Kirchen

Münchner Regionalbischof Kopp neuer bayerischer Landesbischof

München (epd). Der bisherige Münchner Regionalbischof Christian Kopp wird Nachfolger von Heinrich Bedford-Strohm im Amt des bayerischen Landesbischofs. Der 58-Jährige setzte sich damit im zweiten Bischofswahl-Anlauf am Donnerstag mit 56 von insgesamt 102 abgegebenen Stimmen durch. Seine verbliebene Mitbewerberin, die Landshuter Dekanin Nina Lubomierski (47) erhielt 43 Stimmen, zudem gab es drei Enthaltungen. Der erste Anlauf zur Bischofswahl am Montag war nach sechs Wahlgängen ergebnislos beendet worden.

Kopp sagte, er nehme die Wahl „mit Freuden“ und „sehr großem Respekt“. Er danke „sehr, sehr herzlich“ für das Vertrauen: „Wir alle haben anstrengende Tage hinter uns, und die hinterlassen Spuren“, sagte Kopp. Er dankte den drei anderen Kandidierenden, neben Lubomierski standen am Montag auch noch die Direktorin von „Mission EineWelt“, Gabriele Hoerschelmann (55), und der Windsbacher Dekan Klaus Schlicker (56) zur Wahl. „Auch für euch waren das unfassbar anstrengende Tage“, sagte Kopp.

„Jetzt müssen wir wieder zusammenfinden“, sagte Kopp. Er glaube aber, dass die Synode trotz der beiden benötigten Wahl-Anläufe „beieinander ist“. Er sei der festen Überzeugung, dass es „nur gemeinsam“ gehe, die Kirche stehe vor herausfordernden Zeiten. Kirche sollte sich auf das konzentrieren, was sie ausmache, sagte er. Das sei etwa die Seelsorge, die im Mittelpunkt der kirchlichen Arbeit stehe. „Ich bin jetzt ziemlich platt und deshalb höre ich jetzt auch auf“, sagte der Münchner Noch-Regionalbischof zum Abschluss seines ersten Statements. Die Wahl nehme er - wie alles in seinem Leben - „aus Gottes Hand“.

Kopp folgt somit auf den noch amtierenden Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, dessen Amtszeit nach zwölf Jahren am 31. Oktober endet. Bedford-Strohms Verabschiedung und Kopps Amtseinführung sollen am 29. Oktober 2023 in der Nürnberger St. Lorenzkirche stattfinden.

Käßmann sieht Vorbehalte gegen Waffenlieferungen

Weimar (epd). Die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, sieht in der Gesellschaft eine große Gruppe, die Waffenlieferungen ablehnend gegenübersteht. „Nach jedem Gottesdienst werde ich angesprochen von Menschen, die Angst haben, dass wir Kriegspartei werden, verbunden mit der Frage, warum die Kirche Waffenlieferungen befürwortet“, sagte Käßmann der in Weimar erscheinenden Mitteldeutschen Kirchenzeitung „Glaube+Heimat“ (Ausgabe vom 2. April).

Käßmann widersprach Äußerungen, dass Waffen Leben retten könnten. „Ich persönlich denke, Waffen töten zuallererst. Das kann ich nicht ausblenden“, sagte Käßmann der Zeitung. Wenn deutsche Panzer russische Soldaten töteten, werde sie nicht jubilieren können. „Waffen werden produziert, um zu töten“, sagte Käßmann.

Dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte sie, sie wolle mit ihren Äußerungen aber nicht den Eindruck erwecken, damit die friedensethische Position ihrer Nachfolgerin im Amt des EKD-Ratsvorsitzes Annette Kurschus zu kritisieren.

In dem Interview mit „Glaube und Heimat“ sagte sie, sie akzeptiere, dass es in der evangelischen Kirche, unterschiedliche Meinungen gebe. „Seit ich denken kann, waren Pazifisten in einer Minderheitenposition. Der Protestantismus neigt seit Luther auch zu einer gewissen Obrigkeitshörigkeit“, sagte die Theologin.

Befürworter wie Gegner von Waffenlieferungen müssten sich mit den jeweiligen Argumenten der Gegenseite auseinandersetzen, sagte die Theologin der Kirchenzeitung. So habe sie in einem alten Gebetsbuch für deutsche Soldaten unter dem fünften Gebot „Du sollst nicht töten“ die Klammer entdeckt: „Gilt nicht im Kriegsfall“. Ihr persönlich sei diese Sicht zu einfach. „Wenn wir es aber nicht mehr in der Kirche schaffen, miteinander zu reden, dann sind wir wenig glaubwürdig“, sagte Käßmann.

Die Friedensbotschaft Jesu sei dagegen klar und „absolut radikal“. Im Neuen Testament heiße es: „Steck das Schwert an seinen Ort! Liebet Eure Feinde.“ Letzteres sei das Schwerste, was Jesus hinterlassen habe, erklärte Käßmann unter Verweis auf ein Zitat des US-amerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King (1929-1968). Zudem regte die Theologin an, dass Soldaten, wie früher Wehrdienstverweigerer, sich einer Gewissensprüfung unterziehen sollten.

Rheinische Kirche veröffentlicht Missbrauchsstudie zu Schülerheim

Moers (epd). Die erste Studie zu sexualisierter Gewalt im Bereich der rheinischen Kirche hat auch strukturelle Ursachen für Missbrauch festgestellt. Die am Donnerstag von der Evangelischen Kirche im Rheinland vorgestellte Untersuchung beschäftigt sich mit Gewalt gegen Jungen im evangelischen Schülerheim Martinstift im niederrheinischen Moers in den 1950er Jahren. Dabei gehe es auch um die Auswirkungen der Gewalt des damaligen Leiters des Martinstifts, Johannes Keubler, hieß es. Er wurde wegen körperlicher Züchtigung und sexuellen Missbrauchs der Schüler angezeigt, fristlos entlassen und 1956 vom Landgericht Kleve zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt.

Die zweitgrößte deutsche Landeskirche hatte die Bergische Universität Wuppertal und die Fachhochschule Potsdam mit dem Forschungsprojekt beauftragt. Nach Einschätzungen der Forscher waren etwa 80 Schüler von Übergriffen betroffen. Finanziert wurde die Studie von der rheinischen Kirche, dem Kirchenkreis und der Kirchengemeinde Moers sowie dem Diakonischen Werk Rheinland-Westfalen-Lippe.

Die Gewalt gegen Jungen im Martinstift war der Untersuchung zufolge zwar noch von Haltungen des kurz zuvor zu Ende gegangenen Nationalsozialismus geprägt. Sie sei aber dennoch vergleichbar mit Konstellationen, die auch heute noch gewaltsames Verhalten von Pädagoginnen und Pädagogen gegenüber Kindern und Jugendlichen ermöglichen, hieß es. Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass trotz grundlegender Veränderungen in der Pädagogik seit den 1950er Jahren das Machtgefälle zwischen Schülerinnen und Schülern sowie Pädagoginnen und Pädagogen bestehen bleibt. Eltern überließen ihre Kinder auch heute noch Pädagogen im Vertrauen auf deren berufliche Fähigkeiten und persönliche Integrität.

Dieses Vertrauen nutzten Täter wie im Fall des Martinstifts aus, heißt es in der Studie. Daher komme es nach wie vor zu „Gewaltkonstellationen in institutionalisierten pädagogischen Kontexten“. Die Verantwortung der Erwachsenengeneration für Kinder und Jugendliche sei ein Fundament aller pädagogischen Beziehungen. Diese könnten zu jeder Zeit missbraucht werden.

Nach dem Gerichtsurteil gegen Keubler habe der Träger des Martinstifts das Vergessen gefördert und weder Kirche noch Diakonie hätten Interesse an den Betroffenen gezeigt, hieß es weiter. Das Image des Alumnats und der Diakonie habe nicht beschädigt werden sollen. Die Untersuchung der Verbrechen in dem Jungeninternat wurde erst aufgenommen, nachdem einer der Betroffenen 2019 Antrag auf Entschädigung gestellt hatte. Er sieht sich laut Studie für sein Leben von der Gewalt gezeichnet, die er im evangelischen Martinstift erlitten hat. So habe er kaum Vertrauen zu anderen Menschen fassen können.

Papst Franziskus geht es offenbar besser

Rom/Bonn (epd). Papst Franziskus scheint nach seiner Erkrankung wieder auf dem Weg der Genesung. Er habe sich über Nacht im Krankenhaus gut erholt, teilte das Portal „Vatican News“ am Donnerstag in Rom mit. Nach dem Frühstück am Donnerstagmorgen habe der 86-Jährige einige Zeitungen gelesen und seine Arbeit wieder aufgenommen. Es sei weiter unklar, ob Franziskus rechtzeitig zum Palmsonntag zurück im Vatikan sein werde.

Am Mittwochnachmittag war bekannt geworden, dass Franziskus wegen einer Atemwegsinfektion einige Tage im Gemelli-Krankenhaus in Rom bleiben muss. Der Vatikan teilte mit, der Papst leide nicht an Covid.

Die deutschen katholischen Bischöfe „wünschen dem Heiligen Vater gute Besserung und beten für eine rasche Genesung“, twitterte die Deutsche Bischofskonferenz. Der Papst bedankte sich laut Vatikansprecher Matteo Bruni für die Anteilnahme der Menschen.

Bedauern über Rückzug des päpstlichen Kinderschützers Zollner

München (epd). Die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ hat den Rückzug des katholischen Kinderschutz-Experten Hans Zollner aus der päpstlichen Kinderschutzkommission bedauert. Damit gehe der Kommission die umfassende Kompetenz des international anerkannten Theologen und Psychotherapeuten verloren, sagte Sprecher Christian Weisner am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Der Vatikan hatte Zollners Rücktritt am Mittwoch bekannt gegeben. Zollner erklärte anschließend bei Twitter, er sehe drängende strukturelle Probleme der Kommission, daher sei es ihm nicht möglich, seine Arbeit fortzusetzen. Der Papst habe seinen Rücktritt bereits am 14. März angenommen.

„Wir sind Kirche“ erklärte, Zollners überraschender Rücktritt und seine deutliche Kritik bezüglich Auswahl der Kommissionsmitglieder, finanzieller Rechenschaft und Transparenz der Entscheidungen in der Kommission wiesen erneut überdeutlich darauf hin, wie schwer es sei, strukturelle Reformen innerhalb der vatikanischen Behörden wirksam umzusetzen.

Die internationale Reformbewegung befürchtete eine Schwächung des Kinderschutzes im Vatikan und in der Weltkirche, die unverantwortlich sei. So wie beim deutschen Reformprozess Synodaler Weg müsse auch bei dem von Papst Franziskus einberufenen weltweiten synodalen Prozess der Kinderschutz und die dafür nötigen theologischen Grundlagen wie auch die strukturellen Reformen behandelt werden, forderte Weisner. Dies betreffe vor allem die Sexualmoral und das überhöhte Amtsverständnis der Priester und Bischöfe.

Der gebürtige Regensburger Zollner ist Jesuitenpater und Psychologe und gilt als einer der führenden Missbrauchs-Experten in der katholischen Kirche. 2014 war er Gründungsmitglied der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen. Der 56-Jährige erklärte, er wolle sich auf sein neues Amt als Berater der Diözese Rom konzentrieren und bleibe auch Leiter des von ihm gegründeten Instituts für Anthropologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana.

Pop-up-Taufe in Berliner Marienkirche

Berlin (epd). In der Berliner Marienkirche haben sich am Mittwoch sechs Erwachsene spontan taufen lassen. Vier Frauen und zwei Männer hätten das Angebot einer Pop-up-Taufe genutzt, sagte Pfarrer Alexander Heck von der evangelischen Gemeinde St. Marien-Friedrichswerder. Die Täuflinge seien zwischen 50 und 60 Jahre alt gewesen.

Pop-up-Taufen wird es in der Marienkirche demnach in diesem Jahr an jedem dritten Mittwoch im Monat geben. Es sei bereits die dritte Taufe in dieser Form gewesen, fügte Heck hinzu. Bei Pop-up-Taufen können sich Gläubige auch ohne vorherige Anmeldung nach einem unmittelbar davor stattfindenden Gespräch taufen lassen. Die Aktion findet im Rahmen des von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ausgerufenen „Jahrs der Taufe“ statt.

Katholischer Preis gegen Rassismus an drei Institutionen

Bonn (epd). Die Katholische Erwachsenenbildung Sachsen-Anhalt gewinnt in diesem Jahr den Katholischen Preis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Sie erhalte die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung für ihr Projekt „Kirche für Demokratie. Verantwortung übernehmen - Teilhabe stärken“, teilten die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) am Donnerstag in Bonn mit. Das Projekt der Erwachsenenbildung bildet nach Angaben der Jury Ehrenamtliche zu Demokratieberaterinnen und -beratern aus, die sich an ihren Arbeitsplätzen und in katholischen Organisationen gegen Diskriminierung und Rassismus engagieren.

Den zweiten Preis in Höhe von 3.000 Euro erhielt den Angaben zufolge der Bund der St. Sebastianus Schützenjugend für ihre Abgrenzung gegen Versuche von rechts, das Schützenwesen zu vereinnahmen. Der dritte Preis mit 2.000 Euro ging an das Integrationsprojekt „Mädchen für Migranten“ am Erzbischöflichen St. Ursula-Gymnasium im oberbayerischen Lenggries.

Die Deutsche Bischofskonferenz verleiht den Katholischen Preis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus seit 2015 alle zwei Jahre. In diesem Jahr zeichnen die Bischofskonferenz und das ZdK erstmals gemeinsam Initiativen und Projekte aus. Die Preise werden am 14. Juni in Dresden verliehen.

Wie ein Blumenstrauß für die Füße

Die Tradition der Fußwaschung am Gründonnerstag

Von Christine Süß-Demuth (epd)

Freiburg (epd). Am Abend vor seinem Tod am Kreuz steht Jesus vom letzten Abendmahl mit seinen Jüngern auf, gießt Wasser in ein Becken und beginnt, ihnen die Füße zu waschen. So steht es im Johannesevangelium. Die Kirchen erinnern am Gründonnerstag (6. April) vielerorts an die Demutsgeste Jesu, dieses Jahr zum Beispiel in Karlsruhe. Zwölf Stühle, zwölf Schüsseln mit warmem Wasser, Seife und Handtuch: Mitten auf dem Marktplatz wollen der evangelische Dekan Thomas Schalla und der katholische Dekan Hubert Streckert Passanten die Füße waschen. Und sind gespannt, wie das biblische Ritual ankommt: ob Menschen darin eine Wertschätzung erkennen oder es als unangenehm und peinlich ablehnen.

In der Antike gehörten Fußwaschungen ganz selbstverständlich zur Körperhygiene, weil die Menschen mit Sandalen über staubige Straßen liefen, erklärt die Freiburger Theologin Anni Hentschel: „Es war ein alltägliches Ritual, wie heute das Duschen oder Zähneputzen.“

Bekannt sind rituelle Fußwaschungen vor allem aus der katholischen Kirche. Der Papst und auch Priester waschen traditionell an Gründonnerstag anderen Gläubigen die Füße. Für Aufsehen sorgte Papst Franziskus im Jahr 2013, als er erstmals nicht Priestern in einer Kirche, sondern Häftlingen in einem Gefängnis die Füße wusch. Unter ihnen waren auch eine katholische Italienerin und eine muslimische Serbin, also zwei Frauen - ein weiterer Bruch mit der Tradition. Offiziell ist die Teilnahme von Frauen an der Fußwaschung in der katholischen Kirche erst seit 2016 erlaubt.

