Politik und Kirche

Landtag würdigt Kirchenasyl und fordert Infos von Staatsregierung

München (epd). Der bayerische Landtag hat von der Staatsregierung detaillierte Informationen zum Umgang der Landesbehörden mit dem Thema Kirchenasyl gefordert. Damit folgte die Mehrheit der Abgeordneten einem Antrag der Grünen, wie die Fraktion am Dienstag mitteilte. Die Staatsregierung soll Bericht darüber erstatten, welche Ermittlungen gegen Pfarrpersonen und Kirchenangehörige in 2020 und 2021 aufgenommen, welche eingestellt und welche Fälle zur Anklage gebracht wurden.

Ziel des Vorgehens sei es, eine einheitliche, die besondere Stellung der Kirchen berücksichtigende, staatsanwaltschaftliche Tätigkeit sowohl im Norden als auch im Süden Bayerns zu erreichen. Dies sei momentan nicht der Fall, kritisierte der Grünen-Abgeordnete Toni Schuberl. In Bayern werde als einzigem Bundesland gegen Kirchenvertreter strafrechtlich wegen der Gewährung von Kirchenasyl vorgegangen. Zwischen August 2017 und Februar 2021 seien 398 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, dabei gingen die Staatsanwaltschaften in Nordbayern anders vor als in Südbayern.

Mit seinem gemeinsamen Beschluss würdige der Landtag das Kirchenasyl als Ausprägung der Gewissensfreiheit, sagte Schuberl. Die Kirchen hätten einen verfassungsrechtlich hohen Rang, heißt es im Beschluss. Hieraus entspringe das Institut des Kirchenasyls, das „eine lange Tradition in Bayern und Deutschland hat“. Die wichtige humanitäre Schutzfunktion des Kirchenasyls als letzter Ausweg für Menschen in Not verdiene Respekt. In besonderen Härtefällen sei eine nochmalige Überprüfung der Fluchtgründe möglich. Gleichwohl seien auch die Kirchen an Recht und Gesetz gebunden.

Wie sich dieser Schulterschluss der demokratischen Fraktionen auf die Strafverfolgung im Freistaat in der Praxis auswirkt, muss sich Schuberl zufolge erst noch zeigen. Der nächste Schritt sei der Bericht des Justizministeriums im Verfassungsausschuss im nächsten Jahr. (00/4211/14.12.2021)

2G-plus: Testpflicht nach Booster-Impfung fällt

Söder: Besucher von Senioren- und Pflegeheimen müssen weiter testen

Von Daniel Staffen-Quandt (epd)

München/Dresden (epd). Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat Änderungen für Personen mit Corona-Booster-Impfung bei 2G-plus-Regelungen angekündigt. „Wer geboostert ist, muss bei 2G-plus keinen Test mehr bringen“, sagte Söder am Dienstag nach einer gemeinsamen digitalen Kabinettssitzung der bayerischen Staatsregierung mit der sächsischen Landesregierung. Diese Testpflicht entfalle allerdings erst 15 Tage nach dem Boostern. Am Dienstagnachmittag wollten sich dazu auch noch die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beraten.

Allerdings gibt es für die Befreiung von der Testpflicht auch für Menschen mit Booster-Impfung Ausnahmen. Wer ein Senioren- oder Pflegeheim besuchen will, muss auch mit einer Auffrischungs-Impfung zum Schutz der Bewohner einen negativen Test vorlegen. Kritik daran kam umgehend von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Nicht, weil man dieses Vorgehen generell kritisiere, sagte der Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Sondern, weil die dafür nötigen Test-Kapazitäten nicht vorhanden seien. Am Ende blieben deshalb wohl viele Heimbewohner ohne Weihnachtsbesuch.

