglichen, Straßen, Plätze und wichtige Gebäude zu erfassen. Die Gesamtkosten des Ausbaus der touristischen Infrastruktur belaufen sich demnach auf rund 240.000 Euro.

Soziales

Bremen fordert finanzielle Sicherung der Frauenhäuser durch den Bund

Bremen (epd). Im Kampf gegen die steigende Zahl von Fällen häuslicher Gewalt muss der Bund nach Auffassung der Bremer Frauensenatorin Claudia Bernhard (Linke) die Finanzierung der Frauenhäuser in Deutschland sichern. Ende November des vergangenen Jahres habe sich Bremen bei einem Runden Tisch mit Bund, Ländern und Kommunen dafür eingesetzt, dass es dafür einen bundeseinheitlichen gesetzlichen Rahmen braucht, erklärte Bernhard am Dienstag und ergänzte: „Hier muss der Bund endlich liefern.“

„Wichtig ist mir, dass die geplanten Mindeststandards nicht dazu führen dürfen, dass nur das Minimum finanziert wird und bereits bestehende hohe Standards in den Ländern und Kommunen erhalten bleiben“, führte die Senatorin aus. Außerdem müssten alle Frauen davon befreit werden, für ihren Gewaltschutz selbst zu bezahlen. Um das Hilfesystem bedarfsgerecht und niedrigschwellig auszubauen, müsse die Bundesregierung die entsprechenden finanziellen Mittel bereitstellen: „Das sehen wir aktuell leider gar nicht.“

Bernhard verwies auf aktuelle Zahlen des Bundeskriminalamts, nach denen die registrierten Fälle von häuslicher Gewalt um 8,5 Prozent angestiegen sind. „Im Jahr 2022 wurden insgesamt 240.547 Fälle registriert, im Vorjahr waren es 221.615 Fälle.“

Im Land Bremen zeigte die Polizeiliche Kriminalstatistik im März dieses Jahres Bernhard zufolge ebenfalls alarmierende Daten, auch wenn die Zahl der Betroffenen von häuslicher Gewalt abgenommen hat. So seien im vergangenen Jahr 2.776 Betroffene von häuslicher Gewalt in Bremen registriert worden, wohingegen es im Jahr 2021 noch 3.164 Betroffene gewesen seien. Die Zahl der Vergewaltigungen, sexuellen Nötigungen beziehungsweise Übergriffe sei von 128 Fällen in 2021 auf 156 Fälle das dritte Jahr in Folge gestiegen.

Landesbehindertenbeauftragter rügt Bremer Baubehörde

Bremen (epd). Im Zusammenhang mit der Baugenehmigung für ein öffentliches Gebäude hat Bremens Landesbehindertenbeauftragter Arne Frankenstein am Montag gegenüber Bausenatorin Özlem Ünsal (SPD) eine Rüge ausgesprochen. Hintergrund ist der geplante Zugang des Gebäudes im sogenannten Tabakquartier in Bremen-Woltmershausen für Menschen beispielsweise mit einem Rollstuhl über einen Hublift. „Ein Hublift ist mit den baurechtlichen Vorgaben in öffentlichen Gebäuden unvereinbar“, kritisierte Frankenstein.

Der Komplex soll den Angaben zufolge künftig vom Finanzsenator insbesondere als Aus- und Fortbildungszentrums angemietet werden. „Die Vorgaben zur Barrierefreiheit nach der Landesbauordnung und dem Landesbehindertengleichstellungsgesetz sehen vor, dass öffentliche Gebäude für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sein müssen“, erklärte Frankenstein. Das sei hier aber nicht der Fall.

Für Menschen mit Rollstuhl oder Rollator sei eine selbstbestimmte Nutzung dieser Anlagen kaum möglich: „Sie für ein öffentliches Gebäude überhaupt in Erwägung zu ziehen, offenbart eklatante Mängel im Rahmen der Herstellung von Barrierefreiheit innerhalb des Genehmigungsprozesses.“

Frankenstein sagte, er habe bereits im Dezember 2022 darauf hingewiesen, dass eine solche Genehmigung rechtswidrig wäre. Die Baugenehmigung sei trotzdem am 1. März 2023 erteilt worden. Seine Bedenken seien mit dem Hinweis beantwortet worden, falls sich Nutzerinnen und Nutzer beschwerten, wolle die Behörde eine Änderung der Genehmigung prüfen.

Der Landesbehindertenbeauftragte sagte dazu: „Es ist nicht hinzunehmen, dass eine Benachteiligung behinderter Menschen erst vollzogen wird und wider besseren Wissens eine rechtswidrige Genehmigung erteilt wird, die dann zurückgenommen werden soll, wenn es Beschwerden gibt.“ Er erwarte, dass die Genehmigung geändert und eine Rampe gebaut werde, noch bevor die Verwaltung ihre Arbeit dort aufnehme.