Im vergangenen Jahr war der Papst zur Fußwaschung im Gefängnis von Civitavecchia und erklärte laut „Vatican News“, das sei Jesu Botschaft: „Ihr müsst euch gegenseitig dienen; einer dient dem anderen, ohne Interesse.“

Außerhalb der Kirchen gibt es Fußwaschungen allenfalls im medizinischen Bereich. „Wir können mit der Fußwaschung in unserem kulturellen Kontext nichts anfangen“, sagt Anni Hentschel, Professorin für Neues Testament und Diakoniewissenschaft an der Evangelischen Hochschule Freiburg: „Dass mit der Fußwaschung eine Ehre verbunden sein könnte oder sogar ein gewisser Verwöhnfaktor, ist uns in der Regel völlig fremd.“

In der Zeit Jesu hatten Häuser als Zeichen der Gastfreundschaft ein Fußwaschbecken, in dem sich die Gäste ihre Füße selbst säubern konnten. Gelegentlich wurde diese Aufgaben auch von Sklaven übernommen oder - als besondere Ehre - vom Gastgeber.

Wenn Kinder ihren Eltern, Gastgeber ihren Gästen, Schülerinnen und Schüler ihren Lehrern oder Geliebte ihrem Partner die Füße wuschen, sei das als angenehm, wertschätzend verstanden worden. „Es war ein Liebeserweis, verbunden mit einer zärtlichen Berührung“, erklärt Hentschel. Vergleichbar sei dies heute etwa mit dem Schenken eines schönen Blumenstraußes.

Auch im kultischen Bereich spielte die rituelle Waschung einst eine wichtige Rolle, etwa vor dem Betreten des Heiligtums oder Tempels. Das Besondere an der biblischen Erzählung von der Fußwaschung im 13. Kapitel des Johannes-Evangeliums sei es, dass Jesus seinen Jüngern die Füße gewaschen habe und nicht umgekehrt. Die Bedeutung des Rituals zeige sich auch daran, dass es nicht vor dem Essen zur Reinigung stattfand, sondern während der gemeinsamen Mahlzeit. Es sei ein Zeichen der Wertschätzung, erklärt Hentschel, die zum Thema „Die Fußwaschungserzählung im Johannes-Evangelium“ habilitiert hat.

Positive Erfahrungen mit einer Fußwaschung nach biblischem Vorbild haben evangelische Pastoren im vergangenen Jahr auf der Hamburger Reeperbahn gemacht: Das Angebot der Hamburger „Pop-up Church“ wurde von Partygängern und Passanten so gut angenommen, dass die frischen Handtücher ausgingen.

Theologin: Fußwaschung ist Zeichen der Liebe

epd-Gespräch: Christine Süß-Demuth

Freiburg (epd). Vor seiner Kreuzigung hat Jesus den Jüngern laut den biblischen Berichten die Füße gewaschen: Das war ein Zeichen der Wertschätzung und Liebe, wie die evangelische Theologin Anni Hentschel erklärt. Auch wenn das Ritual heute eher als unangenehm empfunden werde, sei eine Fußwaschung zu Zeiten Jesu kein Zeichen der Erniedrigung oder Sklavendienst gewesen, sagte die Professorin von der Evangelischen Hochschule Freiburg im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie sprach stattdessen von einem „Liebeserweis“.

In der Antike seien Fußwaschungen alltäglich und selbstverständlich gewesen. Wenn Kinder ihren Eltern, Gastgeber ihren Gästen, Schülerinnen und Schüler ihren Lehrern oder Geliebte ihrem Partner die Füße gewaschen hätten, sei das für beide angenehm gewesen. Dies sei heute vielleicht vergleichbar mit dem Schenken eines schönen Blumenstraußes, sagte Hentschel.

Das Besondere an der biblischen Erzählung von der Fußwaschung im 13. Kapitel des Johannes-Evangeliums sei es, dass Jesus seinen Jüngern die Füße gewaschen habe und nicht umgekehrt. Die Bedeutung des Rituals zeige sich auch daran, dass es nicht vor dem Essen zur Reinigung stattfand, sondern während der gemeinsamen Mahlzeit. Hentschel hat zum Thema „Die Fußwaschungserzählung im Johannes-Evangelium“ habilitiert. Heute ist das Ritual der Fußwaschung am Gründonnerstag vor allem aus der katholischen Kirche bekannt.

Fußwaschung als Zeichen der Wertschätzung und Liebe

Evangelische Theologin erklärt das biblische Gründonnerstags-Ritual

epd-Gespräch: Christine Süß-Demuth

Freiburg (epd). Dass Jesus seinen Jüngern am Abend vor seiner Kreuzigung die Füße gewaschen hat, ist nach Auffassung der evangelischen Theologin Anni Hentschel ein Zeichen der Wertschätzung und kein Sklavendienst oder Zeichen der Erniedrigung. Es sei ein „Liebeserweis“, sagte Hentschel im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie ist Professorin an der Evangelischen Hochschule Freiburg und hat sich in ihrer Habilitation mit der Fußwaschungserzählung im Johannesevangelium beschäftigt.

epd: Was hat Sie bewegt, sich mit der biblischen Erzählung der Fußwaschung wissenschaftlich zu befassen?

Hentschel: Die Fußwaschungserzählung ist ein faszinierender Text voller Rätsel. Bei seinem letzten Mahl teilt Jesus im Johannesevangelium nicht Brot und Wein, sondern wäscht Füße. Er fordert seine Schülerinnen und Schüler auf, seinem Vorbild zu folgen, Füße zu waschen beziehungsweise sich gegenseitig zu lieben.

Die Frage ist, wofür die Fußwaschung steht. Ein Sklavendienst und Zeichen der Erniedrigung Jesu bis zum Kreuzestod? Eine Waschung als Zeichen von Reinigung und Sündenvergebung? Oder ein Liebeserweis und symbolischer Ausdruck der Sendung Jesu, der im Namen Gottes dessen Liebe in die Welt bringen soll?

Meine Forschungen weisen in Richtung Liebeserweis. Die Fußwaschung Jesu findet während der Mahlzeit statt und ist von daher keine Reinigung im Rahmen der Gastfreundschaft, sondern eher ein Ritual, mit dem Schülerinnen und Schüler ihrem Lehrer eine Ehre erweisen. Die Besonderheit ist, dass Jesus als Lehrer hier Füße wäscht.

epd: Das Ritual der Fußwaschung ist vor allem aus der katholischen Kirche bekannt. Warum durften dort bis 2016 offiziell nur Männern die Füße gewaschen werden?

Hentschel: Das Ritual der Fußwaschung im Gründonnerstagsgottesdienst hat sich kirchengeschichtlich sehr spät durchgesetzt. Weil man sich das letzte Mahl Jesu als Abschiedsmahl Jesu mit seinen zwölf namentlich ausgewählten Jüngern vorgestellt hat, wurden entsprechend auch Männer ausgewählt. Mittlerweile ist sowohl in der Forschung als auch in der kirchlichen Praxis stärker im Bewusstsein, dass Männer und Frauen Jesus nachgefolgt sind und von ihm beauftragt wurden.

epd: Könnte die Fußwaschung auch ein Zeichen für Frieden und Versöhnung sein, etwa zwischen Konfessionen?

Hentschel: Ein geschwisterlicher Liebesdienst innerhalb von Gemeinden, der sich auch auf die Gemeinschaft zwischen Konfessionen und vielleicht sogar Religionen auswirkt, das wäre sicher im Sinne des Johannesevangeliums. Trotzdem glaube ich nicht, dass die Fußwaschung für uns heute als Ritual geeignet wäre. Wir können damit in unserem kulturellen Kontext nichts anfangen. Für uns ist es gefühlsmäßig ein Sklavendienst und eher peinlich für alle Beteiligten.

In der Zeit Jesu waren Fußwaschungen alltäglich und selbstverständlich. Wenn Kinder ihren Eltern, Gastgeber ihren Gästen, Schülerinnen und Schüler ihren Lehren oder Geliebte ihrem Partner die Füße gewaschen haben, war das für beide angenehm. Es war eine Wertschätzung und ein Liebeserweis, verbunden mit einer zärtlichen Berührung. Vielleicht könnte man das damit vergleichen, wenn wir einen schönen Blumenstrauß schenken oder geschenkt bekommen.

Gesellschaft

Greenpeace: Immer mehr Privatflüge in Deutschland

Berlin (epd). Die Zahl der Privatflüge in Deutschland ist nach Angaben von Greenpeace im vergangenen Jahr um rund drei Viertel auf gut 58.000 gestiegen. Damit liege Deutschland in der EU auf dem zweiten Platz hinter Frankreich, erklärte die Umweltschutzorganisation am Donnerstag in Berlin. Europaweit habe sich der Ausstoß von Treibhausgasen durch Privatjetflüge 2022 mehr als verdoppelt, zeige eine Studie des niederländischen Beratungsunternehmens CE Delft im Auftrag von Greenpeace.

Dieser „alarmierende Anstieg“ sei das Gegenteil dessen, was die Klimawissenschaft fordere, sagte Greenpeace-Mobilitätsexpertin Lena Donat: „Der CO2-Ausstoß im Verkehr muss drastisch sinken. Mit den jüngsten Beschlüssen der Koalition wird das nicht passieren. Zu den eigentlich nötigen Maßnahmen gehört auch ein Verbot von Privatjets.“

Den Angaben zufolge hatte die Zahl der Privatflüge in Deutschland bereits 2021 das Vor-Corona-Niveau von 2019 überschritten. Der CO2-Ausstoß der Flüge addiere sich auf zuletzt 208.600 Tonnen, erklärte Greenpeace. „Das entspricht etwa dem CO2-Schaden, den 130.000 Pkw pro Jahr anrichten.“ In Deutschland werde die Strecke Berlin-Köln am häufigsten geflogen, die mit der Bahn viereinhalb Stunden dauere.

Europaweit sei die Zahl der Privatjetflüge 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 64 Prozent auf 572.806 „rasant gestiegen“, hieß es. 2021 seien rund 350.000 solcher Flugverbindungen registriert worden, 2020 waren es etwa 118.750. Von 2020 bis 2022 betrage damit die Zunahme an Privatjetflügen in Europa 382 Prozent. Dieser extreme Anstieg sei etwas verzerrt, da er das Jahr 2020 mit den strengsten Reisebeschränkungen einschließt. Die Branche habe sich von einem kurzfristigen Einbruch in 2020 „mit unglaublicher Geschwindigkeit erholt“, hieß es.

Laut Studie hat sich europaweit der Ausstoß von Treibhausgasen durch Privatjetflüge im vergangenen Jahr auf 3,3 Millionen Tonnen mehr als verdoppelt. Gut die Hälfte der europaweiten Flüge (55 Prozent) waren 2022 Kurz- und Ultrakurzflüge von weniger als 750 Kilometern. Zum Vergleich: Im Vorjahr betrug die Menge rund 1,6 Millionen Tonnen. Für 2020 listet die Studie 354.690 Tonnen an klimaschädlichem CO2 durch Flüge mit privaten Jets auf.

Emissionen von Privatjets sind laut Greenpeace in der EU bislang nicht reguliert, obwohl sie pro Passagier fünf- bis 14-Mal so viele Treibhausgase verursachen wie kommerzielle Flüge und 50-Mal mehr als eine Zugfahrt auf der gleichen Strecke.

Im Jahr 2018 habe ein Prozent der Weltbevölkerung die Hälfte der weltweiten Flugemissionen verursacht, während 80 Prozent der Weltbevölkerung noch nie geflogen sei. „Während Superreiche mit Privatjets fliegen, als gäbe es kein Morgen, leiden ärmere Menschen aus dem globalen Süden am stärksten unter den Konsequenzen der Kimakrise“, sagte Donat. Klimaschädliche Privatjets seien die rücksichtsloseste Form der Mobilität.

Die Erhebung von CE Delft analysierte die Anzahl, die Entwicklung und die CO2-Emissionen von Privatjetflügen in allen EU-Staaten sowie Norwegen, in der Schweiz und Großbritannien von 2020 bis 2022. Die CO2-Emissionen aller Flüge pro Land wurden mit dem Eurocontrol Small Emitters Tool berechnet.

Im Klimaschutzgesetz wird Ministerpflicht zur Kür

Mey Dudin (epd)

Berlin (epd). Als die schwarz-rote Bundesregierung am 9. Oktober 2019 das Klimaschutzgesetz auf den Weg brachte, beschrieb die damals zuständige SPD-Ministerin Svenja Schulze die Wirkung so: „Die Zeit, wo die Umweltministerin bitte, bitte gesagt hat und den anderen ständig auf die Füße treten musste, diese Zeit ist jetzt endgültig vorbei.“ Denn mit dem Regelwerk, das gut einen Monat später den Bundestag passierte, wurden jährliche Klimaziele für einzelne Sektoren festgezurrt. Erfasst sind die sechs Bereiche Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft. Niemand sollte sich mehr davonstehlen können.

Die Praxis sieht anders aus. Nur einmal erreichte Deutschland seine Klimaziele, und zwar im Jahr 2020. Damals gingen die CO2-Emissionen gegenüber 1990 um knapp 41 Prozent zurück. Grund waren aber nicht effektive Klimaschutzmaßnahmen, sondern vor allem die ersten Lockdowns der Corona-Pandemie. 2021 stieg der Treibhausgasausstoß wieder deutlich an - und die Bereiche Verkehr und Gebäude verfehlten die gesetzlich festgelegten Sektorziele. 2022 verpassten beide Sektoren die Klimaziele erneut.

Das Klimaschutzgesetz nimmt die zuständigen Ministerien in diesem Fall in die Pflicht, Sofortprogramme vorzulegen. Die Idee dahinter: Zusätzliche Maßnahmen sollen sicherstellen, dass das Ziel doch noch erreicht wird, den Treibhausgas-Ausstoß bis 2030 um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken.

Für den Gebäudesektor legten im vergangenen Sommer Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einen gemeinsamen Maßnahmenplan vor. Auch Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) präsentierte ein Sofortprogramm zur Minderung der Treibhausgase in seinem Bereich. Der zuständige Expertenrat für Klimafragen, der die Bundesregierung berät, billigte den Plan für den Gebäudesektor, den für den Verkehr aber als völlig unzureichend nicht. Ein weitergehendes Programm legte Wissing nicht vor.

Nun beschloss der Koalitionsausschuss der Ampel-Koalition, „zeitnah“ das Klimaschutzgesetz zu ändern. In dem Ergebnispapier der Beratungen heißt es, dass künftig „anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung“ die Einhaltung der Klimaschutzziele überprüft werden soll. Anstatt also die zuständigen Ministerien alleine in die Pflicht zu nehmen, wird Klimaschutz zu einer „echten Querschnittsaufgabe“ der Regierung, in der die Sektoren lediglich „ihren Beitrag“ leisten. Voraussichtlich wird es also kein Gesetzesverstoß mehr sein, wenn ein Sektor hinter den Zielen zurückbleibt und das Ministerium nicht zügig nachbessert, solange alle Sektoren zusammen das Ziel erreichen.

Bei einer Regierungsbefragung im Bundestag warfen Abgeordnete von CDU und Linksfraktion am Mittwoch Kanzler Olaf Scholz (SPD) vor, das Klimaschutzgesetz aufzuweichen. Scholz sprach hingegen von einem „modernen“ Regelwerk. Er argumentierte, dass anstelle von „linearen Fortschreibungen“ auf „dynamische Veränderungen“ reagiert werde. Scholz zeigte sich überzeugt, dass die Lage eine andere sein wird, wenn „ab 2025“ etwa bezahlbare Elektromobile „in großer Zahl“ zur Verfügung stünden.

Umweltorganisationen stellen der Regierung indes ein vernichtendes Zeugnis aus. Germanwatch beklagte „Schlupflöcher“, mit denen „Klimaschutz vertagt werden kann“. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte einen „Freifahrtschein“ für Wissing und seine „Klimaschutzverweigerung“. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) betonte, das Klimaschutzgesetz verkomme zum „Papiertiger“.

UN-Gericht soll staatlichen Schutz gegen Klimawandel begutachten

New York, Genf (epd). Die UN-Vollversammlung hat beim Internationalen Gerichtshof ein Gutachten über den Klimawandel in Auftrag gegeben. Das höchste UN-Gericht solle die staatlichen Verpflichtungen zum Schutz der derzeitigen und künftigen Generationen vor den verheerenden Folgen der Erderwärmung klären, hieß es in einer am Mittwoch in New York angenommenen Resolution der Vollversammlung.