Söder betonte, die Infektionslage deute auf eine „leichte Entspannung“ hin, aber es gebe noch längst „keine Entwarnung“: „Delta flacht ab, aber Omikron lauert!“ Söder sprach sich zudem für eine baldige weitere Ministerpräsidentenkonferenz aus, am besten schon im Dezember, spätestens allerdings im Januar, um eine gemeinsame Omikron-Strategie zu beschließen. Es könne nicht sein, dass Flüge aus Südafrika vom Flughafen München an andere Flughäfen umgeleitet werden, weil die Restriktionen dort geringer seien. Es reiche nicht aus, „immer nur auf die Wellen zu reagieren“, sagte Söder.

Der bayerische Ministerpräsident kritisierte erneut die Ständige Impfkommission (Stiko). Er sei „unglücklich über die Sowohl-als-auch-Empfehlung“ der Stiko zu Kinderimpfungen. Es brauche „eine Reform der Stiko“. Die Stiko brauche womöglich mehr Personal oder effizientere Strukturen, um „nicht immer nur nachlaufend“ die Datenlage zu analysieren. Vom Bund forderte Söder zudem mehr Tempo beim Thema Allgemeine Impfpflicht. Die Entscheidung dafür müsse im Januar kommen, um sie noch im Frühjahr durchzusetzen, damit der Effekt dadurch nicht in der neuen Omikron-Welle verpuffe.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) warb in der Pressekonferenz ebenfalls noch einmal fürs Impfen. Zugleich kritisierte er radikale Impfgegner und Coronaleugner: „Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“, sagte Kretschmer. (00/4215/14.12.2021)

G-7-Gipfel kommt 2022 wieder ins oberbayerische Elmau

München (epd). Der G-7-Gipfel wird kommendes Jahr zum zweiten Mal nach 2015 in Elmau stattfinden. Man habe sich mit dem Bund darauf verständigt, dass der Gipfel vom 26. bis 28. Juni wieder im oberbayerischen Schloss Elmau (Kreis Garmisch-Partenkirchen) zu Gast sein wird, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag nach der Kabinettssitzung in München. „Das freut uns sehr. Wir werden versuchen, wieder ein guter Gastgeber zu sein.“

Der G-7-Gipfel fand erstmals vom 7. bis 8. Juni in Elmau statt, es war überhaupt erst der sechste G-7-Gipfel in Deutschland seit der Gründung der „Gruppe der Sieben“ im Jahr 1975. Durch die geografisch abgelegene Lage des Schlosses und des großen Sicherheitsaufgebots vor allem durch die bayerische Polizei kam es 2015 nicht zu größeren Demonstrationen und Protesten. Insgesamt waren während des Gipfels rund 18.000 Polizisten im Einsatz, in der Spitze etwa 12.000 gleichzeitig.

In Elmau entstand auch das bekannte Foto mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CSU) stehend vor und dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama sitzend auf einer rustikalen Holzbank vor Alpen-Panorama. (00/4214/14.12.2021)

Gesundheit und Soziales

Kinderarzt: Erwachsene müssen Kinder schützen, nicht umgekehrt

Passau (epd). Auch die Sorge der Eltern um ihr Kind ist nach Ansicht des Chefarztes der Kinderklinik Dritter Orden Passau, Professor Matthias Keller, Grund genug für eine Corona-Impfung. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat aktuell die Impfung von Fünf- bis Elfjährigen mit Risikofaktoren empfohlen. Sie sage aber auch, dass Kinder geimpft werden könnten, wenn es psychosoziale Indikationen gebe, sagte Keller der Passauer Neuen Presse (Dienstag): „Das heißt zum Beispiel, auch Eltern, die Sorgen um ihr gesundes Kind haben, sollen und dürfen es impfen lassen.“

Grundsätzlich halte der Arzt die Stiko-Empfehlung für sinnvoll. Kinder sollten nicht die Impfmängel bei den Erwachsenen kompensieren müssen, die Hauptpriorität bei den Impfungen müsse bei den Erwachsenen liegen. Für Keller stelle sich die Frage, ob man nun alle gesunden Kinder impfen lassen solle, nur weil man nicht in der Lage sei, alle Erwachsenen zu impfen. „Da sehe ich die Erwachsenen in der Verpflichtung, unsere Kinder zu schützen, und nicht umgekehrt“, betonte der Arzt. Andererseits gelte es, das Virus einzudämmen und hier könne die Kinderimpfung einen Beitrag leisten.