Sozialverband fordert "gelben Parkausweis" für Niedersachsen

Hannover (epd). Der Landesverband des Sozialverbandes Deutschland (SoVD) fordert auch für Niedersachsen einen gelben Parkausweis für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. „Häufig sind Parkplätze so weit von der ärztlichen Praxis entfernt, dass die Betroffenen nicht eigenständig hinlaufen können. Das kann sogar dazu führen, dass sie in ihrem Recht auf freie Wahl der Ärztin oder des Arztes eingeschränkt werden und sich letztlich eine neue Praxis suchen müssen“, kritisierte der Landesvorsitzende Bernhard Sackarendt am Montag.

Besonders in Innenstädten seien Parkmöglichkeiten knapp. Für Menschen mit Behinderung sei das ein Problem, bemängelte er. Zwar gebe es die bundesweit gültigen blauen und orangen Parkausweise. Die Auflagen seien jedoch sehr hoch, erläuterte Sackarendt. So müsse etwa für den blauen Parkausweis, der auch zum Parken auf Schwerbehindertenplätzen berechtigt, ein Schwerbehindertenausweis mit dem Hinweis auf eine außergewöhnliche Gehbehinderung oder Blindheit vorliegen. Auch für den orangen Parkausweis seien genau definierte Einschränkungen oder Erkrankungen nachzuweisen.

„Viele Menschen, die dauerhaft oder vorübergehend stark mobilitätseingeschränkt sind, erfüllen die eng definierten Voraussetzungen nicht“, sagte Sackarendt. Der gelbe Parkausweis, der bisher nur in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz gültig sei, erweitere den Kreis der Berechtigten. Es würden auch Menschen berücksichtigt, die in ihrer Mobilität - vorübergehend oder dauerhaft - stark beeinträchtigt seien und sich maximal 100 Meter weit fortbewegen könnten.

Oldenburger spenden 35.000 Euro für Seenotrettung auf dem Mittelmeer

Oldenburg (epd). Oldenburgerinnen und Oldenburger haben in einer Spendenkampagne für das Seenotrettungsschiff „Humanity 1“ das anvisierte Ziel von 35.000 Euro vorzeitig erreicht. „Das ist eine starke Geste der Solidarität“, bilanzierte am Montag Sozialdezernentin Dagmar Sachse. Die Spendenkampagne sollte ursprünglich bis Ende September laufen.

Die Stadt Oldenburg hat eine Patenschaft für die „Humanity 1“ übernommen. Das Schiff ist im Mittelmeer im Einsatz, um Menschen zu retten, die auf der Flucht in Seenot geraten sind. Zur Unterstützung sind im städtischen Haushalt des laufenden Jahres 50.000 Euro eingestellt worden.

Davon gingen 15.000 Euro direkt an die zivile Seenotrettungsorganisation mit Sitz in Berlin, die das Schiff betreibt. Mit bis zu 35.000 Euro sollte das Ergebnis der Spendenkampagne unter dem Motto „Oldenburg für Seenotrettung“ verdoppelt werden.

„Seit dem Start der Oldenburger Spendenkampagne im April hat die Crew der Humanity 1 trotz Schikanen der Regierung in Italien 118 Menschen aus Seenot im Mittelmeer gerettet“, sagte Till Rummenhohl, Geschäftsführer von „SOS Humanity“. Seit der Taufe des Schiffes Ende August 2022 seien es mehr als 1.000 gewesen.

In Niedersachsen unterstützen mehrere Kommunen die nichtstaatliche Seenotrettung auf dem Mittelmeer. Dazu gehören neben Oldenburg unter anderem Braunschweig, Lüneburg, Osnabrück und Wolfsburg. Schon 2020 hatte sich Oldenburg zum „Sicheren Hafen“ erklärt. „Sicherer Hafen“ bedeutet, dass die Stadt bereit ist, Geflüchtete aufzunehmen - und zwar zusätzlich zur Verteilungsquote für Asylsuchende.

Rentenhöhe steigt um durchschnittlich 5,7 Prozent auf 1.550 Euro

Hannover/Bremen (epd). Die Bezieherinnen und Bezieher von Altersrenten mit mindestens 35 Versicherungsjahren erhalten in Deutschland nach jüngsten verfügbaren Daten im Durchschnitt 1.550 Euro brutto pro Monat. Das geht aus einem Vorauszug des Rentenatlas hervor, den die Deutsche Rentenversicherung am Montag in Berlin veröffentlicht hat. Die durchschnittliche Bruttorente bedeute einen Anstieg um 5,7 Prozent im Vergleich mit dem Vorjahr.

Besonders wenig Geld erhalten im Schnitt die Rentnerinnen aus Niedersachsen - sie bilden im Vergleich der Bundesländer und nach Geschlechtern differenziert das Schlusslicht. In der Rangliste ohne Differenzierung der Geschlechter kommt Bremen auf den vorletzten Platz.