Der Internationale Gerichtshof solle sich im Besonderen mit dem Schaden auseinandersetzen, den der Klimawandel bei kleinen Inselstaaten anrichte. Der pazifische Inselstaat Vanuatu und andere Länder hatten die Abstimmung angestrengt. Vanuatu erhofft sich eine Signalwirkung des Rechtsgutachtens für mögliche juristische Klima-Auseinandersetzungen.

Der Klimawandel lässt den Meeresspiegel steigen und verursacht nach wissenschaftlicher Einschätzung immer stärkere Stürme. Von diesen Entwicklungen sind kleine Inselstaaten besonders bedroht. Der Internationale Gerichtshof sitzt in Den Haag

Lemke: Atomausstieg macht unser Land sicherer

Berlin (epd). Der bevorstehende Atomausstieg macht nach Worten der Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) Deutschland sicherer. Auch weiterer Atommüll werde vermieden, sagte sie am Donnerstag in Berlin. Es sei gut, dass Mitte April „eine neue Ära beginnt“. Nun müssten der Rückbau der Meiler und die Endlagerung der Abfälle in Angriff genommen werden. Die Ministerin warnte vor „rückwärtsgewandten Debatten“ über eine weitere Nutzung der Kernkraft.

Die Abschaltung der letzten drei laufenden Kernkraftwerke in Deutschland war ursprünglich für Ende 2022 geplant. Wegen der Energiekrise wurde der Atomausstieg aber um gut drei Monate verschoben. Durch eine Änderung des Atomgesetzes können die Kraftwerke Isar-2, Neckarwestheim-2 und Emsland noch bis zum Ablauf des 15. April weiterbetrieben werden.

Lemke betonte, „wir haben etwa drei Generationen lang Atomkraft genutzt in unserem Land und dabei Abfälle produziert, die noch für 30.000 Generationen gefährlich bleiben“. Der Atommüll werde zunächst zwischengelagert, müsse dann aber endgelagert werden. Für die Akzeptanz der Endlagersuche sei der Atomausstieg wichtig.

Zum Rückbau von Kernkraftwerken sagte sie, in mehr als sechs Jahrzehnten Atomkraftnutzung seien erst drei AKW vollständig zurückgebaut worden. Insgesamt müssten noch mehr als 30 Reaktoren zurückgebaut werden. Die Betreiber veranschlagten dafür in der Regel 10 bis 15 Jahre.

Berliner Registerstellen erfassen 700 rechte Vorfälle weniger

Berlin (epd). Die Berliner Registerstellen haben im vergangenen Jahr 700 weniger rechte, rassistische und diskriminierende Vorfälle in Berlin erfasst als 2021. Darunter waren etwa 500 sogenannte Propagandadelikte. Im Durchschnitt wurden pro Tag etwa elf Vorfälle dokumentiert, sagte Projektleiterin Kati Becker am Donnerstag. Insgesamt erfassten die Meldestellen mit ihren Kooperationspartnern in den zwölf Bezirken der Hauptstadt 4.156 Vorfälle (2021: 4.841).

Dokumentiert werden Vorfälle mit extrem rechtem, rassistischem, antisemitischem, queerfeindlichem, sozialchauvinistischem, behindertenfeindlichem und antifeministischem Hintergrund. Das reicht von Propagandadelikten bis hin zu Gewalttaten. Während alle anderen Vorfallsarten zurückgingen, erreichten queerfeindliche Anfeindungen laut Becker mit 239 einen Höchststand (2021: 199). Angefeindet wurden insbesondere Trans-Personen (81 Vorfälle). Ein Grund für die Zunahme liegt nach Einschätzung der Berliner Register auch in einer zunehmenden Sichtbarkeit der Trans-Community.

Die Rückgänge insgesamt führen die Meldestellen unter anderem auf das Ende der staatlichen Corona-Maßnahmen und die Proteste dagegen zurück.

Zahl der Fälle von Kinderpornografie erneut gestiegen

Berlin (epd). Die deutschen Behörden haben im vergangenen Jahr erneut einen Anstieg bei Herstellung, Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie registriert. Wie aus der am Donnerstag in Berlin vorgestellten Kriminalstatistik hervorgeht, gab es 2022 in Deutschland insgesamt 42.075 Fälle von Besitz oder Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen an Kindern. Das entspricht einem Anstieg von gut sieben Prozent. Die Zahl der Fälle von sogenannter Jugendpornografie summierte sich auf 6.746 Fälle (2021: 5.105). Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einem „entsetzlichen Ausmaß sexualisierter Gewalt an Kindern“.

Seit Beginn der Zusammenarbeit deutscher Behörden mit der US-Organisation NCMEC, die Verdachtsfälle von Kinderpornografie mit den entsprechenden Daten weitergibt, steigt die Zahl der registrierten Fälle in Deutschland sprunghaft an. 2019 meldete die Polizei 12.262 Fälle von Besitz, Herstellung oder Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen an Kindern. Das war damals ein Plus von 65 Prozent. 2020 wurden fast 19.000 Fälle registriert. 2021 gab es dann mehr als eine Verdoppelung auf rund 39.000 Fälle.

Die Meldungen des NCMEC hätten vor Augen geführt, wie groß das Dunkelfeld in diesem Bereich sei, sagte die Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Berlins Senatorin Iris Spranger (SPD). Nach ihren Worten soll das Thema bei der Frühjahrstagung der Innenministerinnen und -minister auf der Tagesordnung stehen.

Im Bereich von Kinder- und Jugendpornografie fällt den Behörden den Angaben zufolge auf, dass vor allem Kinder und Jugendliche selbst Bilder teilen, ohne sich offenbar der Strafbarkeit bewusst zu sein. Der Anteil der Tatverdächtigen unter 18 Jahren liegt demnach bei rund 41 Prozent.

Die Strafverfolgung in diesem Bereich ist inzwischen aus einem anderen Grund aber auch umstritten. Vor zwei Jahren hatte der Bundestag beschlossen, sexuelle Gewalt gegen Kinder grundsätzlich als Verbrechen zu ahnden, womit die Mindeststrafe bei einem Jahr Freiheitsentzug liegt und eine Einstellung von Verfahren nicht möglich ist. Das gilt seitdem auch für Herstellung, Besitz, Erwerb oder Verbreitung von Bildern und Filmen mit Missbrauchsdarstellungen. Weil nun auch Eltern, die Bilder und Filme aus Besorgnis weiterleiten, oder Schülern, die solche Darstellungen austauschen, Strafverfolgung droht, wird über eine zumindest teilweise Entschärfung der Reform diskutiert.

Ostermärsche 2023 thematisieren Krieg in der Ukraine

Hannover/Bremen (epd). Der anhaltende Krieg in der Ukraine ist das bestimmende Thema der diesjährigen Ostermärsche der Friedensbewegung. Bei vielen Demonstrationen und Kundgebungen stehe die Forderung nach einem Waffenstillstand und der Aufnahme von Friedensverhandlungen im Mittelpunkt, teilte das in Bonn ansässige Netzwerk Friedenskooperative am Donnerstag mit. Vom 6. bis 10. April gibt es bundesweit in mehr als 100 Städten Aktionen.

Angesichts der zahlreichen angekündigten Demonstrationen rund um den Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine zeige sich, „dass viele Menschen mit der passiven Rolle der Bundesregierung nicht einverstanden sind“, heißt es im Ostermarsch-Aufruf des Netzwerks Friedenskooperative. Der Krieg müsse beendet, Frieden verhandelt werden.

Zahl der Schutzsuchenden in Deutschland stark gestiegen

Wiesbaden (epd). Zum Jahresende 2022 sind in Deutschland 3,08 Millionen Menschen als Schutzsuchende im Ausländerzentralregister erfasst gewesen. Die Zahl der registrierten Geflüchteten stieg gegenüber dem Vorjahr um 1,14 Millionen, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Dieser höchste Zuwachs seit Beginn der Statistik im Jahr 2007 sei auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen, hieß es.

Als Folge des russischen Angriffskriegs suchten den Angaben zufolge bis zum Dezember rund eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer zumindest vorübergehend Schutz in Deutschland. Schutzsuchende sind Ausländerinnen und Ausländer, die sich aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründe in Deutschland aufhalten.

Die meisten Schutzsuchenden (2,25 Millionen) verfügten laut Bundesamt über einen humanitären Aufenthaltstitel. Der häufigste Status in dieser Gruppe war der vorübergehende Schutz gemäß der sogenannten Massenzustrom-Richtlinie der Europäischen Union, darunter fielen 703.000 Ukrainerinnen und Ukrainer. Am zweithäufigsten (574.000) war der Status als anerkannter Flüchtling nach der Genfer Konvention, darunter knapp 300.000 Menschen aus Syrien.

255.000 Schutzsuchende waren zum Jahresende 2022 nach einer Ablehnung in ihrem Asylverfahren oder nach Verlust ihres Schutzstatus ausreisepflichtig. Von ihnen wurden 219.000 Personen geduldet.

Der Anteil der Schutzsuchenden an der Gesamtbevölkerung war in Bremen (6,3 Prozent) sowie Hamburg und Berlin (je 4,8 Prozent) am höchsten. Am niedrigsten lag die Quote in Bayern und Brandenburg (je 2,8 Prozent) sowie Mecklenburg-Vorpommern (2,9 Prozent).

Italien wegen Inhaftierung von Migranten auf Lampedusa verklagt

Straßburg, Brüssel (epd). Die Haft sowie die Haftbedingungen in einem Aufnahmezentrum für Migranten auf der italienischen Insel Lampedusa haben nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Vier tunesische Staatsbürger hatten unter anderem gegen ihre Inhaftierung unter „unmenschlichen“ und „entwürdigenden Bedingungen“ geklagt, wie aus dem Urteil vom Donnerstag hervorgeht. Die italienische Regierung wurde verurteilt, jedem Kläger 8.500 Euro zuzüglich Kosten und Ausgaben zu zahlen, wie die Richter in Straßburg erklärten.

Die Kläger waren nach Angaben des EGMR 2017 bei der Überfahrt von Tunesien nach Europa in Seenot geraten. Ein italienisches Schiff rettete sie und brachte sie in einen sogenannten Hotspot, der für die Erstidentifizierung, Registrierung und Befragung von Migranten vorgesehen war. Dort seien die Migranten zehn Tage lang festgehalten worden, ohne dass sie über ihre Rechte aufgeklärt worden seien. Dies verstoße gegen Artikel 5 der Menschenrechtskonvention, wie die Richter erklärten.

Die Migranten klagten insbesondere über schlechte Hygiene und Platzmangel, wie aus dem Urteil hervorgeht. Die Richter betonten, dass Schwierigkeiten, die sich aus dem Zustrom von Migranten und Asylbewerbern ergeben könnten, die Mitgliedstaaten nicht von rechtlichen Verpflichtungen zu annehmbaren Bedingungen entbinden würden. Sie stellten in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Artikels 3 der Menschenrechtskonvention fest.

Die Kläger erklärten gegenüber dem EGMR auch, ihnen seien Dokumente zur Unterschrift vorgelegt worden, die sie nicht verstanden hätten. Später habe sich herausgestellt, dass es sich um Einreiseverbote gehandelt habe. Daraufhin seien sie nach Tunesien abgeschoben worden. Da die Einzelfälle nicht gesondert geprüft worden seien, stellte der Gerichtshof eine kollektive Ausweisung fest, welche gegen Artikel 4 der Menschenrechtskonvention verstoße.

Europarat kritisiert Misshandlung von Geflüchteten an EU-Grenzen

Brüssel, Straßburg (epd). Das Anti-Folter-Komitee des Europarates hat die europäischen Staaten aufgefordert, die „unmenschliche und erniedrigende Behandlung“ von Migranten zu beenden. Die illegalen Zurückweisungen (Pushbacks) an den europäischen Außengrenzen müssten beendet und Maßnahmen gegen die Misshandlung von Geflüchteten ergriffen werden, hieß es im Tätigkeitsbericht des Komitees, der am Donnerstag in Straßburg vorgestellt wurde. Man beobachte eine zunehmende Zahl von Fällen rechtswidriger Behandlung.

So lägen dem Komitee (CPT) zahlreiche glaubhafte Schilderungen von vorsätzlicher körperlicher Misshandlung durch Polizisten und Grenzschützer an den EU-Außengrenzen vor, wie Schüsse in Körpernähe von am Boden liegenden Personen. Geflüchtete würden auch gezwungen, sich auszuziehen und müssten die Grenzen barfuß, in Unterwäsche oder sogar gänzlich unbekleidet überqueren. Sie würden in Flüsse gestoßen, manchmal gar mit gefesselten Händen, während Hunde ohne Maulkorb gegen sie eingesetzt würden. Auch der Entzug von Wasser und Nahrung gehöre zu den gängigen Praktiken der Grenzschützer, hieß es im Bericht.

CPT-Präsident Alan Mitchell appellierte an die europäischen Mitgliedsstaaten, die Prinzipien des Völkerrechts in vollem Umfang einzuhalten. Dazu gehöre es, Folter zu unterbinden und konsequent gegen Menschenrechtsversetzungen vorzugehen. Mitchell kritisierte „das Zurückdrängen ausländischer Staatsangehöriger über die Grenzen hinweg, einschließlich ihrer Abschiebung auf See, ohne wirksamen Zugang zu Schutzmaßnahmen“. Die Misshandlung Geflüchteter gehöre zu Abschiebepraktiken, mit denen Migranten und Migrantinnen ohne Prüfung ihres Status in Länder zurückgebracht werden, in denen ihnen erneut Folter und Misshandlung drohe. Alle europäische Migrationspolitik müsse sich daran ausrichten, dass die Menschenrechte der Geflüchteten gewahrt werden, forderte das Komitee.

Amnesty International begrüßte den Bericht. Er zeige, dass grundlegende rechtliche Garantien und das Recht auf Asyl in ganz Europa nach wie vor missachtet würden, teilte die Organisation mit. Tausende Menschen erlebten an den Grenzen der EU Gewalt. Die Übergriffe auf Migrantinnen und Migranten hätten einen systematischen Charakter, während die Behörden nicht ausreichend dagegen vorgingen.

Bundeswehreinsatz "Sea Guardian" um ein Jahr verlängert

Berlin (epd). Die Bundeswehr beteiligt sich ein weiteres Jahr am Anti-Terror-Einsatz „Sea Guardian“ im Mittelmeer. Der Bundestag beschloss am Mittwoch in Berlin die Verlängerung des Mandats bis zum 31. März 2024. Damit können maximal 550 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden.

Bei der Nato-Mission geht es darum, Waffenschmuggel zu unterbinden, sie richtet sich aber auch gegen Schleuser. In der Begründung zur Mandatsverlängerung wird darauf hingewiesen, dass etwa ein Drittel aller verschifften Handelsgüter und ein Viertel aller Öltransporte weltweit das Mittelmeer durchqueren. Daher sei die Sicherheit des Mittelmeeres Grundvoraussetzung für freien und globalen Handel.

Zehn Initiativen erhalten Preis für nachhaltige Entwicklung

Bonn (epd). Zehn Bildungseinrichtungen und -initiativen werden in diesem Jahr mit dem „Nationalen Preis - Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet. Gewürdigt werden Akteurinnen und Akteure, die Themen der nachhaltigen Entwicklung erfolgreich breitenwirksam umsetzen und in hervorragender Weise in ihre pädagogische Bildungsarbeit integrieren, wie die Deutsche Unesco-Kommission am Donnerstag in Bonn mitteilte. Die Auszeichnung wird am 8. Mai in Berlin vergeben. Jeder Preisträger erhält 10.000 Euro.

Jeweils drei Auszeichnungen gehen an Initiativen und Organisationen aus Berlin (Acker, New Hope and Light, Schule im Aufbruch) und Nordrhein-Westfalen (Abenteuer Lernen aus Bonn, Kreisverwaltung Düren - Amt für Schule, Bildung und Integration, Klimabildung aus Bochum). Weitere Preise erhalten die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (Brandenburg), SkillUp in Aalen (Baden-Württemberg), „Baum e.V.“ aus Hamburg und Nordic Perspectives aus Flensburg (Schleswig-Holstein).