Erste Daten aus den USA mit bis zu fünf Millionen Impfungen hätten gezeigt, „dass der Impfstoff sicher ist und bei den Kindern wenig Nebenwirkungen auftreten“. Andererseits verlaufe Corona bei gesunden Kindern in der Regel milde. „Einer aktuellen Untersuchung zufolge ist bisher bundesweit kein einziges gesundes Kind zwischen fünf und zwölf Jahren an Corona verstorben“, führte der Kinderarzt aus.

Laut Keller gehen die Kinderärzte davon aus, dass die Impfnebenwirkungen bei Kindern ähnlich seien wie bei Erwachsenen, aber geringer aufträten. „Dennoch muss auch hier weiter gut beobachtet werden“, sagte Keller. Die Stiko sei sehr zurückhaltend bei einer Impfempfehlung für alle; dafür könne man darauf vertrauen, dass wenn etwas empfohlen ist, dies auch sicher und gut abgewogen ist. (00/4205/14.12.2021)

Corona-Forscher berichten über Erfolg bei Medikamentenentwicklung

München (epd). Ein Münchner Forschungsteam hat mit einem Strategiewechsel bei der Entwicklung eines Medikaments gegen das Coronavirus offenbar erste Erfolge erzielt. Die Wissenschaftler hätten ein Protein entwickelt, das im Zellversuch die Infektion durch das Virus und seine Varianten zuverlässig verhindere, teilte Professorin Ulrike Protzer vom Institut für Virologie der Technischen Universität München (TUM) am Dienstag mit. Bisher habe es bei der Entwicklung von Medikamenten gegen Covid-19 nur Teilerfolge gegeben, der aktuelle Strategiewechsel der Forscherinnen und Forscher sei nun vielversprechend.

Bisher seien die wirksamsten medikamentösen Therapien gegen SARS-CoV-2 sogenannte Antikörper-Therapien. Jedoch könne sich das Virus durch Mutation dem Angriff durch die therapeutischen Antikörper entziehen. „Sowohl Impfstoffe als auch Antikörper-Medikamente haben das Problem, dass das Virus ihnen mit jeder erfolgreichen Mutation ein klein wenig ausweicht“, erklärte Protzer. Dadurch entstehen sogenannte „Immune-Escape“-Varianten.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TUM, der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), von Helmholtz Munich und der Münchener Formycon AG verfolgen daher eine andere Strategie und schufen einen Wirkstoff, der das Spike-Protein des Virus blockiert. In Zellkulturversuchen konnten sie damit das Virus laut Mitteilung der TUM komplett neutralisieren und eine Infektion verhindern.

„Auch wenn die Impfung schwere Krankheitsverläufe sehr zuverlässig verhindert, die deutlich ansteckenderen Delta- und Omikron-Varianten haben gezeigt, dass sich sowohl Genesene als auch Geimpfte erneut anstecken können“, sagte Protzer. Vor dem Hintergrund zukünftiger, möglicherweise noch ansteckenderer Varianten brauche es daher neben der Impfung auch einen breit wirksamen Wirkstoff gegen das Virus.