Ausgezahlt wurden demnach Ende 2022 im bundesweiten Durchschnitt 1.384 Euro. Regional und nach Geschlecht differenziert unterscheidet sich die Höhe der Altersbezüge nach 35 Beitragsjahren deutlich: Im Schnitt erhalten Rentner 1.728 Euro brutto, von denen 1.543 Euro auf dem Konto landen. Bei den Rentnerinnen sind es mit 1.316 Euro brutto und 1.173 Euro auf dem Konto deutlich weniger.

Finanziell am besten stehen Rentner aus Nordrhein-Westfalen mit im Schnitt 1.845 Euro brutto da, am schlechtesten Rentnerinnen aus Niedersachsen mit 1.267 Euro brutto. Männliche Rentenbezieher aus dem Saarland kommen brutto auf 1.840 Euro und liegen damit ebenfalls in der Spitzengruppe. „Früher arbeiteten hier viele Männer in gut bezahlten Jobs im Bergbau und erhalten heute daraus vergleichsweise hohe Renten“, hieß es zur Erklärung.

Ebenfalls relativ hohe Bezüge haben Rentner in Ost-Berlin mit 1.699 Euro, die unter anderem aus ehemaligen Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR resultieren. Auch Frauen bekamen im Ostteil Berlins mit 1.501 Euro die höchsten Renten. In allen ostdeutschen Bundesländern wichen die Durchschnittsrenten von Frauen und Männern weniger voneinander ab als im Westen, weil Frauen in Ostdeutschland seltener Teilzeitstellen hatten als Westdeutschland. Deswegen seien die Einkommensunterschiede im Osten geringer als im Westen, hieß es.

Berücksichtigt man keine Geschlechtsunterschiede, landet das Saarland mit einer durchschnittlichen Bruttorente von 1.677 Euro auf Platz eins von insgesamt 17 Rängen, weil Berlin nach Ost und West aufgelistet wird, gefolgt von Nordrhein-Westfalen (1.644 Euro) und Hessen (1.609 Euro). Die letzten fünf Plätze belegen die ostdeutschen Flächenländer.

Uneinheitlich ist das Bild bei den Stadtstaaten: Hamburg belegt mit einer durchschnittlichen Bruttorente von 1.609 Euro knapp vor Baden-Württemberg Platz drei bundesweit. Die hinteren Plätze bei den durchschnittlichen Bruttorenten von Männern und Frauen belegen im deutschlandweiten Vergleich Bremen (1.542 Euro) und West-Berlin (1.500 Euro).

Klingbeil: Ende des Ehegattensplittings statt Kürzung beim Elterngeld

Hannover, Braunschweig (epd). Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil schlägt eine schnelle Abschaffung der Steuervorteile durch das Ehegattensplitting für alle neuen Ehen vor. Diese Einsparung könne statt der geplanten Kürzung beim Elterngeld erfolgen und „dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen“, sagte Klingbeil. Aus Sicht der Soziologin Kim Bräuer hätte die mögliche Kappung des Elterngeldes ab einem gemeinsam zu versteuerndem Einkommen von 150.000 Euro keine negativen Auswirkungen auf die Gleichstellung von Müttern und Vätern.

Klingbeil sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Montag): „Das Elterngeld ist keine Sozialleistung, es soll dazu motivieren, dass auch Männer mehr Verantwortung in der Familie übernehmen.“ Ohne Elterngeld auch für die Spitzenverdiener mit einem Einkommen der Eltern ab 150.000 Euro im Jahr werde wohl wieder die Frau zu Hause bleiben, weil der Mann häufig mehr Geld bekomme. „Das ist ein Rückschritt für die Gleichberechtigung“, sagte Klingbeil.

Im Streit um die Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung zwischen Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) steht im Raum, künftig Eltern mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von mehr als 150.000 Euro kein Elterngeld mehr zu zahlen. Derzeit liegt die Grenze bei 300.000 Euro.

Die Soziologin Kim Bräuer von der Technischen Universität Braunschweig, die zu Vätern forscht, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag), dass Väter im Schnitt deutlich kürzer Elternzeit nehmen, habe oft keine finanziellen Gründe. Viele Gutverdiener hätten Angst um ihre berufliche Zukunft. „Ihnen fehlt das Vertrauen, dass eine Elternzeit auch von ihren Arbeitgebern wirklich gewollt ist“, sagte Bräuer

Wenn schon gespart werden müsse, sei es aus ihrer Sicht richtig, „lieber das Elterngeld bei finanziell abgesicherten Familien zu kürzen und den Fokus auf die Kindergrundsicherung als Zeichen gegen Kinderarmut zu legen“. „Ein großes Problem für die Gleichstellung sehe ich darin nicht“, sagte die Soziologin.