Der Preis wird von der Deutschen Unesco-Kommission und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Unesco-Programms BNE 2030 verliehen. In der Agenda 2030 der Vereinten Nationen ist die Umsetzung von Bildung für nachhaltige Entwicklung als Ziel für die Weltgemeinschaft festgeschrieben.

Forscher: Generisches Maskulinum so alt wie deutsche Sprache

Frankfurt a.M. (epd). Männliche Personenbezeichnungen sind nach einer Untersuchung im Deutschen schon immer für verschiedene biologische Geschlechter verwendet worden. Männliche Hauptwörter seien schon im Althochdeutschen „generisch“, also unabhängig vom männlichen Geschlecht gebraucht worden, teilte die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main am Donnerstag mit.

Die Linguisten Helmut Weiß und Ewa Trutkowski untersuchten nach Angaben der Universität Personenbezeichnungen und Charakterisierungen im Althochdeutschen. Begriffe wie Freund, Feind, Gast, Nachbar, Sünder seien im Alt- und Mittelhochdeutschen demnach nicht geschlechtsspezifisch verwendet wurden, sondern vielmehr generisch, also für alle biologischen Geschlechter.

Die Wissenschaftler fanden der Universität zufolge heraus, dass die generische Bedeutung von Wörtern „schon immer im Deutschen fest verankert“ gewesen sei. Dabei gebe es generische Begriffe in allen grammatischen Geschlechtern: Männliche Wörter hätten ursprünglich Belebtes bezeichnet, sächliche Wörter Unbelebtes und weibliche Wörter Kollektiva.

Zwar bestehe eine Beziehung zwischen dem grammatischen und dem biologischen Geschlecht, schreiben die Forscher, allerdings nur in einer Richtung: „Sexus kann sich im Genus bemerkbar machen, der Umkehrschluss ist jedoch nicht zulässig.“ Vom grammatischen Geschlecht könne man nicht auf das biologische schließen.

"Ein Leben und doch kein Leben"

Jugendliche wollen in Bergen-Belsen aus der Geschichte lernen

Von Karen Miether (epd)

Bergen-Belsen (epd). Am Gedenkstein für Anne und Margot Frank macht Ilka Witte Halt. „Fast täglich werden hier Blumen oder auch Briefe abgelegt“, sagt die 25-jährige Geschichtsstudentin. Doch begraben liegen Anne und Margot nicht unter dem schlichten Stein, den ihr Cousin zur Erinnerung errichten ließ, sondern irgendwo auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers Bergen-Belsen bei Celle. Ilka Witte geht mit einer Gruppe Jugendlicher über die parkähnliche Heidelandschaft mit den Massengräbern. Nur wenig erinnert dort heute noch an den Ort, an dem das jüdische Mädchen, ihre Schwester und mehr 52.000 weitere KZ-Häftlinge umkamen.

Madi Kiss ist dennoch beeindruckt. Er hat noch frisch die Bilder aus der Ausstellung der Gedenkstätte im Kopf, die zusammengeschobene Berge von Leichen zeigen. „Die Bilder sprechen für sich, erschütternd. Wie kann jemand so etwas tun?“, sagt er und geht schweigend weiter. Der 17-Jährige aus der Slowakei gehört zu den rund 20 Jugendlichen aus vier Ländern, die noch bis Sonntag an dem Internationalen Jugendworkcamp „Spring School“ teilnehmen. Der Landesjugendring Niedersachsen hat dazu in Kooperation mit der Gedenkstätte eingeladen, zum 29. Mal schon, immer im Frühjahr vor dem Jahrestag am 15. April, an dem an die Befreiung Bergen-Belsens durch britische Truppen 1945 erinnert wird.

„Nach einer Unterbrechung durch Corona fangen wir erstmals wieder vollständig in Präsenz an, noch mit einer kleineren Gruppe“, erläutert Norik Mentzing, Jugendbildungsreferent im nahegelegenen Anne-Frank-Haus. In früheren Jahren waren unter anderem auch aus Israel und Südafrika junge Menschen angereist. Jetzt sind neben Deutschen Gruppen aus Polen, der Slowakei und Litauen vertreten - und eine Vietnamesin. Mai Ngo studiert derzeit in Gießen. Sie wurde durch eine Anzeige am Schwarzen Brett der Uni auf das Workcamp aufmerksam, berichtet sie.

Jetzt steht sie vor der Inschriftenwand, die an die Opfer des Lagers erinnert und macht sich Gedanken über die deutsche Geschichte, wie sie im Unterricht in ihrer Heimat nicht einmal annähernd vorkamen. Bergen-Belsen sei kein Vernichtungslager gewesen, sondern am Anfang ein sogenanntes Austauschlager. „Ich habe gedacht, das bedeutet für die Inhaftierten überleben, aber hier wurden Menschen auf andere Art zu Tode gequält, durch Hunger, Krankheiten, Läuse“, sagt sie. „Es war ein Leben und doch kein Leben.“

Bei dem Rundgang geben die Teamer Ilka Witte und Marcin Schink weitere Einblicke, die komplexer sind als manche vorher dachten. Um Ilka Wittes Schulter baumelt eine Stofftasche mit der Aufschrift „Was bedeutet Bergen-Belsen heute?“, in der sie Bilder und anderes Anschauungsmaterial transportiert. Die 25-Jährige zeigt auf eine Bronzetafel am Boden, die erst 1999 eingeweiht wurde. „Warum war das nötig?“, fragt sie und erklärt, dass dort erstmals alle Opfergruppen des Lagers aufgeführt wurden, unter ihnen neben Juden auch politische Gegner des Nationalsozialismus, Zeugen Jehovas und Homosexuelle. „Viele der hier erwähnten Gruppen wurden auch nach 1945 noch diskriminiert und teils inhaftiert.“

Die Tafel erwähnt auch Kriegsgefangene. Dass Bergen-Belsen auch ein Kriegsgefangenenlager war, in dem rund 20.000 zumeist sowjetische Kriegsgefangene ums Leben kam, sei in Zeiten des Kalten Krieges mit Russland lange ausgeblendet worden, veranschaulicht Marcin Schink.

Vor dem Rundgang hat die Leiterin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Elke Gryglewski, den Jugendlichen einen erfolgreichen Tag gewünscht. „Ihr seid sehr wichtig in diesen Zeiten“, hat sie ihnen mit auf den Weg gegeben. In der Abschlussrunde zeigt sich, vieles muss erst einmal sacken. Ieva Tribuisyté aus Litauen sagt: „Ich bin traurig und enttäuscht von den Menschen und dem, was sie einander antun können.“ Die 18-Jährige aus der ehemaligen Sowjetrepublik blickt dabei auch in die Gegenwart und Zukunft. „Es gibt Gegenden in der Welt, in denen heute Krieg herrscht“, sagt sie. „Krieg und politische Konflikte werden wohl immer Teil unseres Lebens sein.“

Soziales

Missbrauchsbeauftragte Claus: Neues Gesetz wird "Meilenstein"

Berlin (epd). Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, sieht in der geplanten gesetzlichen Regelung ihrer Arbeit einen „bedeutenden Meilenstein“. Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Gesetz über den Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs werde ermöglichen, „einerseits die positiven Entwicklungen in Bund und Ländern aufzuzeigen, aber auch Defizite oder Missstände klar zu benennen“, erklärte Claus am Donnerstag in Berlin bei einer Bilanz ihrer bislang einjährigen Amtszeit.

Das sogenannte UBSKM-Gesetz werde ihr Amt, den Betroffenenrat und die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs stärken, prognostizierte Claus. Es sei auch eine Berichtspflicht gegenüber dem Parlament vorgesehen. „Mit diesem regelmäßigen Lagebericht geben wir der Politik klare Handlungsgrundlagen“, betonte sie: „Es wird dann sichtbar, was, wo, wie zu tun ist.“

Besonders beim Kinderschutz im Internet sieht Claus eine zentrale Herausforderung. Debatten um eine europäische Gesetzesinitiative zur Kontrolle von Messengerdiensten oder zur Nutzung einer beschränkten Vorratsdatenspeicherung zeigten, wie schwer es sei, individuellen Freiheitsrechten und dem Schutz von Kindern im Netz gleichermaßen gerecht zu werden. Es brauche aber einen Rechtsrahmen, forderte Claus: „Es passt nicht zusammen, wenn wir Kinder einerseits über Gesetze ganz konkret schützen, sie dann aber in der digitalen Welt ungefiltert vielfältigsten Gefahren aussetzen.“

Claus ist seit April 2022 für fünf Jahre im Amt. Die Journalistin und Beraterin folgte auf Johannes-Wilhelm Rörig.

Umfrage: In vielen Städten stapeln sich die Anträge auf Einbürgerung

Berlin (epd). Die Behörden der 23 bevölkerungsreichsten Städte Deutschlands haben aktuell mehr als 115.000 Anträge auf Einbürgerung zu bearbeiten. Das geht aus einer Umfrage des Mediendienstes Integration hervor, deren Ergebnisse am Donnerstag vorgestellt wurden. Am höchsten sind die Aktenstapel demnach in Berlin (rund 26.000 offene Anträge), Hamburg (etwa 19.000) und München (etwa 10.000). Experten und Praktiker gehen davon aus, dass die Belastung der Behörden durch gesetzliche Reformen weiter zunehmen wird.

Die Wartezeiten der Antragsteller auf einen Bescheid seien unterschiedlich lang, hieß es. Sie reichten im Schnitt von einem bis zu anderthalb Jahren, aber in einigen Fällen auch deutlich länger.

In vielen Städten ist der Recherche zufolge die Zahl der Einbürgerungen im Jahr 2022 deutlich gestiegen. In Braunschweig, Bremen, Dresden und Düsseldorf hat sie um rund 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen, in Münster um 40 Prozent und in Gelsenkirchen um 50 Prozent. In Wuppertal stieg die Zahl sogar um 56 Prozent.

Noch stärker als die Zahl der erfolgten Einbürgerungen wächst die Zahl der Anträge: In Köln und Dresden hat sie sich innerhalb eines Jahres verdoppelt, in Bielefeld sogar verdreifacht. Mehrere Städte (Augsburg, Braunschweig, Essen, Hamburg, München, Münster) geben eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von rund einem Jahr an. Andere wie etwa Aachen, Bremen, Karlsruhe und Stuttgart schätzen die Bearbeitungszeit im Schnitt auf rund 1,5 Jahre. Chemnitz hat die längste Zeitspanne angegeben: Bis zu 36 Monate.

Peter Schlotzer, langjähriger Dozent für Staatsangehörigkeits- und Einbürgerungsrecht, sagte, die Einbürgerungsbehörden seien oft personell unterbesetzt. „Und es ist schwer, passendes Fachpersonal zu aquirieren.“ Der Fachkräftemangel sei auch hier zu spüren. Der Fachmann erwartet auch künftig eine hohe Belastung der Behörden: Die Zahl der Anträge auf Einbürgerung werde sich vermutlich mindestens verdoppeln, denn die Bundesregierung wolle Einbürgerungen unkomplizierter gestalten.

Er beklagte, dass die Arbeit in den Ämtern auch deshalb erschwert werde, weil es keine neuen einheitlichen Verwaltungsvorschriften gebe. „Es ist dringend erforderlich, hier etwas zu ändern, denn die aktuellen Vorschriften stammen noch aus dem Jahr 2000.“

Tarik Tabbara, Professor für Öffentliches Recht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, betonte, die Zahl der Einbürgerungsanträge werde weiter steigen, wenn das bisherige Prinzip, Mehrstaatlichkeit möglichst zu vermeiden, aufgegeben werde. Er verwies zudem darauf, dass die lange Bearbeitungsdauer der Anträge nicht nur mit dem Personalmangel in den Behörden zu tun habe. Das Hauptproblem in den Verfahren sei die langwierige Identitätsklärung durch Antragsteller. Amtliche Dokumente und Pässe im Heimatland zu besorgen, dauere oft Monate.

Tabbara sagte weiter, der Erfolg von Einbürgerungsverfahren hänge eng mit einer guten Vorbereitung und professioneller Beratung zusammen. Hier habe sich das Prinzip der Integrationslotsen als unabhängigen Stellen bewährt. Das zeige das Beispiel Hamburg. In der Hansestadt habe sich die Zahl der Einbürgerungen verdoppelt.

Kabinett vereinfacht Regeln für Zuwanderung von Fachkräften

Berlin (epd). Angesichts des Arbeitskräftemangels will Deutschland mehr Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen. Dafür werden die Anforderungen flexibler gestaltet. Das Kabinett billigte am Mittwoch in Berlin eine Novelle des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Der Entwurf muss nun vom Bundestag beraten werden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärten, in fast allen Branchen würden dringend Fachkräfte gesucht. Wer in Deutschland arbeiten wolle, müsse schneller und einfacher als bisher ins Land kommen können.

Ausländische Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern mit einem Abschluss und zweijähriger Berufserfahrung können künftig kommen, ohne dass sie vorher ihren Abschluss von Deutschland anerkennen lassen müssen. Die Anerkennung, die vom Herkunftsland aus betrieben werden muss, zählt bisher zu den größten Hürden bei der Fachkräftezuwanderung. In Deutschland anerkannte Fachkräfte sollen nicht nur in ihrem Beruf arbeiten, sondern jede qualifizierte Beschäftigung ausüben und die Branche auch wechseln können.

Der Entwurf aus dem Innen- und dem Arbeitsministerium ist Teil eines Gesetzespakets zur Migration, mit dem SPD, Grüne und FDP das Einwanderungs-, Aufenthalts- und Einbürgerungsrecht modernisieren wollen. Künftig soll es Interessierten auch möglich sein, zur Arbeitssuche nach Deutschland zu kommen. Zu den Kriterien zählen Berufserfahrung, Alter, Qualifikation und Deutsch- oder Englischsprachkenntnisse, für die Punkte vergeben werden. Mit einer „Chancenkarte“ können die Menschen dann für ein Jahr kommen und zum Lebensunterhalt Übergangs-Jobs von bis zu 20 Stunden pro Woche annehmen, bis sie eine Stelle gemäß ihrer Qualifikation gefunden haben.

Die Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan (SPD) betonte, dass sich Fachkräfte künftig außerdem schon im Heimatland durch Beratungs- und Sprachlernangebote besser auf ihr Leben in Deutschland vorbereiten könnten. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger begrüßte, die Ampel-Koalition schaffe ein „modernes Einwanderungsrecht“. Es bleibe aber offen, ob auch die bürokratischen Abläufe schneller, einfacher und digitaler würden. Die bisherigen Regelungen zur Arbeitskräftegewinnung aus dem Ausland gelten seit März 2020, als das Fachkräfteeinwanderungsgesetz der damaligen großen Koalition in Kraft trat.

Von der Novelle und einer Verdopplung des Kontingents für Arbeitskräfte aus Osteuropa verspricht sich die Regierung die Zuwanderung von insgesamt 135.000 zusätzlichen Arbeitskräften pro Jahr. Deutschland hat derzeit fast zwei Millionen offene Stellen, so viele wie noch nie.

Das Kabinett billigte einen weiteren Gesetzentwurf zur Stärkung der Aus- und Weiterbildung, das helfen soll, inländische Fachkräfte zu halten. Darin sind Vereinfachungen der Weiterbildungsförderung vorgesehen. Neu ist ein Qualifizierungsgeld, das Beschäftigte analog zum Kurzarbeitergeld erhalten, wenn sie sich für einen anderen Job in ihrem Unternehmen qualifizieren, weil ihre alte Tätigkeit wegfällt. Der Arbeitgeber trägt dem Entwurf zufolge die Kosten der Weiterbildung.

Die verstärkten und vereinfachten Förderangebote zielen darauf, die Beschäftigten fit zu machen für die Umwälzungen und Probleme in der Wirtschaft durch Klimaschutz, Digitalisierung und Nachwuchsmangel. Jugendliche erhalten eine Ausbildungsgarantie in Form eines Platzes für eine überbetriebliche Ausbildung, wenn sie keine passende Lehrstelle finden. Auszubildende, die selbst ihren Weg machen, sollen dabei besser begleitet und finanziell unterstützt werden, wenn sie etwa für eine Lehrstelle umziehen müssen.