Laborversuche mit dem Fusionsprotein, dem ursprünglichen Virus und den Varianten Alpha, Beta und Delta waren laut Mitteilung vielversprechend. Versuche mit der Omikron-Variante seien gerade gestartet. Die Forscher gehen davon aus, im ersten Halbjahr des kommenden Jahres mit klinischen Studien beginnen zu können. (00/4207/14.12.2021)

Umfrage: Mehrheit will Lauterbach seltener in TV-Talkshows sehen

Augsburg/Berlin (epd). Die Mehrheit der Menschen möchte den neuen Gesundheitsminister und Corona-Experten Karl Lauterbach künftig seltener in TV-Talkshows sehen. 54 Prozent sprachen sich dafür aus, dass der SPD-Politiker und Epidemiologe in seinem neuen Amt bei Diskussionsrunden im Fernsehen kürzertreten sollte, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der „Augsburger Allgemeinen“ (Dienstag) ergab. Knapp ein Drittel der Befragten hätte nichts dagegen, den Arzt weiterhin häufig im TV zu sehen. Der Rest war unentschlossen.

Für die Frage „Sollte Karl Lauterbach (SPD) als neuer Gesundheitsminister zukünftig weniger in TV-Talkshows auftreten als bisher?“ wurden im Zeitraum vom 10. bis 13. Dezember die Antworten von 5.003 Teilnehmenden aus Deutschland berücksichtigt.(00/4204/14.12.2021)

Kultur und Erinnerung

Mit Ritterhelm dem gar nicht so dunklen Mittelalter begegnen

Neue Familienausstellung im "Museum für Franken" eröffnet am Freitag

Von Daniel Staffen-Quandt (epd)

Würzburg (epd). Es geht um historische Handwerksberufe. Oder um Vierpassbecher, Würfelspiele - und das Essen im Wirtshaus. Auch Minne, Musik und zeitgenössische Instrumente sind ein Thema. Darüber hinaus erfährt man einiges über Burgen, Ritterrüstungen und Fürstbischöfe. Bei der neuen Familienausstellung „Zeitreise Mittelalter“ im „Museum für Franken“ auf der Festung Marienberg in Würzburg geht es genau um das: einen möglichst umfassenden Blick in die vergangene Zeit.

„Wer dem Ausstellungsverlauf folgt, der durchlebt einmal die mittelalterliche Ständepyramide von unten nach oben“, sagt Kuratorin Veronika Genslein. Los geht es in einem mittelalterlichen Dorf, wo sich die Besucher nicht nur über das harte Leben der Bauern informieren, sondern ihr Wissen auch gleich testen können. Zum Beispiel, indem sie an einem Tisch ausprobieren, welche der uns heute geläufigen Lebensmittel schon damals bekannt waren. Ein Tipp: Die Tomate gehört nicht dazu.

Das Mittelalter - also die Zeit zwischen dem 6. und 15. Jahrhundert in Europa - gilt oft als düstere und dunkle Epoche. Antikes Wissen wurde teilweise verworfen oder vergessen, das Diesseits mit seinen Herausforderungen von vielen Christen nur als Prüfung fürs Jenseits begriffen. Seuchen wie Lepra oder Pest wüteten und rafften Millionen Menschen dahin. Aber ganz so schwarzweiß kann man die Epoche dann doch nicht betrachten - auch das zeigt die aufwendig gestaltete Familienschau.

Für die Mittelalter-Ausstellung hat die Werkstatt des Museums für Franken geklotzt: Marktstände wurden gebaut, Erlebnisstationen, ein Pfahlzaun, wie er ursprünglich rund um die Festung oberhalb des Maintals gestanden haben muss - und natürlich ein Burgfräuleinbett. Alles riecht nach frischem Holz. Dazwischen kindgerechte Zeichnungen, die sich das Museum teils extra von der Hamburger Illustratorin und Mittelalter-Expertin Kristina Gehrmann hat anfertigen lassen, sagt die Kuratorin.

Das Konzept der Ausstellung basiert auf drei Elementen: Zum einen gibt es interessante historische Exponate, wie etwa einen mittelalterlichen Schnellkochtopf aus Ton, mit dem schon damals schnell und energiesparend gekocht werden konnte. Zum zweiten natürlich Wandtafeln. Die Texte dort aber seien „bewusst in einfacher Sprache gehalten“, damit sie auch jeder Besucher egal welchen Alters versteht. Und drittens gibt es viele Stationen, an denen man selbst etwas ausprobieren kann.