Ehegattensplitting: Ökonom Hickel unterstützt SPD-Chef Klingbeil

epd-Gespräch: Susanne Rochholz und Dieter Sell

Bremen (epd). Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel unterstützt die Forderung von SPD-Chef Lars Klingbeil, das Ehegattensplitting zugunsten der geplanten Kindergrundsicherung abzuschaffen. „Klingbeil hat recht“, sagte Hickel am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Ehegattensplitting schütze eine Familie „mit dem Alleinverdiener und der berufslosen Frau, die für die unentgeltliche Hausarbeit zuständig ist“. Das sei ein „antiquiertes Steuermodell“, kritisierte der Ökonom.

„Der Mythos von der Stärkung der Ehe auf der Basis traditioneller Rollenteilung zwischen Mann und Frau in der Familie war schon immer ärgerlich“, machte Hickel deutlich. Er erläuterte, der größte Vorteil beim Ehegattensplitting ergebe sich, wenn nur ein Ehepartner am besten hohe Einkünfte erziele. „Vom Einkommen her lohnt es sich steuerlich für die Frau im Haus nicht, berufstätig zu werden, denn je mehr sie verdient, umso geringer fällt der Splittingvorteil aus.“

Empirische Untersuchungen zeigten, „dass in Deutschland dieses konservative Steuerrecht eine Vielzahl von Frauen bei der Erwerbsbeteiligung ausgebremst hat“, fügte Hickel hinzu. Wer heute am Ehegattensplitting festhalte, konserviere „dieses die Frauen diskriminierende Familienmodell und verhindert deren berufliche Entfaltung“.

Diese Kritik betonten auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie die EU-Kommission. Der Finanzexperte verwies auch auf die in der öffentlichen Debatte genannte Summe von 20 Milliarden Euro jährlich, die dem Staat damit entgehe.

Die Streichung des Ehegattensplittings würde zwar zu Verlusten beim Nettoeinkommen vor allem in den starken Einkommensschichten führen, räumte Hickel ein. Doch die Steuermehreinnahmen für die Kindergrundsicherung zu verwenden, diene der ökonomischen Unterstützung von Jungen und Mädchen in armen Familien und Lebensgemeinschaften und sei „die Alternative“, unterstrich der Wissenschaftler.

Kultur

Land gibt mehr als 110.000 Euro für soziokulturelle Projekte

Hannover (epd). Mit insgesamt mehr als 110.000 Euro unterstützt das Land Niedersachsen in der zweiten Jahreshälfte 14 soziokulturelle Projekte. „Soziokulturelle Zentren und Vereine ermöglichen als Orte der Begegnung kulturelle Teilhabe“, sagte Kulturminister Falko Mohrs (SPD) am Dienstag in Hannover. 78.600 Euro werden nach Ministeriumsangaben für 10 Projekte zur Verfügung gestellt. Weitere 31.500 Euro fließen in die Strukturförderung von vier Vereinen.

In den geförderten Projekten wird den Angaben zufolge spartenübergreifend gearbeitet, unterschiedliche Lebensstile und Generationen würden verbunden. So wolle der Verein „Spokusa“ in Hannovers Nordstadt beispielsweise mit einer Gruppe alter Damen mit unterschiedlichen biografischen, religiösen und kulturellen Hintergründen Altersdiskriminierung untersuchen.

Gefördert wird auch die „Kulturetage“ in Oldenburg. Laut Mitteilung möchte der Verein eine Bürgerbühne einrichten. Darauf sollen Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf Basis von eigenen biografischen Erfahrungen gemeinsam eine Inszenierung erarbeiten, die ein exemplarisches Bild der Stadtgesellschaft zeigt.

Den Förderentscheiden liegen Empfehlungen des Landesbeirats Soziokultur zugrunde. Die Mittel werden über den Landesverband Soziokultur vergeben.

Studierende der Schulmusik gründen eigenes Orchester

Hannover/Hamburg (epd). Studierende der Schulmusik aus fünf norddeutschen Musikhochschulen haben sich zu einem eigenen Orchester zusammengeschlossen. Die ersten Konzerte des neu gegründeten Ensembles finden am 12. September in Hannover, am 13. September in Lübeck und am 15. September in Hamburg statt, wie der Deutsche Musikrat am Dienstag in Berlin mitteilte. Zum „Norddeutschen Schulmusikstudierendenorchester“ gehören Studierende aus Hannover, Bremen, Hamburg, Lübeck und Rostock.

Der Generalsekretär des Musikrates, Professor Christian Höppner, begrüßte das neue Orchester. Die Aufführungen könnten das vielfältige und qualitativ hochwertige Studium der Schulmusik wieder stärker in die öffentliche Wahrnehmung rücken und junge Menschen für den Beruf des Musiklehrers oder der Musiklehrerin begeistern: „Der gravierende Musiklehrkräftemangel bedroht zunehmend die musikalische Bildung von Kindern und Jugendlichen und damit die Wurzel für ein lebendiges und vielfältiges Musikleben in Deutschland“, sagte Höppner.