Alterung führt zu 37 Prozent mehr Pflegebedürftigen bis 2055

Wiesbaden (epd). Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland wird einer Prognose zufolge allein durch die zunehmende Alterung der Gesellschaft bis zum Jahr 2055 um 37 Prozent zunehmen. Sie werde von 5 Millionen Ende 2021 auf dann 6,8 Millionen angestiegen sein, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mit. 2070 werden demnach etwa 6,9 Millionen Pflegebedürftige zu versorgen sein.

Die Alterung der Bevölkerung führe auch zu einem klar höheren Anteil sehr alter Pflegebedürftiger, erklärten die Statistiker. Während Ende 2021 etwa 2,7 Millionen oder 55 Prozent der gesamten Pflegebedürftigen 80 Jahre und älter waren, können es 2055 rund 4,4 Millionen (65 Prozent) sein.

Die Ergebnisse der Vorausberechnung zeigen deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. Bei konstanten Pflegequoten ist bis Ende 2055 der geringste relative Anstieg der Pflegebedürftigen in Sachsen-Anhalt um sieben Prozent und in Thüringen um neun Prozent zu erwarten. Demgegenüber stehen die stärksten Zuwächse durch die Alterung um 56 Prozent in Bayern und 51 Prozent in Baden-Württemberg.

Die Pflegequote berechnet sich als Anteil der Pflegebedürftigen an der Bevölkerung nach Alter und Geschlecht. Sie zeigt das Risiko, in einem bestimmten Alter pflegebedürftig zu sein.

Antrag zu straflosem "Containern" in Länderausschuss gescheitert

Wiesbaden (epd). Die Mitnahme weggeworfener Lebensmittel aus Containern wird vorerst nicht generell straflos gestellt. Die dafür notwendige Einstimmigkeit der Bundesländer ist nicht zustande gekommen, wie das hessische Justizministerium am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. „Der Ball liegt nun wieder beim Bund“, sagte Ressortchef Roman Poseck (CDU). Dieser solle jetzt seiner Verantwortung gerecht werden und als zuständiger Gesetzgeber eine einheitliche Handhabung des Strafrechts sicherstellen.

Dass das sogenannte Containern, also die Mitnahme weggeworfener Lebensmittel, generell nicht mehr strafrechtlich geahndet werden soll, hatten zuerst das Land Hamburg und dann auch Ernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) vorgeschlagen. Der Antrag des rot-grün regierten Stadtstaats wurde in dem Länderausschuss, der für die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren zuständig ist, jetzt aber abgelehnt. Dies geht aus der Mitteilung des Justizministeriums in Wiesbaden vom Donnerstag hervor. Hessen hat den Vorsitz in dem Ausschuss inne. Grund war den Angaben zufolge, dass die erforderliche Einstimmigkeit nicht zustande kam.

Auf einer digitalen Sondersitzung hatten die Ländervertreter zunächst vereinbart, dass alle Bundesländer eine schriftliche Stellungnahme abgeben. Diese liegen jetzt vor. Der Vorschlag Hamburgs sah vor, dass beim „Containern“ regelmäßig eine Verfahrenseinstellung in Betracht kommen soll, insbesondere wenn sich durch die anschließende Verwendung der Lebensmittel keine Gesundheitsgefahren oder Haftungsrisiken realisiert haben. Die Bundesminister Buschmann und Özdemir hatten angeregt, den strafrechtlichen Umgang mit dem „Containern“ in den Richtlinien zu regeln und den für deren Anpassung zuständigen Ausschuss darum gebeten, eine entsprechende Änderung zu prüfen.

Gegen den nunmehr mangels Einstimmigkeit gescheiterten Beschlussvorschlag Hamburgs wurde der Mitteilung zufolge von einzelnen Ländern vorgebracht, dass dieser regle, was ohnehin gelebte Praxis der Staatsanwaltschaften sei. Die Ermittlungsverfahren zum „Containern“ würden, wenn sie in der Praxis überhaupt vorkämen, in der weit überwiegenden Zahl eingestellt. Im Übrigen seien das Strafgesetzbuch, nicht jedoch die Richtlinien der richtige Ort für eventuelle Neuregelungen.

Der hessische Justizminister Poseck erklärte, das fachliche Votum des Länderausschusses verdiene Respekt. Wenn der Bund beim „Containern“ weiter Handlungsbedarf sehe, sei er selbst am Zug. Der Bund habe die Zuständigkeit für das materielle Strafrecht. Die Frage, ob Fälle des einfachen „Containerns“ strafwürdig seien, nannte der CDU-Politiker berechtigt. Wenn der Bund jetzt handele, solle er allerdings auch sicherstellen, dass Fälle mit erhöhter krimineller Energie, bei denen weitere Straftaten, wie Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung hinzutreten, auch weiterhin strafrechtlich verfolgt werden könnten.

Schulunterricht per Livestream fällt unter Datenschutzgrundverordnung

Luxemburg, Brüssel (epd). Sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrerinnen und Lehrer müssen nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs der Teilnahme am Schulunterricht per Livestream ihre Einwilligung erteilen. Der EuGH in Luxemburg urteilte am Donnerstag, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten von Lehrkräften beim Online-Unterricht in den Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) fällt.

Das Urteil bezieht sich auf Unterricht, der während der Corona-Pandemie digital stattfand. Das hessische Kultusministerium hatte nach Angaben des EuGH 2020 festgelegt, dass die Zuschaltung zum Online-Unterricht nur mit Einwilligung der Schüler zulässig sei. Dagegen war die Einwilligung der Lehrkräfte nicht vorgesehen. Der Hauptpersonalrat der Lehrerinnen und Lehrer beim hessischen Kultusministerium erhob dagegen Klage. Das zuständige Verwaltungsgericht meldete daraufhin Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Regelung mit den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung an und bat den EuGH um eine Vorabentscheidung.

Evangelische Bank verzeichnet zehn Millionen Euro Gewinn

Kassel (epd). Die Evangelische Bank hat im Geschäftsjahr 2022 einen Gewinn von 10,1 Millionen Euro erwirtschaftet. Das entspreche dem Vorjahresergebnis, teilte die Bank am Mittwoch in Kassel mit. Die Bilanzsumme lag bei 8,55 Milliarden Euro und damit 0,8 Prozent höher als 2021.

Bei der Kreditvergabe gab es ein deutliches Plus. Insgesamt seien 1,02 Mrd. Euro an neuen Krediten zur Finanzierung von Vorhaben in Kirche, Diakonie, Gesundheits- und Sozialwirtschaft und an Privatkunden zugesagt worden, teilte die Evangelische Bank weiter mit.

Der Vorstandsvorsitzende Thomas Katzenmayer sprach von einer zufriedenstellenden Geschäftsentwicklung in einem herausfordernden Umfeld. Das Jahr 2022 sei noch von der Covid-19-Pandemie, aber insbesondere von den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und dessen Folgen für die Weltwirtschaft sowie der Zinswende geprägt gewesen.

Die genossenschaftlich organisierte Evangelische Bank bietet Finanzlösungen für den kirchlich-diakonischen und sozialen Bereich an. Sie zählt zu den größten Kirchenbanken und Genossenschaftsinstituten in Deutschland. Mit ihren 417 Beschäftigten betreut die EB bundesweit etwa 19.000 institutionelle und rund 70.000 private Kunden an elf Standorten.

Kultur

Sanierung der Schlosskapelle in Weimar abgeschlossen

Weimar (epd). Die Sanierung der Kapelle im Stadtschloss Weimar ist abgeschlossen. Von Ostern an werde der ehemalige Kirchenraum wieder im Rahmen von Führungen zugänglich sein, sagte ein Sprecher der Stiftung Weimarer Klassik am Mittwoch auf Anfrage. Die Wiederherstellung verdanke sich Stiftern, die dem durch Einbauten veränderten Raum wieder zu altem Glanz verhelfen wollten.

Zu den Förderern gehört die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD). Sie stellte nach eigenen Angaben für die Restaurierung des Innenraums, Ergänzungen des Fußbodenbelags und die Elektrifizierung der historischen Leuchter 1,75 Millionen Euro zur Verfügung. Für Veranstaltungen und Konzerte werde der Raum allerdings erst nach dem für 2030 geplanten Ende der Instandsetzung des gesamten Schlosses zur Verfügung stehen.

Vorarbeiten der jetzt abgeschlossene Sanierung der Kapelle begannen den Angaben zufolge im Jahr 2010. Damals habe die Klassik Stiftung erste Erprobungen zum Rückbau einer Stahlkonstruktion vorgenommen, die im Zuge der Nutzung der Kapelle als Büchermagazin und Möbeldepot seit den 1960er Jahren eingebaut worden sei, hieß es. Die eigentliche Sanierung sei wie geplant innerhalb von vier Jahren abgeschlossen worden.

Die Schlosskapelle entstand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in neoromanischem Stil im Westflügel des Weimarer Stadtschlosses. 1868/1869 erfolgten wesentliche Änderungen, insbesondere bei der Ausmalung. Nach der Enteignung des Fürstenhauses Sachsen-Weimar-Eisenach nach 1945 wurde die Kapelle als Konzertsaal genutzt.

Humboldt Forum zeigt Ausstellung über den Tod

Berlin (epd). Das Berliner Humboldt Forum widmet sich ab Samstag in einer Ausstellung dem Leben mit dem Tod. Beleuchtet würden unterschiedliche Aspekte des Sterbens und Umgangs mit dem Tod weltweit, erklärte der Generalintendant des Humboldt Forums, Hartmut Dorgerloh, am Donnerstag. Die Gewissheit des Todes verbinde alle Menschen und sei gleichwohl eine der letzten großen Unbekannten.

Die Sonderausstellung mit dem Titel „un_endlich. Leben mit dem Tod“ ist bis zum 26. November zu sehen. Begleitet wird sie von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm. Daran beteiligt sind Vertreter verschiedener kultureller und religiöser Gemeinschaften. Außerdem soll es „Sprechstunden“ etwa mit einer Pathologin, einem Trauerredner und einer Polizistin geben. Vom 1. bis 5. November soll im Humboldt Forum das mexikanische Totenfest „Dia de los muertos“ gefeiert werden.

Inszeniert ist die multimediale Ausstellung wie ein begehbares Drama in mehreren Akten. Besucher sollen als „Sterbliche und Akteure“ angesprochen werden, betonte Kurator Detlef Vögeli. Es beginnt mit der Frage nach dem Ursprung menschlichen Lebens und nach einem Leben nach dem Tod. Besucher können sich auf Sterbebetten liegend zu Leben und Tod befragen lassen.

In einer Videoinstallation berichten Menschen über die Begleitung von Sterbenden. In einer Kabine wird erzählt, was in der „finalen Sterbephase“ im Körper geschieht. Weitere Themen sind die „Leichenversorgung“ von der Feststellung des Todes bis zur Bestattung, die unterschiedliche Lebenserwartung weltweit, Trauer und der Verlust der Artenvielfalt.

Ausstellung zeigt Formen des Trostes

Kassel (epd). Das Kasseler Museum für Sepulkralkultur präsentiert ab Samstag die Sonderausstellung „Trost - Auf den Spuren eines menschlichen Grundbedürfnisses“. Es sei schwer zu sagen, wie genau Trost eigentlich funktioniere, sagte Museumsdirektor Dirk Pörschmann am Donnerstag. Trost sei ein schwieriges Wort, das vielfach einen negativen Nimbus trage. Dies komme etwa durch den Begriff „Trostpreis“ oder das „Vertrösten“ zum Ausdruck.

Die Ausstellung geht das Thema bis zum 17. September von verschiedenen Seiten an. So sind Engelfiguren oder auch Illustrationen zu sehen, die früher Trauernden Trost spendeten. Auch Perlenketten, mit deren Hilfe in verschiedenen Religionen ritualisierte Trauergebete gesprochen werden, werden samt der zugehörigen Gebete gezeigt. Solche Gegenstände seien ganz wesentlich für einen wirksamen Trost, da sie dazu beitrügen, inneren Schmerz nach außen zu tragen, sagte der Philosoph Jean-Pierre Wils. Er hat zum Thema die Publikation „Warum wir Trost brauchen“ verfasst und war Ideengeber zu der Ausstellung.

In Videos berichten Menschen wie Bestatter oder Hospizbegleiter, die professionell mit Trauer, Tod und Trost zu tun haben, von ihren Erfahrungen. Trauerkarten und Briefe aus der Zeit von 1900 bis 1960 zeigen, wie Menschen Trost zu spenden versuchten. Die Texte seien damals wesentlich umfangreicher gewesen als heute, sagte Pörschmann. Auch finde sich hier öfters der Verweis auf den christlichen Glauben als Trost.

Ganz andere, nonverbale Formen des Trostes werden im Obergeschoss des Museums dargestellt. Eine kleine Fotoserie zeigt, wie ein Mann mit seinem Pferd in den Niederlanden Krankenhäuser und Hospize aufsucht und den Menschen auf diese Weise Trost spendet. Das Pferd suche sich die Leute, zu denen es gehen wolle, selbst aus, erläuterte Pörschmann. Das Pferd stehe für viele andere Tiere, die ebenfalls wegen ihrer Absichtslosigkeit gut trösten könnten.

Um zu zeigen, dass auch die Natur trösten könne, hat Alfons Mühlenbrock eine „Behausung für den Duft“ aus Sträuchern und Hölzern erstellt. Die Frage, ob und welche Musik Trost spenden kann, müssen die Besucher selbst beantworten und ihre „Trosttitel“ auf eine Wand schreiben. Diese Titel werden zusammengestellt und könnten mit Hilfe eines QR-Codes mit einem Handy sichtbar werden.

Ausstellung über die 1920er Jahre in der Bundeskunsthalle

Bonn (epd). Die Bundeskunsthalle in Bonn zeigt ab Samstag eine Ausstellung über die 1920er Jahre. Unter dem Titel „1920er! Im Kaleidoskop der Moderne“ präsentiert die Schau ein Jahrzehnt, das als Umbruchphase und Experimentierfeld der westlichen Moderne gilt. „Selten hat ein Jahrzehnt eine solche Begeisterung und einen so großen Mythos nach sich gezogen“, sagte Kuratorin Agniezka Lulińska am Donnerstag bei der Vorstellung der Schau. Die Ausstellung präsentiert bis zum 30. Juli ein breites Spektrum an Objekten und Kunst aus der Epoche.

Zu sehen sind Fotografien und Gemälde, unter anderem von Lázló Moholy-Nagy, El Lissitzky, George Grosz, Hanna Höch, Käthe Kollwitz, Lotte Laserstein, Oskar Schlemmer, Max Liebermann, Willi Baumeister und Fernand Léger. Hinzu kommen Dokumentar- und Spielfilmausschnitte. Den Innovationsschub der Zeit dokumentieren technische Geräte wie Kameras, Schreibmaschinen oder Telefone sowie ein Bugatti-Rennwagen. Für den neuen Stil des Jahrzehnts zwischen den beiden Weltkriegen stehen Kleider und Mode-Entwürfe, etwa von Coco Chanel, Lucien Lelong oder Sonia Delaunay sowie Bauhaus-Möbel.

Die Ausstellung beleuchtet das durch Technik und Industrialisierung beschleunigte Leben in den Metropolen. Sie hinterfragt auch Geschlechterrollen, die sich in der neuen Mode, der Kunst, aber auch in der Arbeitswelt spiegeln. Die Schau verdeutlicht außerdem die Aktualität etwa der Globalisierung, die durch neue Erfindungen wie das Telefon und die Luftfahrt bereits vor 100 Jahren ein Thema war.

Deutscher Nationalpreis für Bildhauer Anselm Kiefer

Hamburg, Berlin (epd). Der deutsch-österreichische Maler und Bildhauer Anselm Kiefer (78) erhält den mit 30.000 Euro dotierten Deutschen Nationalpreis. Kiefer nimmt den Preis am 6. Juli in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin entgegen, wie die Deutsche Nationalstiftung in Hamburg mitteilte. Seine Werke bringen nach Einschätzung der Jury den Menschen Geschichte und Gegenwart der Nationen nahe.