„Grundsätzlich gilt bei uns: alles, was nicht in Glasvitrinen steht, darf man auch anfassen“, erläutert Kuratorin Genslein. Das können beispielsweise Textilfasern wie Seide, Flachs und Wolle sein, die man auch im Mittelalter schon kannte. Oder ein Ritterhelm und Kettenschutz für den Kopf, den man sich einfach mal selbst aufziehen kann, um das Gewicht zu spüren. Ein Highlight dürfte für viele der Gäste das Märchenzelt sein, in dem man sich per Knopfdruck vier Geschichten erzählen lassen kann.

Fühlstationen, Kostümkisten und Leseecken mit Kuschelkissen - mitten in der Corona-Pandemie? Kuratorin Genslein nickt. Zum einen gilt in Museen ganz grundsätzlich 2G-Plus, also nur Geimpfte und Genesene kommen hinein, wenn sie zusätzlich einen aktuellen negativen Testnachweis vorzeigen. Das Ganze gilt ab 12 Jahren und drei Monaten, Schüler sind bei Vorlage eines Schülerausweises von der Testpflicht befreit. Testen lassen kann man sich direkt an der Museumskasse.

„Unser Hygienekonzept sieht zudem vor, dass wir nur eine bestimmte Zahl an Gästen gleichzeitig ins Museum lassen“, sagt die Kuratorin. Normalerweise sei die Zeit zwischen den Jahren im Museum für Franken die besucherstärkste im ganzen Jahr: „Aber natürlich ist 2G-Plus für viele eine Hürde.“ Doch die Schau in eine wärmere Jahreszeit und damit in eine vielleicht Corona-freiere zu verschieben, sei keine Option gewesen: „Die Ausstellung hätte eigentlich schon im Dezember 2020 starten sollen.“

Wer die Auflagen erfüllt - dazu gehört auch die FFP2-Maskenpflicht - kann entspannte Stunden in der neuen Ausstellung verbringen. Nicht nur, weil sich unterschiedliche Teile der Schau an verschiedene Altersgruppen richten. Sondern auch, weil sie viel Halbwissen aus dem Alltag aufgreift und schärft. Etwa, dass viele unserer Sprichwörter aus dem Mittelalter stammen. Bei der Frage, was sie eigentlich bedeutet haben - da dürften die meisten vor dem Museumsbesuch aber „auf dem Holzweg“ sein. (00/4206/16.12.2021)

Landeskriminalamt arbeitet Geschichte der "Landfahrerzentrale" auf

Verfolgung von Sinti und Roma: Beamte noch mehr sensibilisieren

Von Imke Plesch (epd)

München (epd). Das Bayerische Landeskriminalamt (BLKA) hat sich im Rahmen einer Promotion mit der Geschichte der sogenannten Landfahrerzentrale in der eigenen Behörde auseinandergesetzt. Bei dieser Stelle, die von 1946 bis 1965 beim BLKA angesiedelt war, wurden unter anderem Menschen unter der Fremdbezeichnung „Zigeuner“ zentral erfasst. „Die Auseinandersetzung mit diesem gesellschaftspolitisch sehr bedeutenden, aber wenig beachteten Thema ist uns ein großes Anliegen“, sagte BLKA-Präsident Harald Pickert bei der Vorstellung der Promotion am Dienstag in München.

Junge Beamte bei der Bayerischen Polizei sollten schon in der Ausbildung für die historischen Verletzungen von Sinti und Roma sensibilisiert werden und Verantwortung dafür tragen, dass sich so etwas nicht wiederhole. Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, äußerte Anerkennung und Respekt für die Forschungsarbeit: Sie habe eine hohe Relevanz für Wissenschaft und Politik.