Das Orchester selbst erklärte, wer Schulmusik studiere, habe im Studium oft keine Möglichkeit, auf professionellem Niveau in einem Orchester zu spielen. Die Landesjugendorchester richteten sich eher an Musizierende, die nicht studierten, und die Hochschul-Orchester setzten sich eher aus künstlerisch Studierenden zusammen. Diese Lücke wolle das neue Ensemble schließen. Es biete Studierenden zudem die Möglichkeit, sich hochschulübergreifend zu vernetzen.

Plattdeutsch in ostfriesischen Kitas: Potenzial wird nicht genutzt

Aurich (epd). Obwohl es in ostfriesischen Kindertagesstätten viele Fachkräfte gibt, die Plattdeutsch sprechen, wird diese Sprache selten aktiv genutzt. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter Einrichtungen in den Landkreisen Aurich, Leer und Wittmund sowie der Stadt Emden, die die Ostfriesische Landschaft am Montag in Aurich veröffentlicht hat. „Anders gesagt bedeutet dies, dass die Sprache nicht so genutzt wird, dass sie als gesprochene und gehörte Sprache als zweite Sprache von den Kindern erlernt werden kann“, heißt es in der Bilanz der Studie.

Hier werde das vorhandene Potenzial leider noch nicht ausgeschöpft, bedauerte Grietje Kammler, Leiterin des „Plattdüütskbüros“ bei der Landschaft. Von 277 angeschriebenen Einrichtungen hatten den Angaben zufolge knapp 52 Prozent an der Befragung teilgenommen.

Wie die Umfrage zeigte, arbeiten in den meisten Einrichtungen (83 Prozent) Fachkräfte, die Plattdeutsch sprechen können. Plattdeutsche Bildungsangebote werden allerdings nur in knapp 31 Prozent der Kindergärten und Kindertagesstätten umgesetzt.

In fast einem Viertel der Einrichtungen sprechen der Studie zufolge eine oder mehrere Fachkräfte immer oder an bestimmten Tagen ausschließlich Plattdeutsch mit den Kindern. Ermutigend sei, dass im Vergleich zu einer Befragung aus dem Jahr 1999 die Akzeptanz für das Plattdeutsche gestiegen sei. Außerdem werde bei fast 80 Prozent der Kitas, in denen nicht kontinuierlich Platt gesprochen werde, die Sprache dennoch täglich, wöchentlich oder zu gegebenen Anlässen eingebracht.

Kammler warnte: „Eine Sprache kann aussterben, wenn sie nicht mit Kindern gesprochen wird. Das sollte allen Sprecherinnen und Sprechern bewusst sein.“ Denn dann sei die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, dass die Sprache an die nächste Generation weitergegeben werde. Das „Plattdüütskbüro“ unterstützt Kommunen, Einrichtungen, Medien und Geschäftsleute bei der Einführung von plattdeutschen Angeboten. Die Umfrage soll künftig alle fünf Jahre wiederholt werden.

Kulturfestival "Breminale" erwartet gut 200.000 Besucher

Bremen (epd). Mehr als 120 Musikerinnen und Musiker beteiligen sich in diesem Jahr an der fünftägigen „Breminale“, die am Mittwoch (12. Juli) auf den Osterdeichwiesen in Bremen mit einem internationalen Lineup eröffnet wird. Zum kostenlosen Open-Air-Kulturfestival gehören nach Angaben der Organisierenden acht Bühnen. Das Programm umfasst neben Live-Musik in Zirkuszelten auch Kunst sowie Jonglage, Gaukelei, Kinderaktionen, Theater, Tanz und Lesungen. Die Veranstalter rechnen mit gut 200.000 Besucherinnen und Besucher.

Zu den Höhepunkten im Rahmenprogramm zählt am „Breminale“-Sonntag ein „Deichbankett“: Mehr als 250 Personen finden an einer langen Tafel Platz und verspeisen zusammen ein Drei-Gänge-Menü aus regionalen Bioprodukten. Neu ist die „Bikinale“ (von bike - Fahrrad), zu der am Sonntagnachmittag auf dem gesperrten Osterdeich unter anderem ein Lastenrad-Rennen gehört. Der Gastro-Betrieb setzt noch stärker als in vergangenen Jahren auf Mehrweg, Glasflaschen können etwa an Pfandregalen abgestellt werden.

Die Polizei will eine mobile Wache am Osterdeich einrichten. Das Festival werde von uniformierten und zivilen Einsatzkräften begleitet, kündigte ein Sprecher an. Er warnte gleichzeitig vor Taschendieben: „Erfahrungsgemäß nutzen sie Menschenmengen aus. Die Polizei empfiehlt allen Besuchern deshalb, ihr Portemonnaie und andere Wertsachen in verschlossenen Taschen eng am Körper zu tragen und nur so viel Bargeld mitzunehmen, wie benötigt wird.“

Umwelt

Süßkartoffeln und Vanille aus der Indoor-Farm

Von Martina Schwager (epd)

Osnabrück, München (epd). Saftige grün-rote Stängel und Blätter winden sich umeinander, wachsen über die Ränder der grauen Pflanzencontainer hinaus. Andere strecken sich den LED-Leuchten im Regalboden darüber entgegen. Wie ein Mini-Urwald wuchert das Laub der Süßkartoffelpflanzen in dem fensterlosen Raum: In der Indoor-Farm der Hochschule Osnabrück forschen Wissenschaftler zu Agrarsystemen der Zukunft.