Den mit 20.000 Euro dotierten Förderpreis teilen sich dieses Jahr zwei Orchesterprojekte für Kinder und Jugendliche, „Hangarmusik“ aus Berlin und das Démos-Orchester der Pariser Philharmonie. Sein eigenes Preisgeld will Kiefer an die Empfänger des diesjährigen Förderpreises weitergeben. Der 78-Jährige gehöre zur ersten Generation deutscher Künstlerinnen und Künstler, die sich unmittelbar mit der Frage nach Identität und Nation nach Krieg und Holocaust auseinandersetzten, hieß es.

Anselm Kiefer wurde am 8. März als Sohn des Wehrmachtsoffiziers und Kunstlehrers Albert Kiefer und dessen Ehefrau Cilly im Luftschutzkeller eines Krankenhauses in Donaueschingen (Baden-Württemberg) geboren. Er zählt zu den bekanntesten deutschen Künstlern nach dem Zweiten Weltkrieg. Seine Werke wurden auf internationalen Kunstausstellungen und in Europa, Japan und den Vereinigten Staaten von Amerika ausgestellt. Seit 2018 hat er auch die österreichische Staatsbürgerschaft.

„Hangarmusik“ wurde 2016 von Leila Weber und Andreas Knapp in der Notunterkunft für Geflüchtete im ehemaligen Flughafen Tempelhof Berlin gegründet. Das Musik-Bildungsprogramm Démos der Pariser Philharmonie ermöglicht jungen Menschen aus sozialen Brennpunkten über die Begegnung mit klassischer Musik gemeinsame kulturelle und soziale Lernerfahrungen.

Die Deutsche Nationalstiftung ist überparteilich und wurde 1993 von Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) gegründet. Sie hat den Auftrag, die Idee der deutschen Nation als Teil eines vereinten Europas zu stärken, die nationale Identität der Deutschen bewusst zu machen und sich mit aktuellen Grundsatzfragen der Nation zu befassen.

Kunstpreis des Jüdisches Museums Berlin an Französin Maya Schweizer

Berlin (epd). Das Jüdische Museum Berlin zeichnet die französische Künstlerin Maya Schweizer mit dem Dagesh-Kunstpreis 2023 aus. Die mit 7.000 Euro dotierte Auszeichnung wird nach Angaben des Museums vom Donnerstag am 4. Mai verliehen. Schweizer wird für ihre Videoinstallation „Sans histoire“ („Ohne Geschichte“) prämiert.

Das Werk greife die Frage nach „gesellschaftlicher und individueller Verantwortung für unsere Zukunft“ auf, hieß es zur Begründung. Die Künstlerin stelle darin das Spannungsfeld aus individuellem und gemeinschaftlichem Handeln dar. Schweizer studierte den Angaben zufolge an der Universität der Künste in Berlin. Ihre Werke seien bereits auf der Biennale in Berlin zu sehen gewesen.

Der von dem Museum und dem Dagesh-Programm der Leo Baeck Foundation getragene Kunstpreis wurde erstmals 2018 verliehen. Preisträgerin 2021 war die US-Künstlerin Talya Feldman.

Findungskommission der documenta 16 berufen

Kassel (epd). Der Aufsichtsrat der documenta hat sechs Fachleute aus aller Welt berufen, die die 16. Ausgabe der Weltkunstschau im Jahr 2027 vorbereiten sollen. Die sogenannte Findungskommission habe unter anderem die Aufgabe, bis Anfang 2024 eine Künstlerische Leitung für die Ausstellung auszuwählen, teilte das Gremium am Donnerstag in Kassel mit.

Zur Kommission gehören die israelische Künstlerin und Psychoanalytikerin Bracha Lichtenberg Ettinger, die Professorin am Shanghai Institute of Visual Art und ehemalige Chefredakteurin der Zeitschrift „Art World“, Gong Yan, der indische Schriftsteller, Kulturtheoretiker, Kunstkritiker und Kurator Ranjit Hoskoté, der Schweizer Kunstkritiker und Romanautor Simon Njami, die österreichische Kuratorin und Professorin Kathrin Rhomberg sowie die kolumbianische Kuratorin Maria Inés Rodriguez.

Die Findungskommission der documenta fifteen (18. Juni bis 25. September 2022) hatte mit „ruangrupa“ aus Indonesien die Künstlerische Leitung erstmals einem Kollektiv übertragen. Nach dem Auftauchen von mehreren als antisemitisch interpretierten Kunstwerken zu Beginn der Schau war den Verantwortlichen der documenta, insbesondere „ruangrupa“, Zögerlichkeit und mangelnde Konfliktbereitschaft im Umgang mit dem Skandal vorgehalten worden.

Die neue Findungskommission habe nun ausreichend Zeit, „die besten und innovativsten Konzepte für Kassel zu gewinnen“, sagte die stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende und hessische Kunstministerin Angela Dorn (Grüne). Ziel sei es auch, „die Verfehlungen beim Thema Antisemitismus auf der documenta fifteen aufzuarbeiten“.

Unesco ruft zu Bewerbungen für immaterielles Kulturerbe auf

Bonn (epd). Bis Ende Oktober können Menschen in Deutschland lebendige kulturelle Traditionen und Ausdrucksformen für die Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes vorschlagen. Dazu zählen Kulturformen aus den Bereichen Tanz, Theater oder Musik sowie mündliche Überlieferungen, Naturwissen, Handwerkstechniken und Feste, wie die Deutsche Unesco-Kommission am Donnerstag in Bonn mitteilte. Das Verzeichnis umfasst derzeit 144 Einträge.

Die vorgeschlagenen Kulturformen sollen Identität stiften und Zugehörigkeit vermitteln, aber auch wandlungsfähig sein. Um die gesamte Vielfalt des kulturellen Lebens in Deutschland abzubilden, sind insbesondere Vorschläge willkommen, die die Reichhaltigkeit städtischer Kultur oder die Prägung Deutschlands als Einwanderungsland sichtbar machen, wie es hieß. Die Vorschläge können über ein Online-Formular in dem Bundesland eingereicht werden, in dem die für die Bewerbung verantwortliche Person oder Organisation ansässig ist. Über Neuaufnahmen in das Verzeichnis wird im Frühjahr 2025 entschieden.

"The Hooters"-Rocklegende bei Händel-Festspielen in Halle

Berlin (epd). Der Rockmusiker Eric Bazilian wird diesjähriger Stargast der Händel-Festspiele in Halle (Saale). Das Gründungsmitglied der US-amerikanischen Band „The Hooters“ werde gemeinsam mit seinem Sohn Simon vor der Kulisse der Galgenbergschlucht auftreten, wie die Veranstalter am Mittwoch in Berlin ankündigten. Der Auftritt finde im Rahmen des Open-Air-Konzerts „Bridges to Classics“ der Händel-Festspiele Halle statt.

Diese stehen in diesem Jahr unter dem Motto „Die Oper: Streit um Dideldum und Dideldi“. Vom 26. Mai bis 11. Juni werden rund 70 Veranstaltungen an 17 Orten stattfinden, wie die Veranstalter weiter mitteilten. Zur Aufführung kommen unter anderem sechs Opernproduktionen. Erwartet werden Ensembles aus ganz Europa.

Zudem wird der Händel-Preis der Stadt Halle im Rahmen des Festivals an die italienische Mezzosopranistin Anna Bonitatibus verliehen. Eröffnet werden die Festspiele mit einer Neuproduktion der Händel-Oper „Serse“. Das Programm werde durch verschiedene Musikgenres und neue Konzertformate bereichert, hieß es. Musikalische Grenzgänge fänden sich bei der Begegnung von Barock und Jazz sowie dem seit 2018 veranstaltetem Poetry-Slam.

Der Barockkomponist Georg Friedrich Händel (1685-1759) wurde in Halle geboren. Sein Werk umfasst 42 Opern und 25 Oratorien, Kirchenmusik, zahlreiche Werke für Orchester sowie Kammer- und Klaviermusik.

Kulturprogramm zur Aachener Wallfahrt mit Guildo Horn

Aachen (epd). Zur Heiligtumsfahrt im Bistum Aachen soll es in diesem Jahr erstmals ein großes Kulturprogramm geben. An den Wallfahrtstagen vom 10. bis 19. Juni sei abends auf dem Katschhof zwischen Rathaus und Dom ein kulturelles Highlight geplant, kündigten Bistum und Domkapitel am Mittwoch an.

Auf dem Programm stehen den Angaben zufolge unter anderem ein Mitsing-Konzert mit Schlager-Ikone Guildo Horn & den „Orthopädischen Strümpfen“ sowie ein Jazzabend mit Götz Alsmann & Friends. Die diesjährige Heiligtumsfahrt steht unter dem Leitwort „Für wen haltet ihr mich?“. Es soll dazu herausfordern, Christus und den Glauben neu zu entdecken, aber auch sich selbst zu finden. Seit 1349 kommen Gläubige zur Heiligtumsfahrt, bei der die Heiligtümer im Aachener Dom verehrt werden.

Bei den Tuchreliquien soll es sich der Überlieferung nach um das Kleid Marias handeln, das sie in der Geburtsnacht getragen hat, die Windel Jesu, das Enthauptungstuch des heiligen Johannes des Täufers und das Lendentuch Jesu. Sie werden alle sieben Jahre aus dem Marienschrein entnommen und verehrt. Aufgrund der Corona-Pandemie verschob sich der Rhythmus: Statt 2021 findet die Wallfahrt in diesem Jahr statt.

Leipziger Thomanerchor bei den Silbermann-Tagen

Freiberg (epd). Zu Ehren des berühmten Orgelbauers Gottfried Silbermann (1683-1753) findet in Sachsen eine weitere Ausgabe der Silbermann-Tage statt. Dazu sind vom 1. bis 10. September knapp 30 Veranstaltungen in und um Freiberg geplant, teilte die dortige Gottfried-Silbermann-Gesellschaft am Mittwoch mit. Unter dem Motto „Bach & Silbermann“ steht außer dem sächsischen Orgelbauer auch Johann Sebastian Bach (1685-1750) im Mittelpunkt. Zum Abschluss des Festivals wird der Leipziger Thomanerchor im Freiberger Dom erwartet.

Die beiden Zeitgenossen Silbermann und Bach hätten vor 300 Jahren von Mitteldeutschland aus die Musikwelt geprägt und dabei bis heute gültige Klangideale geschaffen, hieß es. Zwar habe es zwischen ihnen nie eine tatsächliche Zusammenarbeit gegeben. Dennoch gehörten Bachs Werke und Silbermanns Orgeln heute untrennbar zusammen.

Mit dem Festival will der künstlerische Leiter und Freiberger Domorganist, Albrecht Koch, Generationen verbinden. „Wir holen wieder große Stars der Alten Musik und der Orgelwelt in die Kirchen der Region“, erklärte er. Zugleich werde Nachwuchstalenten viel Raum gegeben. Während des Festivals findet der Internationale Silbermann-Orgelwettbewerb statt.

Silbermann schuf den Angaben zufolge 45 Orgeln und mehr als 200 Tasteninstrumente. Das Festival wurde 1978 gegründet. 1993 gab es erstmals einen internationalen Orgelwettbewerb.

Abendmahl auf der Straße: Christen planen Performance in Osnabrück

Osnabrück (epd). Unter dem Motto „Mahl ganz anders“ will ein Team des Online-Portals „evangelisch.de“ am Gründonnerstag Leonardo da Vincis berühmtes Gemälde vom letzten Abendmahl als lebendiges Denkmal auf die Straßen von Osnabrück bringen. Der Ankündigung zufolge werden 13 Personen im Gänsemarsch durch die Stadt ziehen.

An zehn verschiedenen Orten halten sie an und bauen einen langen Tisch auf. Er wird gedeckt, die Darstellenden nehmen Platz und beginnen zu essen. Dann friert die Szene ein und verwandelt sich langsam in das berühmte Mailänder Wandgemälde da Vincis. Ein Ton wird immer lauter, bis schließlich der Darsteller des Judas seinen Geldbeutel auf den Tisch haut und die Szene verlässt.

Der Gründonnerstag wird von den christlichen Kirchen traditionell als der Tag gefeiert, an dem Jesus das Abendmahl einsetzte. Anschließend wurde Jesus verhaftet und verurteilt. Seit 2011 gibt es das Projekt „Mahl ganz anders“, das öffentlich auf diesen Feiertag und auf das Abendmahl hinweist. Das Straßentheaterstück wurde bereits unter anderem in Hamburg, Frankfurt, Stuttgart, Kassel und Hannover aufgeführt.

Das Internetportal „evangelisch.de“ wird vom Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) verantwortet, zu dem unter anderem auch die Zentralredaktion des Evangelischen Pressedienstes (epd) und das evangelische Monatsmagazin „chrismon“ gehören.

Morgenland Festival 2023 zwischen Tradition und neuem Jazz

Osnabrück, (epd). Protagonistinnen der Musikszene des Nahen und Mittleren Ostens stehen im Mittelpunkt der 19. Auflage des „Morgenland Festivals“ in Osnabrück. Vom 21. Juni bis zum 2. Juli wird die Stadt erneut zu einem Zentrum der Musikkultur östlich des Mittelmeeres zwischen traditionellen Klängen und Jazz, wie die Organisatoren am Mittwoch mitteilten. Tickets für das Festival seien ab sofort im Vorverkauf erhältlich.

Das musikalische Spektrum der zehn Festivalabende reiche von der traditionellen Musik Anatoliens über die klassische Musik Persiens bis hin zum Jazz mit syrischen Wurzeln, zu Hip-Hop, Funk, Maliblues und ägyptischen Gesang, hieß es. Zu den Höhepunkten zähle am 24. Juni ein Auftritt der kurdischen Sängerin Aynur mit dem Osnabrücker Symphonieorchester. Aynur gehöre zu den wichtigsten Stimmen kurdischer Kultur.

Pablo Picasso Superstar

Von Dorothee Baer-Bogenschütz (epd)

Frankfurt a. M. (epd). Malend zerlegte er das Menschenbild. Männer und Frauen am Rand der Gesellschaft konnten ein Motiv sein - Ausgemergelte und Alkoholkranke in der „Blauen“ und Gaukler in der „Rosa Periode“ - ebenso wie ihm Nahestehende. Er verpasste Frauen schief sitzende Augen und Lippen, schuf formal zugespitzte Porträts seiner Gefährtinnen oder erotische Frauenbilder und wurde so zum Superstar der Kunst: Pablo Picasso (1881-1973).

Sein Gemälde „Les Demoiselles d'Avignon“ (1907) zeigt fünf Frauen aus verschiedenen Perspektiven gleichzeitig und gilt als bahnbrechend für den Kubismus. Am bekanntesten aber ist ein Werk, das ihn als politisch engagierten Künstler ausweist: „Guernica“, das monumentale Antikriegsgemälde von 1937: ein ikonischer Beitrag zur Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Picasso unterstützte die Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg, 1944 trat er der Kommunistischen Partei Frankreichs bei.

Seine anhaltende innovative Energie, Themenvielfalt und stilistische Wandelbarkeit sind Teil des Phänomens Picasso. Gern wird er als Genie oder Jahrhundertkünstler bezeichnet. Anlässlich seines 50. Todestages - er starb am 8. April 1973 in seiner Villa in Mougins an der Côte d'Azur - feiern ihn zahlreiche internationale Ausstellungen.

Aber ist Picasso noch wichtig für den Nachwuchs? Markus Müller ist Direktor des Kunstmuseums Pablo Picasso Münster, dem einzigen Picasso-Museum in Nordeuropa. Er sagt: Picasso sei „eine wichtige Identitätsfigur für jeden, der schöpferisch tätig ist“. Allerdings berufe sich ein Großteil der jüngeren Avantgarden „wohl eher“ auf Marcel Duchamp, den „großen intellektuellen und konzeptuellen Gegenpart“. Für Jüngere sei Picasso „museal gut abgehangen, kein Aufreger, aber ein großer Anreger“. Als „Revolutionär“ erlebten sie ihn nicht mehr.