In der politischen und polizeilichen Kontrolle und Verfolgung von „Zigeunern“ und „Landfahrern“ hätten die bayerischen „Zigeunerermittler“ bereits im Kaiserreich eine Vorreiterrolle eingenommen, erklärte Eveline Diener, Autorin der Promotion und Kriminalhauptkommissarin beim BLKA. Das 1926 erlassene „Gesetz zur Bekämpfung von Zigeunern, Landfahrern und Arbeitsscheuen“ sei dann das radikalste seiner Art im gesamten Deutschen Reich gewesen. 1938 wurde die bei der Polizeidirektion München angesiedelte „Zigeunerzentrale“ mitsamt ihren Mitarbeitern und Unterlagen in die Berliner „Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ versetzt.

Diener erklärte, nach dem Ende des NS-Regimes habe es keinen Bruch, sondern eine Fortsetzung der Arbeit der Stelle gegeben. Die später „Landfahrerzentrale“ genannte Stelle habe weiter Daten gesammelt und ausgewertet, um alle „mit Landfahrern zusammenhängenden kriminalpolizeilichen Fragen“ zu beantworten, zitierte Diener. Für diese Arbeit seien bevorzugt „Beamte alter Schule“ mit Vorerfahrung in der NS-Zeit gesucht worden. Auch die Sprachwahl habe sich nach dem Ende der NS-Zeit kaum geändert. In großen Teilen der Bevölkerung habe weiterhin eine stark antiziganistische Haltung geherrscht.

Eine wichtige Aufgabe der Landfahrerzentrale in der Nachkriegszeit sei die Unterstützung der Entschädigungsbehörden gewesen: Wenn ein Angehöriger der Sinti und Roma Entschädigung für Unrecht einforderte, das er während der NS-Zeit erlitten hatte, gab die Stelle ein Gutachten darüber ab, ob die Person entschädigungswürdig sei. „Diese Gutachten fielen selten zugunsten der Antragsteller aus“, erläuterte Diener. Die Beamten hätten sich stattdessen damit gebrüstet, dem Staat so viel Geld zu sparen.

Romani Rose ergänzte, dass die Schamlosigkeit der Beamten so weit gegangen sei, die tätowierten KZ-Nummern der Menschen als Identifizierungsmerkmal in die Akten mit aufzunehmen. Die enge Zusammenarbeit der „Landfahrerzentrale“ und der Entschädigungsbehörden, bei der ehemalige Täter Deutungsmacht über die Opfer bekommen hätten, sei eines Rechtsstaats unwürdig gewesen. Vielen verfolgten Sinti und Roma sei so eine Entschädigung vorenthalten worden.

Das Ziel der Landfahrerzentrale sei es gewesen, unter der Tarnbezeichnung „Landfahrer“ alle Angehörigen der Minderheit der Sinti und Roma „vom Kleinkind bis zum Greis“ allein auf Grundlage ihrer Abstammung zu erfassen. Kriminalität müsse selbstverständlich bekämpft werden, jedoch unabhängig von der Abstammung, sagte Rose. Alle Polizeibehörden in Deutschland sollten diesen Teil ihrer Geschichte kennen. Er wolle noch in dieser Woche in einem Gespräch Bundesratspräsident Bodo Ramelow bitten, die Geschichte der polizeilichen Verfolgung von Sinti und Roma auch in anderen Bundesländern aufzuarbeiten. (00/4213/14.12.2021)

Richtfest für ehemalige Allersheimer Synagoge im Freilandmuseum

Ansbach/Bad Windsheim (epd). Rund eineinhalb Jahre nach Beginn des Wiederaufbaus der ehemaligen Allersheimer Landsynagoge im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim wurde Richtfest gefeiert. Als erstes Freilandmuseum Süddeutschlands wird die Einrichtung des Bezirks Mittelfranken über eine wiedererrichtete Synagoge verfügen, teilte das Museum am Dienstag mit. Die Synagoge aus dem Landkreis Würzburg schließt Museumsleiter Herbert May zufolge „die Lücke der Religionsgemeinschaften, die im ländlichen Franken über die Jahrhunderte eine Rolle spielten“.