Andreas Ulbrich, Chef des Forschungsprojekts, schiebt mit der Hand vorsichtig die Blätter auseinander. Die Wurzeln, die sich zu Knollen verdicken, mäandern durch einen Haufen weißer Kügelchen, alle getränkt mit einer speziell abgestimmten Nährlösung. Das überschüssige Wasser wird in einen Kreislauf zurückgeführt. Keine Spur von feucht-brauner Erde oder gar Regenwürmern.

Der Agrarwissenschaftler freut sich über das üppige Wachstum. Die Süßkartoffel liefere wie die normale Kartoffel viele Kohlenhydrate, erläutert Ulbrich. Darüber hinaus enthalte sie deutlich mehr wertgebende Inhaltsstoffe wie Proteine, Vitamine und Carotinoide. Und auch die Blätter seien essbar.

Darum sei die Süßkartoffel prädestiniert für den hochtechnisierten Indoor-Anbau. Sie könnte einen wesentlichen Beitrag zur Ernährungssicherung leisten - und das vor allem in Städten, in die immer mehr Menschen strebten, sagt Ulbrich. „Wir rechnen damit, dass 2050 über die Hälfte der Weltbevölkerung in Metropolen leben werden. Dort gibt es aber keine Ackerflächen.“

In Indoor-Farmen lassen sich die Pflanzen platzsparend in mehreren Etagen übereinander anbauen. Deshalb wird für sie auch der Begriff „Vertical Farming“ verwendet. Weiterer Vorteil: Sämtliche Wachstumsfaktoren wie Licht, Temperatur, Luftzusammensetzung, Wasser- und Nährstoffzufuhr werden gesteuert und sind unabhängig vom äußeren Klima.

Die Forschung in Deutschland beschäftige sich intensiv seit etwa 2019 mit dem Thema Indoor- oder Vertical-Farming, sagt Claudia Luksch von der Deutschen Agrarforschungsallianz (DAFA). Weitere Projekte fänden sich etwa in München, Aachen oder Berlin. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen experimentierten mit Pflanzen auf Förderbändern oder versuchten, Pflanzenzucht mit Aquakultur und Pilzzucht zu kombinieren.

Auch in der Industrie boome das Thema Indoor-Farming, sagt die Biologin, die zugleich Geschäftsführerin des „World Agricultural Systems Center“ an der Technischen Universität München ist. Start-up-Unternehmen und Restaurants setzten auf den Anbau von Salaten, Kräutern oder Sprossen in geschlossenen Räumen: „Das ist auch ein Lifestyle-Thema.“

Im asiatischen Raum würden diese sogenannten Micro-Greens schon länger in Indoor-Farmen angebaut, sagt Ulbrich. „Das macht die Bevölkerung aber nicht satt.“ Der Professor für Gemüseproduktion setze deshalb auf hochwertige Lebensmittel wie Süßkartoffel, Wasserlinse oder den Moringabaum. Damit gebe es bislang noch kaum Erfahrung in Forschung und Praxis.

Das in Osnabrück eigens errichtete und Ende 2022 in Betrieb genommene Gebäude beherbergt in seinem Inneren sechs Kammern, in denen die Pflanzen wachsen. Massive Schiebetüren schließen sie luftdicht ab. Davor geben Touchscreens Aufschluss über alle Daten. „Die kann ich auch vom Rechner im Büro oder vom Smartphone zu Hause steuern“, erzählt Sebastian Deck, Koordinator der Indoor-Farm.

Durch eine Glasscheibe sind rechts und links auf zwei Regalen Töpfe mit weißem Granulat zu sehen. Dünne Stängel lugen etwa 15 Zentimeter daraus hervor: Vanillepflanzen. „Drinnen herrscht subtropisch feucht-warmes Klima. Das würde zusammenbrechen, wenn ich die Tür öffnen würde“, erklärt Deck. Die Vanille ist empfindlich und bereitet derzeit weltweit Sorgen.

In den Anbauregionen in Indien, Indonesien oder Madagaskar hätten die Produzenten große Probleme mit Pilzerkrankungen, sagt Ulbrich. Die Erträge gingen zurück. Ähnlich sei es beim Pfeffer, der in den Ursprungsländern immer seltener blühe und den die Osnabrücker in ihrem Dachgewächshaus kultivieren. „Obwohl sie eine der ältesten und hochwertigsten Kulturpflanzen der Welt ist, weiß niemand genau, woran das liegt.“ Deshalb versucht er mit seinem Team herauszufinden, was den Blühreiz dieser Pflanzen auslöst und wie man sie vor Pilz- und anderen Erkrankungen schützen kann.