Dabei war der Spanier aus dem südspanischen Malaga, der Frankreich zur Wahlheimat machte, viel mehr als eine Gestalt, die kunsthistorische Seminare und Kunstbuchregale füllt. Er war auch die Verkörperung des „mediterranen Machos“, oft sonnengebräunt fotografiert, mit bloßem Oberkörper in Shorts steckend.

Nicht denkbar wäre sein Leben und Werk ohne Frauen wie Dora Maar, Françoise Gilot oder Jacqueline Roque. Der Mann mit der dominanten Persönlichkeit hatte eine Vielzahl von Partnerinnen und Affären, sein Umgang mit Frauen gerät im Rahmen der „Me Too“-Bewegung zunehmend in die Kritik. In den USA werde er „bisweilen in einem Atemzug mit Harvey Weinstein und Woody Allen genannt“, sagt Müller.

Indes ziehen die Preise für seine Werke seit zehn Jahren an, sagt Anne Rinckens vom Auktionshaus Van Ham in Köln. Erstmals seit gut 25 Jahren ist mit „Buste de femme“ (1971) jetzt wieder ein kapitales Picasso-Gemälde auf dem deutschen Kunstmarkt verfügbar. Van Ham versteigert es am 5. Juni mit einer Schätzung im unteren siebenstelligen Bereich.

Picasso war ein beinharter Arbeiter, hinterlässt mit rund 16.000 Gemälden und Zeichnungen, 1.200 Skulpturen, 3.000 Keramiken und Tausenden Grafiken das umfangreichste Werk eines bildenden Künstlers im 20. Jahrhundert.

Kritikern gibt das Werk aber auch Anlass zur Überprüfung möglicher kultureller Aneignung. Während Picasso neue Sichtweisen anbahnte und ästhetische Fesseln sprengte, ging er, so Müller, als Sohn seiner Zeit mit Kunst aus kolonialem Kontext wie afrikanischen Masken und Skulpturen „völlig unkritisch“ um. Das Museum in Münster thematisierte dies 2022 in einer Sonderschau und zeigt Picasso gegenwärtig in „A Collector's Choice - Picasso, Miró, Schlemmer, Kirchner & Co.“ neben Meistern der Klassischen Moderne.

Parallel läuft die Schau „Zum Zeigen gegeben“ als Teil der „Picasso Celebration 1973-2023“, die den Ausnahmekünstler unter Federführung des Pariser Musée Picasso weltweit würdigt. 2024 geht es in Münster dann um seinen Wert für das Marketing. In Gestalt seiner Signatur auf einem weit verbreiteten französischen Kleinwagen begegnet man Picasso beispielsweise auf der Straße.

Acht Museen, sechs in Spanien und zwei in Frankreich, sind ihm in Städten gewidmet, die über seine Biografie mit ihm verbunden sind: in seiner Geburtsstadt Malaga - dort sind es zwei Museen -, in Barcelona und Madrid, wo er studierte, in A Coruña, Paris und Antibes, wo er lebte und arbeitete. Noch ein Geheimtipp ist das katalanische Städtchen Horta de Sant Joan, das den Kubismus mit befruchtete und im Picasso Center Fans empfängt. Picassos geflügelte Sendbotin hingegen schaffte es in die ganze Welt: die 1949 entworfene Weltfriedenstaube.

Medien

Bertelsmann erzielt 2022 Rekordumsatz von 20 Milliarden Euro

Gütersloh (epd). Bertelsmann meldet für das Jahr 2022 den höchsten Umsatz der Unternehmensgeschichte. Die Einnahmen stiegen um 8,3 Prozent auf 20,2 Milliarden Euro, wie der Medien- und Dienstleistungskonzern am Donnerstag in Gütersloh mitteilte. Das Vorsteuerergebnis (Operating Ebitda) lag mit 3,2 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau. Große Ertragssäulen waren die RTL Group, die Buchverlagsgruppe Penguin Random House und der Dienstleister Arvato. Vorstandschef Thomas Rabe sagte: „Wir wachsen und sind hochprofitabel.“

Unterm Strich stand ein Konzernergebnis von 1,1 Milliarden Euro, das war ein Rückgang um mehr als 50 Prozent. Bertelsmann verwies allerdings darauf, dass Sondereffekte im Vorjahr für das besonders hohe Ergebnis gesorgt hätten, darunter der Verkauf des US-amerikanischen Werbetechnologie-Unternehmens SpotX.

Umsatzstärkste Sparte bei Bertelsmann war die RTL Group mit den Hauptgeschäftsfeldern Fernsehen, Radio und Streaming. Die Gruppe verzeichnete 2022 Einnahmen von 7,2 Milliarden Euro, ein Plus von 8,8 Prozent. Innerhalb der RTL Group stach erneut die Mediengruppe RTL Deutschland hervor, die Erlöse von 2,77 Milliarden Euro erzielte (plus 14 Prozent).

Im Januar 2022 hatte RTL Deutschland die deutschen Magazingeschäfte von Gruner + Jahr für einen Kaufpreis von 228 Millionen Euro vollständig von Bertelsmann übernommen. Seitdem ist Gruner + Jahr mit Sitz in Hamburg eine RTL-Tochter. Im Februar 2023 kündigte RTL die Einstellung von 23 Magazinen an, 700 Stellen sollen bis 2025 gestrichen werden. Zudem ist am RTL-Standort Köln der Wegfall von 300 Stellen geplant.

Die Bertelsmann-Dienstleistungssparte Arvato steigerte ihren Umsatz um eine gute halbe Milliarde auf 5,56 Milliarden Euro. Wachstumstreiber waren hier nach Konzernangaben vor allem das Logistik- und das Callcenter-Geschäft. Arvato bietet seine Dienste weltweit für Geschäftskunden an, beispielsweise aus den Branchen Telekommunikation und Finanzen.

Der Vorstandsvorsitzende Rabe erklärte, der Konzernumbau und die Strategie der vergangenen Dekade hätten Wirkung gezeigt. Bei der Umsetzung der strategischen Prioritäten habe Bertelsmann im vergangenen Jahr „erneut gute Fortschritte gemacht“. Rabe nannte beispielhaft den Ausbau der RTL-Streamingangebote und die Zukäufe von Bewegtbild-Produktionsunternehmen, aber auch den Erwerb der Kontrollmehrheit am brasilianischen Bildungskonzern Afya.

Zu Bertelsmann gehören auch das Musikunternehmen BMG, die Bertelsmann Printing Group, die Bertelsmann Education Group sowie das internationale Fondsnetzwerk Bertelsmann Investments. Zum Ende des Geschäftsjahrs 2022 beschäftigte der in 50 Ländern aktive Konzern nach eigenen Angaben rund 165.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (Vorjahr: 145.000). Neben dem in Amsterdam ansässigen Konzern Altice, der insbesondere in Frankreich tätig ist, gehört Bertelsmann zu den umsatzstärksten Medienunternehmen in Europa.

HR-Intendant Hager verzichtet auf Gehaltssteigerungen

Frankfurt a.M. (epd). Der Intendant des Hessischen Rundfunks (HR), Florian Hager, verzichtet auf ihm vertraglich zustehende Gehaltssteigerungen. Das teilte die Rundfunkanstalt dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag auf Nachfrage in Frankfurt am Main mit. Konkret gehe es um den Zeitraum von August 2022 bis Januar 2024, in dem das Gehalt des Intendanten ansonsten viermal angehoben worden wäre. Die beiden HR-Direktorinnen Gabriele Holzner und Stephanie Weber verzichten in diesem Zeitraum auf drei der vier automatischen Gehaltsanhebungen.

Holzner ist Programmdirektorin des HR und stellvertretende Intendantin des Senders. Weber ist Betriebsdirektorin der Rundfunkanstalt. Laut dem HR enthalten die Verträge des Intendanten und der beiden Direktorinnen eine „dynamische Anpassungsregelung, die sich an der Gehaltsentwicklung für Beamte des Landes Hessen orientiert“. Immer dann, wenn sich das Grundgehalt eines hessischen Beamten (in der Besoldungsgruppe B9) erhöhe oder reduziere, verändere sich zum selben Zeitpunkt automatisch auch das Gehalt der drei obersten Führungskräfte des Senders.

Der hessische Landtag hatte in den beiden vergangenen Jahren beschlossen, dass die Beamtenbesoldung insgesamt viermal angehoben wird: Zum 1. August 2022 um 2,2 Prozent, zum 1. April 2023 um weitere 3,0 Prozent, zum 1. August 2023 um zusätzlich 1,89 Prozent und schließlich zum 1. Januar 2024 nochmals um 3,0 Prozent.

Bei Intendant Hager werden diese vier Gehaltssteigerungen nun nicht umgesetzt. Bei den Direktorinnen Holzner und Weber bezieht sich der Verzicht nicht auf die Anhebung ihrer Gehälter zum 1. August 2023 um 1,89 Prozent. Diese prozentual niedrigste Gehaltsanhebung wird damit bei beiden wirksam.

Florian Hager, der seit März 2022 an der Spitze des Hessischen Rundfunks steht, erhält nach eigener Darstellung ein Jahresgehalt von 255.000 Euro. Zuvor war der 46-Jährige stellvertretender ARD-Programmdirektor. Manfred Krupp, Hagers Vorgänger im HR-Intendantenamt, bekam 305.000 Euro.

Die jährliche Vergütung von Gabriele Holzner beträgt gemäß Angaben des HR auf seiner Internetseite vom Februar dieses Jahres 211.400 Euro. Hinzu kommt eine sogenannte Intendantenstellvertretungszulage, die sich auf 7.200 Euro pro Jahr beläuft. Das Jahresgehalt von Stephanie Weber beträgt demnach 190.008 Euro. Alle drei bekämen „über ihr Gehalt hinaus keine Nebenverdienste und erhalten keine variable Vergütung“.

Der HR teilte dem epd mit, er sei gesetzlich nicht dazu verpflichtet sei, Angaben über die Verzichtserklärungen der drei Führungskräfte zu machen. Intendant Florian Hager und die beiden Direktorinnen Gabriele Holzner und Stephanie Weber hätten sich jedoch „aus Transparenzgründen“ bereit erklärt, hierzu Auskünfte zu geben. Seit mehreren Monaten wird in der Öffentlichkeit mit Blick auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch über die Höhe der Intendantengehälter diskutiert, nicht zuletzt angesichts der im Sommer 2022 publik gewordenen Affäre beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) um die frühere Intendantin Patricia Schlesinger.

Dass beim Hessischen Rundfunk der Intendant und die beiden Direktorinnen nun auf Gehaltssteigerungen verzichten, ist innerhalb der ARD kein Novum. Ähnlich verzichteten in der Vergangenheit auch bereits die Führungsriegen beim Bayerischen Rundfunk (BR) und beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) sowie ARD-Programmdirektorin Christine Strobl.

Dreyer glaubt an die Innovationskraft des ZDF

Mainz (epd). Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat zum 60. Jahrestag des ZDF-Sendestarts die Bedeutung des in Mainz ansässigen Senders betont. „Freie und unabhängige Medien sind Eckpfeiler unserer Demokratie“, erklärte die Politikerin, die zugleich als Vorsitzende des ZDF-Verwaltungsrates amtiert, am Donnerstag. „Sie sind Grundlage für Vielfalt und einen offenen gesellschaftlichen Diskurs und wichtig im Kampf gegen Desinformation und Propaganda.“ Die Entwicklung seit dem Sendestart in den 1960er-Jahren bezeichnete Dreyer als „Erfolgsgeschichte“. Auch dank des ZDF sei Rheinland-Pfalz heute für die Medienbranche einer der wichtigsten Standorte in Deutschland.

Die Regierungschefin räumte ein, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk aktuell angesichts der Konkurrenz durch andere Anbieter und Veränderungen beim Medienkonsum stärker rechtfertigen müsse. Für die Zukunft der Sendeanstalt zeigte sie sich dennoch zuversichtlich: „Dem ZDF ist es stets gelungen, auch auf neuen Ausstrahlungswegen präsent zu sein und die Entwicklungen der Medienwelt mitzuprägen.“

Das Zweite Deutsche Fernsehen hatte am 1. April 1963 den Sendebetrieb aufgenommen. Dem Start war ein Streit zwischen der damaligen Bundesregierung unter Kanzler Konrad Adenauer (CDU) und den Bundesländern vorausgegangen. Adenauer hatte ursprünglich ein privatwirtschaftlich organisiertes gesamtdeutsches Fernsehprogramm aufbauen wollen, das dem Bund unterstellt sein sollte. Anstelle des vom Bundesverfassungsgericht gestoppten „Adenauer-Fernsehens“ entstand das ZDF als Länderanstalt mit Sitz in Mainz.

Journalistin hat keinen Anspruch auf Beschaffung von Kanzler-Akten

Leipzig (epd). Das Kanzleramt muss nach einem höchstrichterlichen Urteil keine Akten von Altkanzler Helmut Kohl (1930-2017) wiederbeschaffen, die sich möglicherweise bei dessen Witwe Maike Richter-Kohl befinden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am Mittwochabend in Leipzig entschieden (Az. BVerwG 10 C 2.22).

Die Vizepräsidentin des Gerichts, Susanne Rublack, erklärte zur Begründung, weder das Informationsfreiheitsgesetz noch das Bundesarchivgesetz begründeten einen Anspruch auf die Wiederbeschaffung von Unterlagen, die zum Antragszeitpunkt in einer Behörde nicht mehr vorhanden sind. Das Gericht wies damit die Revision der Journalistin Gabriele Weber gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom Juni 2022 zurück.

Weber hatte im Juli 2017 beim Kanzleramt Einsicht in die Unterlagen Kohls verlangt, die dort und bei privaten Dritten vorhanden sind. Außerdem begehrte sie Zugang zu den sogenannten Findmitteln. Das Kanzleramt gewährte ihr Einsicht in 45 Unterlagen. Ansonsten lehnte es den Antrag ab. Als Findmittel werden Instrumente bezeichnet, die es ermöglichen, in Archiven Informationen über Inhalte von Akten-Beständen zu erhalten. Dazu zählen etwa Datenbanken, Findbücher und Karteien.

Auf dem Gerichtsweg wollte Weber daraufhin weiteren Zugang zu Unterlagen aus der Zeit der Kanzlerschaft Kohls und den zugehörigen Findmitteln erhalten. Dazu gehören nach Ansicht ihrer Anwälte auch Dokumente, die sich bei Richter-Kohl befinden sollen. Das Kanzleramt habe diese Akten an die Konrad-Adenauer-Stiftung übergeben, sagte ein Anwalt Webers am Mittwoch bei der mündlichen Verhandlung. Von dort seien sie zu Kohl und seiner damaligen Ehefrau gelangt, um dessen Memoiren zu erstellen. Ein Anwalt des Kanzleramts sagte hingegen, die Behörde habe bei Richter-Kohl angefragt, ob sie amtliche Dokumente Kohls besitze. Dies habe Richter-Kohl verneint.

Richterin Rublack betonte, eine Behörde wie das Kanzleramt dürfe die Suche nach Informationen in einem äußerst umfangreichen Aktenbestand ausnahmsweise verweigern, wenn damit ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand verbunden wäre. „Dies ist zu bejahen, wenn die informationspflichtige Behörde bei der Wahrnehmung ihrer vorrangigen Sachaufgaben erheblich behindert würde“, erklärte Rublack.

Das Kanzleramt hatte erklärt, dass eine händische Suche unzumutbar sei, da es um die Durchsicht von mehr als 9.000 Aktenbänden gehe. Dem Urteil zufolge hat Weber auch keinen Anspruch auf Zugang zu den Findmitteln.

Die Journalistin wollte den Angaben zufolge unter anderem Unterlagen aus dem Zeitraum 1982 bis Juni 1987 einsehen. Dabei interessierten sie unter anderem laut Gericht die „Themen deutsch-südamerikanische Beziehungen, Südamerika, Chile, Argentinien und Paraguay“.