Wie auch der Spatenstich zum Wiederaufbau im Frühjahr 2020 fand auch das Richtfest wegen der anhaltenden Corona-Pandemie ohne großes Publikum statt. Auf dem Museumsgelände findet die Synagoge zwischen dem Schulhaus und der Weiltinger Scheune in der „Baugruppe West“ ihren Platz. Analog zu ihrem ursprünglichen Standort steht die typisch fränkische Landjuden-Synagoge „etwas am Rand des Dorfes“ und doch nahe am Dorfplatz. So könnten Besucher erleben, wie nahe und selbstverständlich im traditionellen fränkischen Dorf das Zusammenleben zwischen Juden und Christen war.

Die im Jahr 1740 errichtete Allersheimer Synagoge ist ein Beispiel für eine schlichte fränkische Landsynagoge, wie es vermutlich viele gab. Ihr äußeres Erscheinungsbild hat sie nur schwer von einem normalen Bauernhaus unterschieden. Sie beherbergte den Betsaal, die Wohnung des Rabbiners und ein Ritualbad im Keller, die Mikwe. Die Synagoge war vor sieben Jahren - im November 2014 - transloziert worden. Das heißt, sie wurde vor Ort in Einzelteile zerlegt und im Museumsdepot eingelagert. Am ursprünglichen Standort soll künftig eine Hinweistafel an die Synagoge erinnern. (00/4216/14.12.2021)

Zwei kostenlose Online- und Radiokonzerte der Windsbacher

Windsbach (epd). Auch der weltbekannte Windsbacher Knabenchor kann wegen der anhaltenden Corona-Pandemie viele seiner geplanten Konzerte in der Vorweihnachtszeit nicht geben - im Internet und Radio aber geben die Sänger unter Chorleiter Martin Lehmann gleich zwei Konzerte. Am Freitag (17. Dezember) veröffentlichen die Windsbacher auf ihrem Youtube-Kanal ein aufwendig produziertes Weihnachtskonzert aus der Ansbacher St. Gumbertuskirche - und am Sonntag (19. Dezember) ist der evangelische Knabenchor mit einem Konzert Teil des „Euro-Radio Weihnachstags“.

An diesem Freitag sind die Windsbacher außer mit traditionellen Weihnachtsliedern und Motetten auch erstmals vier Kompositionen von Peter Dörpinghaus (*1990) zu hören, die der Chor anlässlich seines 75-jährigen Bestehens in diesem Jahr in Auftrag gegeben hatte. Der Berliner Solotrompeter habe Musik für Chor und Blechbläser komponiert, die von den Windsbachern gemeinsam mit dem Salaputia Brass Quintett eingespielt wurde. Durch eine besondere Aufnahmetechnik sei für Zuhörer am Bildschirm, die einen Kopfhörer tragen, ein realitätsnaher räumlicher Höreindruck möglich.

Am vierten Adventssonntag singen die Windsbacher weihnachtliche Chormusik unter anderem von Morten Lauridsen, Francis Poulenc und Benjamin Britten. Auch dieses Konzert wurde aufgezeichnet, diesmal in der Laurentiuskirche Neuendettelsau. Mit dem Konzert, das ab 17 Uhr im Radiosender BR Klassik zu hören sein wird, sind die Windsbacher Teil des „Euro-Radio Weihnachtstags“ der European Broadcasting Union, einem Verband von mehr als 70 Rundfunksendern in Europa, in Vorderasien und Nordafrika. Die Windsbacher bitten wegen ihrer ausgefallenen Präsenz-Konzerte um Spenden. (00/4217/14.12.2021)