Bei all dem Hype um das Indoor-Farming hat diese Produktionsweise allerdings einen großen Nachteil: Indoor-Farmen verbrauchen Unmengen an Strom. Die LEDs für die Beleuchtung produzieren Abwärme. Damit wird in Osnabrück zwar zum Teil das Gewächshaus auf dem Dach beheizt. „Dennoch müssen wir die Pflanzen in den Kammern noch kühlen. Und das ist ein wirkliches Energiegrab“, räumt Ulbrich ein. Deshalb forscht sein Team auch an der Verbesserung der Energieeffizienz.

Der Agrarwissenschaftler ist überzeugt davon, dass Indoor-Farmen in der Zukunft den Gemüseanbau vor allem in den Städten ergänzen könnten. Der klassischen Feldwirtschaft hingegen zur Produktion von Grundnahrungsmitteln wie Getreide und Reis würden sie wohl kaum Konkurrenz machen können.

Das sieht Claudia Luksch anders. In München experimentierten ihre Kollegen mit Weizen, der bis zu viermal im Jahr geerntet werde. Die Halme seien kurz, damit er in Etagen übereinander wachsen könne. „Wir werden langfristig durch den Klimawandel immer weniger große Flächen, gute Böden und geeignetes Klima haben. Mit Indoor-Farmen sind wir dagegen standort- und klimaunabhängig. Und im Prinzip können wir dort alles anbauen.“

Agrarexperte: Indoor-Farmen könnten Gemüse für Städte produzieren

epd-Gespräch: Von Martina Schwager

Osnabrück (epd). Indoor-Farmen könnten nach Ansicht des Osnabrücker Agrarwissenschaftlers Andreas Ulbrich weltweit in Städten zur Ernährungssicherung der Menschen beitragen. Immer mehr Menschen strebten in die Metropolen und wollten sich dort mit qualitativ hochwertigen und regional angebauten Lebensmitteln versorgen, sagte der Chef des Forschungsprojektes „Agrarsysteme der Zukunft“ an der Hochschule Osnabrück im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Ulbrich und sein Team erforschen, welche Kulturpflanzen sich für eine solche High-Tech-Produktion eignen. Dafür wurde in Osnabrück ein Gebäude mit mehreren Indoor-Farmen und einem Dachgewächshaus errichtet, das im November 2022 eröffnet wurde. In der Indoor- oder auch Vertical-Farm werden die Pflanzen unter künstlichem Licht und in mehreren Etagen übereinander angebaut.

Es komme darauf an, Pflanzen zu identifizieren, die Makronährstoffe, also Kohlehydrate, Eiweiße und Fette, sowie weitere wichtige Inhaltsstoffe wie Vitamine lieferten. Nur dann lohnten sie sich für den hochintensiven Anbau in Gebäuden, sagte Ulbrich. Er und sein Team experimentierten derzeit mit Süßkartoffeln, Wasserlinsen und demnächst mit dem Moringa- oder Meerrettichbaum. Indoor-Farmen, die es vereinzelt in Europa und vielfach schon im asiatischen Raum gebe, bauten derzeit im wesentlichen Salate, Sprossen oder Kräuter an: „Doch davon werden die Menschen nicht satt.“

Das Team experimentiere zudem mit Kulturarten, die ein hohes Wertschöpfungspotenzial hätten und für die Menschen ein herausragendes Lebensmittelprodukt seien. „Deswegen haben wir die Vanille- und die Pfefferpflanze bei uns integriert. Wir möchten herausfinden, ob es sinnvoll ist, solche hochwertigen Pflanzen regional und in einer Metropole zu kultivieren.“

Zudem versuchten die Experten, die Vanille und den Pfeffer besser zu verstehen. Sie unterstützen damit die Anbauer in den Ursprungsregionen in Indien, Indonesien, Madagaskar darin, mit den Herausforderungen des Klimawandels umzugehen. „Wir können mit unserer Farm Klimaveränderungen nachstellen. Wir können Kulturschäden, die in der Folge des Klimawandels an verschiedenen Orten auftreten, nachbauen und erkennen, welche Schäden entstehen und warum.“

Indoor-Farmen sollten möglichst in Stoff- und Energiekreisläufe etwa einer Großstadt integriert werden, sagte der Professor für Gemüseproduktion und -verarbeitung. „Deswegen arbeiten wir zurzeit etwa mit einem städtischen Klärwerk in Dinslaken zusammen. Wir entnehmen diesem Nährstoff-Austräge wie Stickstoff, Phosphor oder Kalium, mit denen wir unsere Pflanzen versorgen.“

Bundesstiftung will Innovationen rund um "grünen Strom" vorantreiben

Osnabrück (epd). Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fordert einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland. Nötig sei ein „klarer Kompass für die Energiewende“, sagte ihr Generalsekretär Alexander Bonde am Dienstag bei der digitalen Jahrespressekonferenz der Stiftung mit Sitz in Osnabrück. „Grüner Strom wird Öl, Kohle und Gas von morgen sein - vom Heizen bis zur Mobilität“, betonte er. Daran richte die Stiftung ihre Förderpolitik aus.