Zeitungsmuseum Aachen befasst sich mit Fake News

Aachen (epd). Das Internationale Zeitungsmuseum in Aachen befasst sich ab Samstag in einer Ausstellung mit dem Wahrheitsgehalt von Nachrichten. Unter der Überschrift „Breaking news, making news, faking news“ geht um eine kritische Auseinandersetzung mit Lügen und „alternativen Fakten“ anhand von Beispielen aus 600 Jahren Mediengeschichte, wie die Stadt Aachen am Mittwoch ankündigte. Dabei wird der Blick auf digitale und klassische Massenmedien geworfen. Die Ausstellung ist bis zum 20. August zu sehen.

"Schwarzwälder Bote" rückt näher an "Stuttgarter Nachrichten"

Stuttgart (epd). Christoph Reisinger, Chefredakteur der „Stuttgarter Nachrichten“, wird zum 1. April zusätzlich Chefredakteur des „Schwarzwälder Boten“. Er verantworte dann die überregionalen Inhalte des „Schwarzwälder Boten“ sowie der „Lahrer Zeitung“ und für „Die Oberbadische“, teilte die Medienholding Süd (MHS) am Donnerstag in Stuttgart mit. Reisinger werde diese Aufgaben zusätzlich zu seinen bisherigen Tätigkeiten übernehmen. Dies werde „die einheitliche redaktionelle Führung innerhalb der MHS-Gruppe“ bei den „Stuttgarter Nachrichten“ und dem „Schwarzwälder Boten“ gewährleisten, erklärte der Geschäftsführer der Medienholding Süd, Herbert Dachs.

Von April an liefere zudem die Mantelredaktion der „Stuttgarter Nachrichten“ die überregionalen Mantelseiten für den „Schwarzwälder Boten“. Die Redaktionsgesellschaft in Oberndorf werde sich dann „auf die Erstellung lokaler Nachrichten in Print und Digital konzentrieren“, hieß es weiter. Der „Schwarzwälder Bote“ ist Teil der Medienholding Süd, die zur Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) gehört, unter deren Dach auch die „Süddeutsche Zeitung“ erscheint.

Die Verlagsleiterin des „Schwarzwälder Boten“, Kirsten Wolf, und Reisinger werden Geschäftsführer der Schwarzwälder Bote Redaktionsgemeinschaft, wie die Medienholding Süd weiter mitteilte. Das Duo folge auf Constantin Blaß, der sich neuen Herausforderungen widme. Wolf sei seit 20 Jahren in der Schwarzwälder Bote Mediengruppe tätig und werde „die digitale Transformation in der Redaktion noch stärker vorantreiben“. Stellvertretender Chefredakteur mit Verantwortung für die operative Führung der elf Lokalredaktionen zwischen Lörrach und Bad Herrenalb bleibe Jörg Braun, der 2021 zu dem Blatt kam.

Der „Schwarzwälder Bote“ erzielte im vierten Quartal 2022 eine verkaufte Auflage von rund 98.200 Exemplaren, das waren rund 20 Prozent weniger als noch vor zehn Jahren. Die „Stuttgarter Nachrichten“, die ihre Auflage zusammen mit der „Stuttgarter Zeitung“ ausweisen, lagen im Schlussquartal 2022 bei knapp 163.000 Exemplaren.

Entwicklung

Bericht: Schuldenlast vieler Staaten gefährdet Armutsbekämpfung

Aachen, Düsseldorf (epd). Die Schuldenlast von Entwicklungsländern gefährdet einem Bericht zufolge den Kampf gegen Armut und Klimawandel. 136 Staaten im globalen Süden seien in einer Weise verschuldet, die als kritisch gewertet werde, 40 von ihnen sogar sehr kritisch, hieß es im Schuldenreport 2023, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Das seien dreimal so viele wie vor Beginn der Corona-Pandemie. Aufgrund von weltweit gestiegenen Zinsen und des Ukraine-Krieges werde sich die Lage voraussichtlich weiter verschlechtern, schrieben die Autorinnen und Autoren der Studie, die jährlich vom katholischen Hilfswerk Misereor und dem Entschuldungsbündnis erlassjahr.de herausgegeben wird.

Besonders schwierig sei die Situation in Lateinamerika und der Karibik sowie in Afrika südlich der Sahara. Insgesamt leben demnach rund 42 Prozent der Weltbevölkerung in kritisch oder sehr kritisch verschuldeten Staaten. Der Report untersucht 152 Länder und zieht mehrere Kriterien wie Auslandsschulden im Vergleich zu Staatseinnahmen heran, um die Lage zu bewerten. Je höher ein Staat verschuldet oder überschuldet ist, desto weniger Mittel hat er neben der Schuldentilgung für öffentliche Aufgaben wie Ernährungssicherung, Bildung, Gesundheit oder Vorsorge gegen Klimaschäden, die vor allem arme Länder treffen.

„Die fälligen Schuldendienstzahlungen an ausländische Gläubiger befinden sich auf dem höchsten Stand seit Ende der 1990er Jahre - und der Druck wird weiter steigen“, heißt es im Report. Verschärfend wirke sich aus, dass viele kritisch verschuldete Länder trotz ihrer desolaten Lage auch aus Angst vor negativen Reaktionen ihrer Gläubiger davor zurückscheuten, Umschuldungen frühzeitig in Angriff zu nehmen.

Vor diesem Hintergrund fordern die Autorinnen und Autoren ein stärkeres Engagement der sieben größten Industrieländern (G7) und der Europäischen Union für Schuldenerlasse. Denn ein großer Teil der Forderungen werde von privaten und multilateralen Gläubigern wie der Weltbank gehalten, die überwiegend der politischen Verantwortlichkeit der G7- und EU-Staaten unterlägen. Den G7-Ländern Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, USA, Großbritannien ordnet der Report rund 200 Milliarden US-Dollar an Forderungen gegenüber den Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen zu. China liegt mit 150 Milliarden US-Dollar zwar darunter, ist aber der größte öffentliche Einzelgläubiger.

Die Autorinnen und Autoren sehen besonders auch Deutschland bei der Gewährung von Schuldenerlassen in der Pflicht. „Die Bundesregierung muss jetzt ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag erfüllen und sich für einen neuen Schuldenmanagementkonsens einsetzen.“

Volkswagen lehnt Einigung über mögliche Sklavenarbeit in Brasilien ab

Berlin/São Paulo (epd). Der Automobilhersteller Volkswagen hat eine Einigung mit der brasilianischen Staatsanwaltschaft über mögliche Sklavenarbeit in den 1970er- und 1980er-Jahren abgelehnt. Die Vertreter des Unternehmens hätten bei einer gerichtlichen Anhörung den Verhandlungstisch verlassen, teilte die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates Pará am Mittwoch (Ortszeit) mit. Sie wirft Volkswagen schwere Menschenrechtsverstöße vor. Der Vorwurf der Sklavenarbeit bezieht sich auf Beschäftigte, die auf einer Farm des Unternehmens am Rande des Amazonas-Regenwaldes arbeiteten.

Volkswagen erklärte laut brasilianischen Medien, es bestehe kein Interesse an einer Einigung. Alle Anschuldigungen in den Untersuchungsprotokollen würden zurückgewiesen, da es sich um „einseitige Tatsachenbehauptungen von Dritten“ handele. Der Vorschlag der Staatsanwaltschaft sah eine Entschädigungszahlung in Höhe von 165 Millionen Reais (rund 32 Millionen Euro) an 14 Arbeiter vor. Der Betrag wäre auch für die Erstellung eines Programms zur historischen Untersuchung und Suche nach anderen Personen bestimmt, die an dem Standort möglicherweise der gleichen Behandlung ausgesetzt waren.

Auf der 140.000 Quadratmeter großen Rinderfarm Rio Cristalino im Bundesstaat Pará sollen Arbeiter systematisch und schwerwiegend misshandelt worden sein. Sie mussten unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten, durften das Gelände nicht verlassen, erlitten Gewalt durch Aufseher und erhielten keine medizinische Behandlung bei Malaria-Erkrankungen, wie die Staatsanwaltschaft schreibt. Vielfach hätten die Arbeiter keinen Zugang zu Trinkwasser und Lebensmittel gehabt. Eigentümer der Farm war von 1974 bis 1986 der Volkswagen-Konzern.

Ans Licht gekommen waren die Vorwürfe durch Medienrecherchen und Aufzeichnungen des Priesters Ricardo Rezende, der ab 1978 für das Landpastoral der Brasilianischen Bischofskonferenz im Süden des Amazonas-Bundesstaates Pará tätig war. In Rezendes Archiv gibt es auch Fotos und zahlreiche weitere Unterlagen, die belegen, dass die Menschen in Schuldknechtschaft gehalten und gezwungen wurden, ihren ganzen Lohn für überteuerte Lebensmittel auf der Farm auszugeben. Einige Menschen starben, weil es keine medizinische Versorgung gab. Auf Arbeiter wurde auch geschossen.

Bundesregierung verurteilt Auflösung mehrerer Parteien in Myanmar

Berlin (epd). Die Bundesregierung hat die Auflösung mehrerer Oppositionsparteien in Myanmar, darunter die „Nationale Liga für Demokratie“ (NLD) von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, kritisiert. Es handele sich um eine „eklatante Missachtung der eigenen Bevölkerung und ihres Strebens nach Demokratie und Freiheit“, erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Mittwoch in Berlin. Es drohe eine weitere Eskalation der Gewalt und eine beschleunigte Destabilisierung des Landes.

Die in dem südostasiatischen Land regierende Militärjunta hatte am Dienstag die Auflösung von 40 Parteien angeordnet. Als Grund wurde laut einem Bericht des Nachrichtenportals „Myanmar Now“ das Versäumen einer Frist für die Registrierung für Wahlen herangezogen, für die es jedoch keinen Termin gibt. Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes kritisierte, die Machthaber handelten „ohne jede demokratische und rechtsstaatliche Grundlage“.

In Myanmar hatten die Streitkräfte am 1. Februar 2021 die demokratisch gewählte Regierung der „Nationalen Liga für Demokratie“ unter Suu Kyi abgesetzt und den Ausnahmezustand verhängt. Seitdem geht das Militär brutal gegen Widerstand aus der Bevölkerung vor. Junta-Chef Min Aung Hlaing hat Wahlen angekündigt, jedoch keinen Zeitpunkt dafür genannt.

Mexiko: Festnahmen nach Brand in Internierungslager angeordnet

Frankfurt a.M., Mexiko-Stadt (epd). Nach dem Brand in einem Internierungslager für Migranten hat die mexikanische Justiz Ermittlungen gegen acht mutmaßliche Täter aufgenommen. Gegen vier von ihnen seien Festnahmen angeordnet worden, sagte die auf Menschenrechtsfragen spezialisierte Staatsanwältin Sara Irene Herrerías Guerra laut der Zeitung „El Universal“ am Mittwoch (Ortszeit).

Dabei handele es sich um einen Migranten, der verdächtigt werde, das Feuer gelegt zu haben, sowie zwei Beamte des Lagers und ein Angestellter einer privaten Sicherheitsfirma. Ermittelt wird laut der Sicherheitsministerin Rosa Icela Rodríguez zudem gegen vier weitere Beschäftigte des Sicherheitsunternehmens.

Bei dem Brand in der nordmexikanischen Grenzstadt Ciudad Juarez in der Nacht auf Dienstag sind nach Regierungsangaben mindestens 39 Migranten ums Leben gekommen und 27 verletzt worden. Lokale Medien hatten von 41 Todesopfern berichtet, vier seien im Krankenhaus gestorben. Die meisten Opfer sind laut dem Online-Portal „La Verdad Juarez“ aufgrund von Rauchvergiftungen ums Leben gekommen. Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador hatte am Dienstag erklärt, das Feuer sei durch Proteste von Migranten hervorgerufen worden, die sich gegen ihre Abschiebung gewehrt hätten.

Die Unterkunft, in der nur Männer untergebracht sind, wird von der Migrationsbehörde INM betrieben und befindet sich wenige Meter vom Rio Bravo entfernt, der Mexiko von den USA trennt. Insgesamt hielten sich in der Unterkunft 68 Personen aus Mittel- und Südamerika auf. Viele von ihnen stammen aus Venezuela. Angehörige der Opfer werfen Medienberichten zufolge INM-Beamten vor, die Zellen nicht rechtzeitig geöffnet zu haben. Die Sicherheitsminsterin sagte, die Regierung verurteile das Verhalten der INM-Beamten, die sich nicht an die Vorgaben gehalten hätten, und sicherte eine lückenlose Aufklärung zu.

Seit 2018 hat die Zahl der Migrantinnen und Migranten, die an der mexikanischen Grenze auf ihre Einreise in die USA warten, massiv zugenommen. US-Behörden zufolge wurden 2022 über 2,5 Millionen Menschen bei ihrem Versuch festgenommen, illegal einzureisen.

Bundeswehreinsatz in Südsudan verlängert

Berlin (epd). Deutsche Blauhelme bleiben ein weiteres Jahr im Südsudan im Einsatz. Der Bundestag beschloss am Donnerstag in Berlin, die Bundeswehrbeteiligung an der Mission der Vereinten Nationen im Südsudan (Unmiss) bis zum 31. März 2024 zu verlängern. Dem Mandat zufolge können bis zu 50 deutsche Soldatinnen und Soldaten daran teilnehmen. Aufgabe der UN-Truppe in dem Bürgerkriegsland ist es, die Zivilbevölkerung zu schützen, die Menschenrechtssituation zu beobachten und den Zugang zu humanitärer Hilfe zu sichern.

Der Südsudan gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Nach jahrzehntelangen Bürgerkriegen ist das Land seit 2011 unabhängig. Doch bis heute dauert die Gewalt an. Fast zwei Drittel der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Laut UN ist der Südsudan gleichzeitig eines der gefährlichsten Länder für Helferinnen und Helfer. 2022 wurden neun von ihnen während ihrer Arbeit getötet.

Kongo: Gewalt verhindert Schulbesuch von Hunderttausenden Kindern

Frankfurt a.M., New York (epd). 750.000 Kinder können wegen der anhaltenden Gewalt im Osten der Demokratischen Republik Kongo nach UN-Angaben nicht zur Schule. Mindestens 2.100 Schulen in den Provinzen Nord-Kivu und Ituri seien seit Anfang vergangenen Jahres geschlossen, sagte ein UN-Sprecher am Mittwoch (Ortszeit) in New York.

Auch die Kinder, die fliehen mussten, erhielten keine Bildung, weil es in den meisten Camps keine entsprechenden Angebote gebe, hieß es. Im Ostkongo herrscht seit Jahrzehnten ein Kampf um Macht und Kontrolle über die reichen Rohstoffvorkommen zwischen zahlreichen Milizen und der Armee. Derzeit nimmt die Gewalt weiter zu.

Die derzeit größte und am besten organisierte Rebellengruppe ist die M23, die vor allem in Nord-Kivu die Menschen terrorisiert. Der UN-Sicherheitsrat forderte am Mittwoch (Ortszeit) einen sofortigen Rückzug der Milizionäre. Die Kämpfer haben mehrere Termine für einen Rückzug, die in verschiedenen Treffen zur Befriedung der Region festgelegt worden waren, verstreichen lassen.

Besonders gefährlich sei die Lage für annähernd 240.000 Kinder, die kürzlich hätten fliehen müssen und nun in den riesigen Lagern rund um Goma, der Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu, lebten, erklärte das UN-Kinderhilfswerk Unicef. Kinder im Schulalter bezahlten einen inakzeptablen Preis, sagte der Unicef-Vertreter im Land, Grant Leaity.

Hunderttausende Mädchen und Jungen lebten unter unerträglichen Bedingungen. Schulen würden angegriffen und von bewaffneten Gruppen als Quartier missbraucht, Bildungseinrichtungen hätten wegen der Kämpfe schließen müssen, andere dienten als improvisierte Unterkünfte für Geflüchtete.

Den UN zufolge sind im Ostkongo mehr als 5,3 Millionen Menschen auf der Flucht. Über 800.000 Frauen, Kinder und Männer wurden allein in Nord-Kivu seit einem Jahr durch die erstarkende M23 vertrieben.