Umwelt und Natur

Störche mit Daunenjacke: Vögel stecken bayerischen Winter gut weg

Hilpoltstein (epd). Keine Angst um Störche im Schnee: Auch bei winterlichem Wetter muss sich niemand Sorgen um in Bayern überwinternde Störche machen. Schnee und Kälte schaden den Tieren hier nicht, teilte der Naturschutzverband LBV am Dienstag in Hilpoltstein mit, nachdem ihn viele besorgte Anrufe erreicht hätten. Die Weißstörche fänden noch immer genügend Nahrung wie Mäuse und kleine Fische und kämen auch ein bis zwei Wochen ganz ohne Nahrung aus.

Außerdem seien die großen Vögel durch das Aufplustern ihres dicken Gefieders gut geschützt und hätten „ihre eigene Daunenjacke sozusagen immer dabei“, erklärte die LBV-Weißstorch-Expertin Oda Wieding. Es bestehe also kein Grund zur Sorge, wenn man Weißstörche durch den Schnee stapfen sehe. Seit einigen Jahrzehnten fliegen nicht mehr alle Weißstörche im Herbst nach Afrika, sondern bleiben zur Überwinterung in Bayern. Aktuell sind dem LBV rund 300 Weißstörche bekannt, die die kalte Jahreszeit im Freistaat verbringen.

Mehr Sorgen machen müssten sich die Menschen dagegen um kleine Singvögel. Sie brauchen jeden Tag Futter und sollten daher kontinuierlich an Futterstellen im Garten versorgt werden, damit ein vergeblicher Anflug derselben Meise, Sperling oder Fink nicht unnötig Kraft kostet. (00/4209/14.12.2021)

Medien

Weiterhin regionale Fernsehgottesdienste in Oberfranken

Bayreuth(epd). Auch im Jahr 2022 können die Fernsehgottesdienste auf dem regionalen Sender TV Oberfranken fortgesetzt werden. Die Bayreuther Regionalbischöfin Dorothea Greiner bezeichnete das als „ein großes Weihnachtsgeschenk für die Menschen in Oberfranken“. Für die Sonntagsgottesdienste haben verschiedene Unternehmen aus Oberfranken Zuschüsse zugesagt, damit die Produktionskosten von 2.000 Euro pro Gottesdienst gestemmt werden können. 2021 wurden die Gottesdienste noch von der bayerischen Landeskirche bezuschusst; dies war jedoch bis Ende des Jahres befristet.

Die sehr gute Zuschauerresonanz ermutigte die Bayreuther Regionalbischöfin, auf einige Unternehmer zuzugehen, um die notwendige Gesamtsumme von 100.000 Euro für 2022 aufzubringen. Viele Unternehmen hätten bereits ihre Hilfe zugesagt, jedoch würden weitere Unterstützer gesucht. Die Hilfe ermögliche es, „die Hoffnung des Evangeliums in die Häuser der Menschen zu bringen“, so Greiner. Denn die Pandemie werde auch in diesem Winter viele daran hindern, Gottesdienste in den Kirchen zu besuchen.

Rund 40 verschiedene evangelische Kirchengemeinden des Bayreuther Kirchenkreises sind mit ihren Pfarrerinnen und Pfarrern sowie zahlreichen weiteren haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden an den Produktionen beteiligt. Jeder Gottesdienst erreiche über Kabel rund 15.000 Zuschauer im TVO-Sendegebiet, das die neun oberfränkischen Landkreise Bamberg, Bayreuth, Coburg, Forchheim, Hof, Kronach, Kulmbach, Lichtenfels und Wunsiedel sowie die kreisfreien Städte Bamberg, Bayreuth, Coburg und Hof umfasst. Über den neuen gemeinsamen Franken-Satelliten erstreckt sich die Reichweite auf ganz Franken und darüber hinaus. (00/4208/14.12.2021)