Im vergangenen Jahr vergab die Stiftung nach seinen Angaben eine Fördersumme von insgesamt 56,4 Millionen Euro. Das war etwas weniger als im Jahr davor, als 59,8 Millionen Euro flossen. Gefördert wurden 263 Projekte.

Die Stiftung zählt zu den größten Umweltstiftungen Europas. Im vergangenen Jahr erhöhte sie ihr Stiftungskapital um 34 Millionen Euro auf 2,42 Milliarden Euro. Den Angaben zufolge baute sie zudem ihr Engagement bei nachhaltigen Geldanlagen aus. Auch die Investitionen in Anlagen, die erneuerbare Energie erzeugen, wurden verstärkt. Die DBU unterstütze besonders kleine und mittlere Unternehmen bei der Umsetzung von innovativen und modellhaften Lösungen zum Schutz der Umwelt, sagte Bonde.

Um die Klimaziele zu erreichen, reiche ein Schwenk zu den erneuerbaren Energien nicht aus, betonte er. Nötig sei es zudem, Energie zu sparen und effizienter zu nutzen sowie eine umfassende Kreislaufwirtschaft einzuführen. Im vergangenen Jahr lag Bonde zufolge der gesamte Endenergieverbrauch in Deutschland bei rund 2,29 Milliarden Kilowattstunden. Daran hatten erneuerbare Energien einen Anteil von rund 21,8 Prozent.

Der Leiter der DBU-Abteilung Umwelttechnik, Felix Gruber, sagte bei einer Projekt-Präsentation, regenerative Energie wie Wind, Wasser und Sonne müssten effizienter genutzt werden. Deshalb unterstütze die DBU auch Forschungseinrichtungen wie das Helmholtz-Zentrum in Berlin. Dieses entwickle sogenannte Perowskit-Silizium-Tandem-Solarzellen weiter, um deutlich höhere Wirkungsgrade bei der Sonnenenergie zu erreichen.

Der Betrieb „Brinkmann Pumps“ aus Werdohl in Nordrhein-Westfalen stelle in einem der geförderten Vorhaben unter Beweis, dass auch Künstliche Intelligenz beim Energiesparen helfen könne, erläuterte Gruber. Mithilfe von KI solle dabei der Energiebedarf von ungeregelten Pumpen reduziert werden.

Die DBU betrachte die Inflation mit Sorge, habe aber die Fördermittel weitgehend stabil halten können, sagte Finanzchef Michael Dittrich. Er mahnte jedoch: „Bleibt die Inflationsrate auf aktuell hohem Niveau, wird das künftig nicht mehr möglich sein.“ 1991 startete die DBU mit einem Kapital von knapp 1,3 Milliarden Euro. Sie hat seither für mehr als 10.800 Projekte etwa zwei Milliarden Euro an Fördermitteln zur Verfügung gestellt.

Naturschutz-Akademie mit Millionen-Investition erweitert

Schneverdingen/Kr. Heidekreis (epd). An der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz Schneverdingen bei Soltau ist mit einem Investitionsvolumen von rund 1,6 Millionen Euro ein neues Seminargebäude entstanden. In dem holzverkleideten Bau sollen in erster Linie Seminare für Absolventinnen und Absolventen des Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ) organisiert werden, wie das niedersächsische Umweltministerium und die Akademie am Montag mitteilten.

Das neue, 330 Quadratmeter große Gebäude wurde den Angaben zufolge nach modernsten Ansprüchen der Energieeffizienz unter Verwendung größtenteils regionaler Baustoffe erbaut: Überwiegend aus Eiche errichtet wurde zur Verbesserung der Akustik das Innere des Seminarraums mit Wollfilz von Heidschnucken ausgekleidet. Die Wärmeversorgung des Gebäudes erfolgt über Geothermie und eine Wärmepumpe.

„Das Gebäude ist auch im Sinne des klimaschonenden Bauens ein echtes Vorzeigeobjekt und passt damit sehr gut zur Naturschutzakademie“, sagte Umweltminister Christian Meyer (Grüne) bei der Einweihung. 60 Prozent der Mittel kommen von der EU. Das Land Niedersachsen hat die restlichen 40 Prozent beigesteuert.

In dem neuen Seminargebäude soll vor allem ein wachsender Teil der jährlich insgesamt 65 einwöchigen FÖJ-Seminare der Akademie veranstaltet werden. Zu den Aufgaben der Akademie gehören Bildung, Forschung und Öffentlichkeitsarbeit im Naturschutz sowie die Organisation des FÖJ in Niedersachsen. Sie ist benannt nach dem Hamburger Kaufmann und Naturschützer Alfred Toepfer (1894-1993), der sich besonders für die Lüneburger Heide engagiert hat.